Studie: Frühgeborene Frauen haben ein höheres Suizidrisiko
Frühgeburt prägt ein Leben lang. Eine Studie zeigt, dass besonders Frauen mit einem höheren Suizidrisiko kämpfen.
Eine neue, umfassende Studie aus den nordischen Ländern zeigt, dass Frühgeborene ein erhöhtes Risiko für tödliche Unfälle, Suizid und Substanzmissbrauch im jungen Erwachsenenalter haben. Besonders auffällig ist das Ergebnis bei Frauen, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren wurden, wie die Norwegian University of Science and Technology (NTNU) berichtet.
80 Prozent höheres Risiko für Suizid bei Frauen
Laut der Studie haben Frauen, die 7 bis 17 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin geboren wurden, ein um fast 80 Prozent höheres Risiko, durch Suizid zu sterben, als Personen, die termingerecht geboren wurden. „Es hat uns überrascht, dass diese Frauen in den Statistiken fast das gleiche Suizidrisiko wie Männer aufweisen“, erklärte Kari Risnes, Professorin an der NTNU und Expertin für pädiatrische Epidemiologie. Männer, die früh geboren wurden, zeigten hingegen kein ähnlich erhöhtes Risiko.
Suizid bleibt ein ernstes gesellschaftliches Problem. Statistiken belegen, dass die meisten Suizide von Männern begangen werden. In Europa und weltweit ist es eine der häufigsten Todesursachen unter jungen Menschen.
Frühgeburt – Belastung ein Leben lang
Frühgeborene haben von Geburt an mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen. „Viele Frühgeborene entwickeln sich hervorragend“, betonte Risnes, „aber einige tragen ein gewisses ‚extra Gepäck‘ mit sich, das sie anfälliger für gesundheitliche, soziale und psychische Probleme macht.“ Besonders die sogenannten externen Todesursachen wie Verkehrsunfälle, Substanzmissbrauch und Suizid fielen in der Studie ins Gewicht.
Die Studie basieren auf Daten von fast sieben Millionen Menschen aus Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark, die zwischen der 23. und 44. Schwangerschaftswoche geboren wurden. Davon wurden 370.000 Personen drei Wochen oder mehr vor dem errechneten Termin geboren. Die Daten zu Geburt und Todesursachen wurden dabei mit Faktoren wie dem Bildungsstand der Eltern kombiniert, um soziale Einflüsse zu berücksichtigen.
Die alarmierende Rolle des Geschlechts
Die Forscher untersuchten geschlechtsspezifische Unterschiede und fanden heraus, dass Frauen, die früh geboren wurden, besonders anfällig für Suizid sind. „Der Tag, an dem wir die Daten sahen, war ein Schock“, sagte Risnes. „Wir dachten zunächst, wir hätten einen Fehler gemacht. Doch nach mehrfacher Überprüfung stand fest: Die Ergebnisse sind zuverlässig und zeigen sich in allen vier Ländern.“
Das Team analysierte die Daten nach fünf Kategorien der Schwangerschaftsdauer, von sehr früh (23–33 Wochen) bis spät (42–44 Wochen). Überraschend war, dass die Sterblichkeitsrate durch Suizid bei frühgeborenen Frauen fast genauso hoch lag wie bei Männern – eine Beobachtung, die bisher kaum erforscht war.
Frühgeborene brauchen bessere Unterstützung
Neben Suizidrisiken sind auch andere Gesundheitsprobleme bei Frühgeborenen dokumentiert. Laut NTNU leiden Frühgeborene später häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Lungenerkrankungen und Diabetes. Zusätzlich ist das Risiko für psychische Erkrankungen erhöht. „Viele Frühgeborene bleiben während ihrer Kindheit und Jugend unter dem Radar von Schulen und Gesundheitssystemen“, erklärte Risnes. Dabei sei Unterstützung in diesen Phasen entscheidend.
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Die steigenden Überlebensraten von Frühgeborenen sind eine große Errungenschaft der modernen Medizin. Laut NTNU überleben heute über 80 Prozent der Kinder, die vor der 28. Schwangerschaftswoche geboren werden. Gleichzeitig müssen die Langzeitfolgen für diese Kinder besser verstanden werden. Risnes fordert: „Wir brauchen ein Gesundheitssystem, das ihre besonderen Bedürfnisse erkennt.“
Unterschiede zwischen Ländern und Geschlechtern
Die Studie zeigte auch regionale Unterschiede. So waren Frühgeborene in Schweden häufiger durch Suizid gefährdet, während dänische Frühgeborene niedrigere Sterberaten durch Substanzmissbrauch und Suizid aufwiesen. In Finnland hingegen waren Frühgeborene häufiger Opfer tödlicher Verkehrsunfälle. Trotz dieser Unterschiede blieb das Muster der besonderen Vulnerabilität bei Frühgeborenen in allen Ländern erkennbar.
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass mehr Maßnahmen nötig sind, um die langfristigen Risiken für diese Gruppe zu mindern. „Unser Ziel ist es, Frühgeborenen nicht nur das Überleben zu sichern, sondern ihnen die bestmöglichen Chancen im Leben zu bieten“, so Risnes abschließend.
Was du dir merken solltest:
- Frühgeborene Frauen haben ein erhöhtes Risiko für Suizid, das laut einer NTNU-Studie um 80 Prozent höher ist als bei termingeborenen Personen.
- Externe Todesursachen wie Verkehrsunfälle, Substanzmissbrauch und Suizid betreffen Frühgeborene häufiger, wobei sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern und den nordischen Ländern zeigen.
- Langfristige Unterstützung und gezielte Betreuung mindern die Herausforderungen von Frühgeborenen, indem sie gesundheitliche und soziale Risiken früh erkennen und angehen.
Bild: © Vecteezy