Tiere entwickeln dieselben chronischen Krankheiten wie Menschen

Immer mehr Tierarten entwickeln chronische Krankheiten wie Menschen, ausgelöst durch Umweltgifte, Hitze, Stress und Ernährung.

Tiere entwickeln dieselben chronischen Krankheiten wie Menschen

Hunde, Katzen, Kühe und Meerestiere erkranken immer häufiger an Krebs, Diabetes, Arthrose und Übergewicht – ausgelöst durch dieselben Faktoren wie beim Menschen: Gene, Umweltgifte, falsche Ernährung und Stress. © Unsplash

Übergewicht, Diabetes und Krebs galten lange als typische Zivilisationskrankheiten des Menschen – heute betreffen sie zunehmend auch Tiere. Ob Haustiere, Nutztiere oder Wildtiere: In allen Gruppen häufen sich dieselben chronischen Leiden. Das zeigen neue Auswertungen der Forscherin Antonia Mataragka.

Die Wissenschaftlerin von der Agraruniversität Athen untersuchte Daten aus Dutzenden Studien und kam zu einem alarmierenden Befund: Bewegungsmangel, unausgewogene Ernährung, Umweltgifte und Stress lassen die Krankheitsraten bei Tieren weltweit steigen. „Die gleichen Faktoren, die die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen, wirken auch in der Tierwelt“, erklärt sie.

Umwelt und Lebensweise verschlechtern Tiergesundheit

Die Zahlen sind deutlich: Rund 50 bis 60 Prozent aller Hauskatzen und Hunde gelten inzwischen als übergewichtig. Besonders bei Katzen steigt der Anteil der Diabetes-Fälle jedes Jahr um fast ein Prozentpunkt. In der Landwirtschaft sind die Folgen ebenso gravierend: Bei Milchkühen tritt eine Stoffwechselstörung namens Ketose bei bis zu 40 Prozent der Tiere auf. Sie mindert die Milchleistung und schwächt das Immunsystem. Bei intensiv gehaltenen Schweinen leidet etwa jedes fünfte Tier an Arthrose.

Auch in der Natur sind die Veränderungen messbar. Wildfische und Meeressäuger, die in verschmutzten Flussmündungen leben, entwickeln Lebertumoren mit Raten zwischen 15 und 25 Prozent. Schuld sind laut Mataragka chemische Rückstände wie polychlorierte Biphenyle (PCB) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) – Stoffe, die durch industrielle Abwässer in Meere und Flüsse gelangen.

Klimawandel und Urbanisierung verschärfen das Problem

Zu den Schadstoffen kommen Umweltveränderungen. Wärmere Meere und der Verlust von Korallenriffen erhöhen laut der Analyse das Risiko für Tumoren bei Meeresschildkröten und Fischen. In Städten wiederum führen Hitze, Luftverschmutzung und Lärm zu Stoffwechsel- und Immunschwächen bei Haustieren. Selbst Vögel zeigen laut Beobachtungen häufiger hormonelle Störungen, wenn sie in stark belasteten Gebieten leben.

Der moderne Lebensstil hinterlässt also auch bei Tieren deutliche Spuren. Bewegungsmangel, kalorienreiches Futter, aber auch Dauerstress in engen Haltungsbedingungen schwächen ihre Abwehrkräfte. „Langfristiger Stress verändert den Hormonhaushalt und schwächt das Immunsystem – das gilt für alle Tierarten“, so Mataragka.

Zucht auf Leistung erhöht Krankheitsrisiken

Ein weiterer Faktor ist die gezielte Zucht. Viele Hunde- und Katzenrassen wurden über Generationen auf ein bestimmtes Aussehen gezüchtet – etwa kurze Schnauzen oder flache Gesichter. Diese Merkmale gehen oft mit Herz- und Atemproblemen einher. Auch Nutztiere, die auf hohe Milch- oder Fleischleistung optimiert sind, zeigen vermehrt Stoffwechselerkrankungen.

Neues Gesundheitsmodell soll chronische Krankheiten bei Tieren früher erkennbar machen

Laut Mataragka fehlen bislang weltweit verlässliche Daten über chronische Krankheiten bei Tieren. Während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) detaillierte Statistiken zu menschlichen Krankheiten sammelt, existiert für Tiere kein vergleichbares System. „Die Abwesenheit früher Diagnosesysteme verzögert das Erkennen von Krankheiten bei Tieren erheblich“, warnt die Forscherin.

Ihr Team entwickelte deshalb ein neues Modell, das die Ansätze „One Health“ und „EcoHealth“ verbindet. Beide basieren der engen Beziehung zwischen Mensch, Tier und Umwelt – werden aber bislang oft getrennt behandelt.

Mataragka schlägt ein mehrstufiges Konzept vor:

  • Auf individueller Ebene sollen Tierärzte und Halter Krankheiten schneller erkennen und vorbeugen.
  • Auf der Ebene von Herden oder Populationen brauche es angepasste Fütterung, Bewegung und weniger Stress.
  • Für Ökosysteme seien striktere Umweltgrenzwerte und Schadstoffkontrollen nötig.

Ziel des Modells ist eine integrierte Überwachung, die frühzeitig vor Krankheitswellen warnt, bevor sie sich ausbreiten.

Kurz zusammengefasst:

  • Immer mehr Tiere – von Haustieren bis zu Wildtieren – entwickeln dieselben chronischen Krankheiten wie Menschen, etwa Diabetes, Arthrose oder Krebs.
  • Hauptursachen sind Bewegungsmangel, Überfütterung, Umweltgifte, Stress und Zucht auf Leistung oder Aussehen.
  • Experten fordern ein gemeinsames Gesundheitsmodell für Mensch, Tier und Umwelt, um Krankheiten früher zu erkennen und besser vorzubeugen.

Übrigens: Hunde entwickeln oft dieselben Tumorarten wie Menschen – und genau das macht sie zu wichtigen Partnern der modernen Krebsforschung. Ihre Behandlung liefert Daten, die später sogar neue Therapien in der Humanmedizin möglich machen – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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