Von wegen reiner Walfresser – Der Riesenhai Megalodon war gar nicht so wählerisch
Die Ernährung des Megalodon fiel neuen Zahnanalysen nach zu urteilen gar nicht so einseitig aus, wie lange Zeit angenommen wurde.

Statt eines spezialisierten Waljägers war der urzeitliche Megalodon wohl ein ziemlich flexibler Spitzenjäger. © Hugo Saláis
Ein riesiger Hai, der Jagd auf Wale macht: Das ist das Bild, das Forscher vom Megalodon haben. Doch neue Daten zeigen, dass sein Speiseplan vermutlich gar nicht so eintönig war. Ein Team von der Goethe-Universität Frankfurt hat 209 fossile Zähne aus dem Frühmiozän untersucht und liefert nun ein anderes Bild von der Ernährung des gefürchteten Urzeit-Hais.
Fossilien aus Süddeutschland zeigen Megalodons wahre Ernährung
Die Analyse stammt von einem internationalen Team, das seine Ergebnisse in einer Studie im Journal Earth and Planetary Science Letters veröffentlicht hat. Untersucht wurden dabei Fossilien aus der Oberen Meeresmolasse im heutigen Süddeutschland. Die Zähne stammen aus den Regionen Sigmaringen und Passau, die vor rund 16 bis 20 Millionen Jahren Teil eines flachen Binnenmeers waren.
Die untersuchten Fossilien stammen zwar aus dem heutigen Süddeutschland, Megalodon, der zur Gattung der Otodus, dürfte allerdings weltweit verbreitet gewesen sein. Der Riesenhai lebte im Miozän (Beginn vor 23 Millionen Jahren) und Pliozän (Beginn vor 5,3 Millionen Jahren) vermutlich in vielen warmen Meeresregionen. Seine hohe Mobilität ermöglichte es ihm, unterschiedliche Lebensräume zu erschließen. Trotz seiner enormen Größe – die bisherige wissenschaftliche Schätzungen womöglich sogar übersteigt – bevorzugte Megalodon flachere Gewässer.
Zink-Isotope in den Zähnen enthüllen das Fressverhalten
Statt wie früher auf Stickstoffwerte setzen die Forscher auf ein neues Verfahren: Zink-Isotope im Zahnschmelz. Je niedriger der Wert, desto höher war die Position des Tiers in der Nahrungskette. Die Werte unterscheiden sich pro trophischer Ebene um etwa -0,36 bis -0,6 Promille.
Otodus, zu denen unter anderem die Spezies megalodon und chubutensis gehören, erreichte in den Messungen Spitzenwerte von -0,83 Promille. Das entspricht einer hohen trophischen Stufe – aber nicht der höchsten. Andere Raubhaie lagen zum Teil gleichauf.
Unterschiedliche Werte in Sigmaringen und Passau
Die Daten der Studie zeigen außerdem regionale Unterschiede: In Passau lagen die Werte für Otodus im Schnitt bei -0,40 Promille, in Sigmaringen bei -0,62 Promille. Der Unterschied könnte auf unterschiedliche Beute zur jeweiligen Zeit hinweisen.
Ein Zusammenhang mit der Körpergröße der Tiere wurde nicht gefunden. Auch der Vergleich mit anderen Arten wie dem Vorfahren des Weißen Hais (Carcharodon hastalis) zeigt, dass Otodus zwar ein Spitzenprädator war, aber ökologisch nicht isoliert an der Spitze stand.

Flexible Beute statt spezialisierte Waljäger
„Otodus spp. konnten ihre trophische Position anpassen und auch deutlich kleinere Beute fressen“, schreiben die Autoren der Studie. Die Tiere dürften also nicht ausschließlich Meeressäuger gejagt haben. Die weit gefasste Zink-Isotopenspanne legt nahe, dass Otodus auf ein breites Nahrungsangebot zurückgriff. Die Forscher charakterisieren Megalodon daher als „opportunistischen Supercarnivoren“ – also Jäger, die sowohl Beute hoher als auch mittlerer trophischer Ebenen verwerten können.
Der Vergleich mit dem heutigen Weißen Hai zeigt einige interessante Gemeinsamkeiten mit dem Megalodon – und Unterschiede zu seinem eigenen Vorfahren. Dieser hat, so wie auch Otodus, stark gesägte Zähne. Diese eignen sich gut, um durch Fleisch zu schneiden.
Sein Weiße-Hai-Vorfahr hingegen hatte glatte Zahnflächen und erreichte deutlich höhere Zink-Isotop-Werte. Das spricht dafür, dass auch er ein breiteres Nahrungsspektrum hatte, bevor sich sein heutiger Artgenosse auf wenige Beutetiere spezialisierte.
Megalodon stand nicht allein an der Spitze
Obwohl Otodus eine hohe Position in der Nahrungspyramide einnahm, zeigen die Daten: Andere Haiarten bewegten sich auf ähnlichem Niveau. Der Megalodon war also kein ökologischer Einzelgänger, sondern Teil eines Netzwerks großer Jäger.
Interessant ist auch, dass der Rückgang großer Beutetiere im späten Miozän mit dem Aussterben des Megalodon zusammenfällt. Möglicherweise geriet er durch spezialisiertere und energieeffizientere Konkurrenten wie den modernen Weißen Hai unter Druck.
Kurz zusammengefasst:
- Die Ernährung des urzeitlichen Riesenhais Otodus megalodon bestand nicht nur aus Walen, sondern auch aus kleinerer Beute.
- Neue Analysen von Zink-Isotopen in fossilen Zähnen zeigen ein breites Nahrungsspektrum sowie regionale Unterschiede in der Ernährung.
- Der Urzeit-Hai war weltweit verbreitet und gilt jetzt nicht mehr als spezialisierter Waljäger, sondern als ein opportunistischer Spitzenräuber mit hoher ökologischer Anpassungsfähigkeit.
Bild: © Hugo Saláis via Wikimedia Commons unter CC BY 4.0-Lizenz