Genfirma plant Wiederbelebung eines ausgestorbenen Riesen-Urzeitvogels – Experten sehen ethische Grenze überschritten

Die geplante Wiederbelebung des Riesenmoa sorgt für Aufsehen. Das Unternehmen Colossal Biosciences trifft auf wissenschaftliche Skepsis und ethische Bedenken.

Wiederbelebung des Riesenmoa: Genfirma sorgt für heikle Debatte

Ein rund 3,6 Meter hoher Laufvogel soll innerhalb der nächsten 10 Jahre wieder Neuseeland bevölkern – und das 600 Jahre, nachdem er ausgestorben ist. © Wikimedia

Ein ausgestorbener Riesenlaufvogel aus Neuseeland steht im Zentrum eines ambitionierten Projekts. Die Firma Colossal Biosciences plant, den bis zu 3,6 Meter großen Südinsel-Moa mithilfe moderner Gentechnik wieder zum Leben zu erwecken, und das in den kommenden zehn Jahren. Einige Experten äußern sich kritisch zur geplanten Wiederbelebung des Riesenmoa.

Der Vogel mit dem wissenschaftlichen Namen Dinornis robustus verschwand erst vor relativ kurzer Zeit, nämlich vor etwa 600 Jahren. Ein Grund war vermutlich menschliche Bejagung. Dieser flugunfähige Vogel war die größte von neun bekannten Moa-Arten und lebte ausschließlich auf der Südinsel Neuseelands.

Colossal Biosciences kündigt zusammen mit prominenten Vertretern Neuseelands die Wiedergeburt des Riesenmoas an. © YouTube

Wiederbelebung des Riesenmoa: Lebende Verwandte dienen als Leihmütter

Die Forscher von Colossal Biosciences wollen DNA aus Knochenfunden aller neun Moa-Arten isolieren und analysieren. Anschließend vergleichen sie die genetischen Informationen mit dem Erbgut lebender Vögel, vor allem von Emus und Steißhühnern. Diese gelten als die nächsten Verwandte der Moas.

Beth Shapiro, leitende Wissenschaftlerin des Projekts, erklärte im Gespräch mit dem Time Magazine, dass auf diese Weise die charakteristischen Genabschnitte der Moas identifiziert und in das Genom der lebenden Arten eingebaut werden sollen. Die genetisch veränderten Zellen sollen in Emus oder Steißhühner eingepflanzt werden. Diese Tiere dienen dann als Leihmütter.

Auch Paläontologe Trevor Worthy von der Flinders University hält diesen Ansatz für sinnvoll: „Es ergibt Sinn, Emus und Steißhühner als Vergleichsarten für das Moa-Genom zu nutzen“, erklärte er gegenüber Live Science

Die geplanten Nachkommen werden nicht in Zoos oder die freie Wildbahn entlassen, sondern in abgesicherten Naturreservaten gehalten. Neben der Moa-Rückkehr verspricht sich Colossal auch technologische Fortschritte für den Artenschutz, etwa bei der künstlichen Ei-Entwicklung.

Wissenschaft zweifelt an echter Wiederbelebung

Viele Wissenschaftler sehen das Projekt jedoch kritisch. Einer von ihnen ist Philip Seddon, Zoologe an der Universität Otago. Er sagte gegenüber dem Science Media Center Neuseeland: 

Jedes Endresultat wird kein, kann kein Moa sein – ein einzigartiger Schatz, erschaffen durch Jahrtausende der Anpassung und Veränderung.

Stuart Pimm, Professor für Naturschutzökologie an der Duke University, kritisierte die Pläne im Time Magazine ebenfalls aufs schärfste. Er sprach von einem „Frankenstein-artigen Projekt“, das zu kurz greife, weil es die ursprüngliche ökologische Rolle des Vogels ignoriere.

Erst im April hatte Colossal Biosciences verkündet, den ausgestorbenen „Schreckenswolf“ Aenocyon Dirus zurückgebracht zu haben. Aber ist ihnen das auch tatsächlich gelungen?

Auf seinem YouTube-Kanal spricht Hank Green über Colossal Bioscienses Schreckenswölfe – und warum sie seiner Meinung nach nicht das sind, was das Unternehmen kommuniziert. © YouTube

Das sind die Fakten:

  • Eine Grauwolf-Mutter hat drei Welpen zur Welt gebracht, an denen rund 20 gezielte genetische Veränderungen vorgenommen wurden.
  • Dadurch sollen die Tiere mehr wie Schreckenswölfe aussehen – vor allem von der Fellfarbe und Größe her.
  • In der Natur würden die Tiere eine ähnliche Funktion wie der Schreckenswolf erfüllen, weswegen Colossal hier von einer erfolgreichen Wiederbelebung spricht. 

Auch Beth Shapiro räumte gegenüber New Scientist ein, dass es sich bei den Wölfen nicht um exakte Duplikate des ausgestorbenen Tieres handelte. „Es ist nicht möglich, etwas zurückzubringen, das völlig identisch zu einer ausgestorbenen Art ist“, sagt sie. Stattdessen beruft sich das Forschungsteam auf die Definition der IUCN. Diese beschreibt De-Extinction als „den Prozess, ein Lebewesen zu erschaffen, das einer ausgestorbenen Art ähnelt“. 

Colossal-Mitgründer Ben Lamm verteidigt weiterhin das Ziel, Tiere wie den Moa „zurück ins Ökosystem“ zu bringen – auch wenn viele Forscher diese Vorstellung für überzogen halten. Auch Pläne zur Wiederbelebung des Dodos, des Wollhaarmammuts und des tasmanischen Tigers stießen in der Fachwelt auf Skepsis.

Auf Hank Greens Video wird sogar Colossal Biosciences aufmerksam und Beth Shapiro, die leitende Wissenschaftlerin des Projekts, liefert einige Antworten. © YouTube

Forschungsnutzen trotz ethischer Bedenken

Trotz aller Einwände erkennen manche Fachleute einen wissenschaftlichen Wert. Worthy sagte gegenüber Live Science, das Projekt könne wertvolle Erkenntnisse über das Erbgut ausgestorbener Arten liefern. Diese Daten könnten wiederum dem Schutz bedrohter Vogelarten dienen, etwa durch Fortschritte bei künstlichen Brutmethoden.

Gleichzeitig warnt der Paläontologe vor Risiken. Die künstlich erzeugten Moas sind für Menschen grundsätzlich keine Gefahr, da sie reine Pflanzenfresser sind und den Menschen nicht als Gefahr sehen würden. Geraten die Vögel jedoch in Panik, könnten sie mit kräftigen Tritten ernsthafte Verletzungen verursachen.

Die Regierung der USA unter Donald Trump nutze die Nachricht über die „Rückkehr der Schreckenswölfe“ als Vorwand, um Gesetze zum Schutz bedrohter Tierarten zu lockern. Innenminister Doug Burgum verkündete etwa auf X (via AFP): „Wenn wir schon Schmerz über das Aussterben einer Art empfinden, haben wir jetzt die Möglichkeit, sie zurückzubringen.“

Such dir deine Lieblingsspezies aus und ruf Colossal an.

Doug Burgum, US-Innenminister

Kurz zusammengefasst:

  • Die Firma Colossal Biosciences plant, den ausgestorbenen Riesenmoa Neuseelands mithilfe genetischer Technik in den nächsten zehn Jahren zurückzubringen.
  • Wissenschaftler kritisieren, dass dabei keine echte Wiederbelebung stattfindet, sondern nur ein genetisch verändertes Ersatzwesen entsteht.
  • Trotz ethischer Bedenken sehen einige Forscher in dem Projekt Chancen für den Artenschutz und neue Erkenntnisse zur Evolution ausgestorbener Tierarten.

Bild: © Mike Dickison via Wikimedia unter CC BY 4.0

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