Urinal wird spritzfrei: Geniales Design löst altes Hygieneproblem

Ein neues Urinal soll Spritzer fast komplett verhindern – das spart Wasser, senkt Reinigungskosten und macht öffentliche Toiletten deutlich hygienischer.

Urinal wird spritzfrei: Geniales Design löst altes Hygieneproblem

Herkömmliche Urinale verursachen beim Gebrauch oft Spritzer. © Pexels

Täglich landen große Mengen Urin auf den Böden öffentlicher Toiletten, weil ein herkömmliches Urinal nicht spritzfrei funktioniert. Besonders in Bahnhöfen, Schulen oder Bürogebäuden entstehen dadurch unhygienische Zustände, hoher Reinigungsaufwand und erhebliche Kosten. Die Lösung kommt jetzt aus der Forschung – und basiert auf Physik.

Neues Urinal bleibt spritzfrei durch optimierten Auftreffwinkel

Herkömmliche Urinale haben ein Design, das sich seit über 100 Jahren kaum verändert hat. Die Folge: Beim Urinieren prallt der Strahl in einem ungünstigen Winkel auf die Oberfläche. Die Konsequenz ist bekannt – Spritzer auf Kleidung, Böden und Wände.

Forscher der University of Waterloo haben in einer Studie nun präzise berechnet, was wirklich hilft: Der Strahl darf die Oberfläche nur in einem Winkel von höchstens 30 Grad treffen. Nur so bleibt der Urin dort, wo er hingehört. Um das umzusetzen, entwickelten sie zwei neue Urinalformen – Cornucopia und Nautilus – die diesen Winkel überall einhalten. Laut ihren Versuchen reduziert sich die Spritzmenge damit auf nur 1,4 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Urinalen.

Hochgeschwindigkeitsbilder von Spritzern, die durch den Aufprall einer anatomisch genauen Düse auf eine Glasscheibe in einem Auftreffwinkel von 90 Grad, 60 Grad und 30 Grad erzeugt werden. © https://doi.org/10.1093/pnasnexus/pgaf087
Hochgeschwindigkeitsbilder von Spritzern, die durch den Aufprall einer anatomisch genauen Düse auf eine Glasscheibe in einem Auftreffwinkel von 90 Grad, 60 Grad und 30 Grad erzeugt werden. © https://doi.org/10.1093/pnasnexus/pgaf087

Forscher nutzen Mathematik für saubere Toiletten

Die Grundlage für das neue Design ist kein Zufall, sondern das Ergebnis komplizierter Differentialgleichungen. Die Forscher lösten das sogenannte isogonale Kurvenproblem, um die perfekte Form zu finden. Das klingt theoretisch, hat aber direkte Auswirkungen auf den Alltag: Weniger Reinigungsaufwand, weniger Keime und deutlich angenehmere Sanitärräume.

Besonders praktisch ist das Modell Nautilus. Es funktioniert nicht nur spritzfrei, sondern auch barrierearm. Die Vorderkante ist zwischen 140 und 430 Millimeter hoch – das liegt unter dem Grenzwert, der für rollstuhlgerechte Toiletten empfohlen wird. Auch Kinder können das Urinal leicht benutzen, ohne an Hygiene einzubüßen.

Das neue Urinaldesign Nautilus sorgt mit seiner speziellen Form dafür, dass der Urinstrahl flach auftrifft und nahezu keine Spritzer entstehen. © Thurairajah et al
Die Urinaldesigns Cornucopia und Nautilus sorgt mit seiner speziellen Form dafür, dass der Urinstrahl flach auftrifft und nahezu keine Spritzer entstehen. © Thurairajah et al

Weniger Spritzer – mehr Wasser gespart

In den USA gibt es über 56 Millionen öffentliche Urinale. Jeden Tag landen dort rund eine Million Liter Urin auf dem Boden – durch Spritzer, die eigentlich vermeidbar wären.

Die Forscher rechnen vor: Würde man alle diese Urinale durch das Nautilus-Modell ersetzen, könnten täglich bis zu zehn Millionen Liter Frischwasser eingespart werden. Denn zur Reinigung von Urin braucht man etwa das Zehnfache an Wasser. Eine enorme Entlastung für Umwelt, Personal und Budgets.

Reinigungsaufwand kostet Tausende – pro Toilette

Wie hoch die Belastung wirklich ist, zeigt ein Beispiel aus Toronto. Dort kostet die Reinigung eines einzelnen öffentlichen WCs im Jahr über 120.000 kanadische Dollar. Durch weniger Spritzer könnten bis zu 10.000 Dollar jährlich eingespart werden – pro Toilette. Hochgerechnet auf Städte, Flughäfen oder Einkaufszentren wären das Millionenbeträge.

Noch ein Punkt: Die Fläche rund um Urinale enthält deutlich mehr Ammoniak als der Bereich um herkömmliche Toiletten. Das spricht für hohe Urinbelastung und begünstigt die Bildung von Bakterien. Ein funktionierendes, spritzfreies Urinal verbessert also nicht nur die Optik, sondern schützt auch vor Keimen – etwa in Schulen, Krankenhäusern oder Pflegeheimen.

Spritzende Wände sollen öffentliches Pinkeln verhindern

Die Forscher denken sogar noch weiter. Sie schlagen vor, spezielle „Urin-No“-Oberflächen an öffentlichen Wänden anzubringen – zum Beispiel in Gassen oder Parks. Wer dort wild uriniert, bekommt es direkt zurück. Die verstärkten Spritzer sollen abschrecken und für saubere Straßen sorgen – ohne teure Strafen oder Überwachung.

Dass Zielverhalten beeinflussbar ist, zeigt auch der Flughafen Amsterdam. Dort führten Fliegen-Aufkleber im Urinal zu weniger Spritzern – und zu acht Prozent niedrigeren Reinigungskosten. Die neuen Designs könnten diesen Effekt vervielfachen – dauerhaft und überall.

Ein simples Design mit großer Wirkung

Die Prototypen der neuen Urinale bestehen aus Schaumstoff mit poliertem Harz. Die Oberfläche ist wasserabweisend, hygienisch und leicht zu reinigen. Alles basiert auf reiner Geometrie – keine Elektronik, keine Sensoren. Nur eine kluge Form, die ein altes Problem endlich modern löst.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein neues Urinaldesign reduziert Spritzer durch einen gezielten Auftreffwinkel von unter 30 Grad auf nur 1,4 Prozent der üblichen Menge.
  • Das spart täglich Millionen Liter Wasser und senkt Reinigungskosten deutlich, besonders in öffentlichen Einrichtungen wie Bahnhöfen oder Schulen.
  • Das barrierearme Modell Nautilus verbessert die Hygiene, schont das Personal und ist auch für Kinder und Rollstuhlfahrer leicht nutzbar.

Übrigens: Mehr als ein Drittel der Gen Z meidet das Büro-WC aus Scham – und schadet damit nicht nur der Gesundheit. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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