So nutzen Menschen weltweit ihre Sinne, um Krankheiten auf den ersten Blick zu erkennen

Globale Studie zeigt: Menschen identifizieren Krankheiten weltweit auf ähnliche Weise, sie verlassen sich vor allem auf Sehen und Hören.

So versuchen Menschen weltweit Krankheiten zu erkennen.

Ein Husten, ein blasses Gesicht, eine heisere Stimme – laut einer globalen Studie erkennen Menschen Krankheiten vor allem durch Sehen und Hören. © Pexels

Ein Mensch hustet in der Bahn. Jemand wirkt blass und müde im Großraumbüro. Und plötzlich stellt sich die Frage: Ist diese Person krank und könnte sie mich anstecken? Genau in solchen Momenten beginnt unser Instinkt, Krankheiten zu erkennen und das erstaunlich ähnlich auf der ganzen Welt.

Ein internationales Forschungsteam der University of Michigan zeigt in ihren Untersuchungen, wie Menschen auf der ganzen Welt Krankheiten erkennen, ganz ohne Diagnosegerät, allein mit ihren Sinnen. In der Befragung von über 19.000 Personen aus 58 Ländern zeigte sich ein klares Muster: Sehen und Hören stehen ganz oben, gefolgt von Tasten, Riechen und Schmecken.

Abstand schützt: Sehen und Hören werden bevorzugt

Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen unbewusst die Sinne bevorzugen, mit denen sie sich selbst am wenigsten in Gefahr bringen. „In der Nähe eines Menschen zu riechen oder ihn zu berühren, birgt ein höheres Ansteckungsrisiko“, erklärt Studienleiter Josh Ackerman. Deshalb verlassen sich die meisten lieber auf Anzeichen, die aus der Distanz wahrnehmbar sind: ein blasses Gesicht, ein Husten, eine heisere Stimme.

„Menschen nutzen die Sinne, mit denen sie sich sicher fühlen“, sagt Ackerman. Selbst wenn man weiß, dass der Geruch manchmal Hinweise auf Krankheit geben kann, meiden viele diese Nähe. Denn das eigene Sicherheitsgefühl steht im Vordergrund.

Menschen weltweit ticken bei Krankheitserkennung ähnlich

Die Forscher wollten wissen, ob kulturelle Unterschiede bei der Einschätzung eine Rolle spielen. Doch das Ergebnis war überraschend: Menschen aus sehr unterschiedlichen Regionen, ob in Nordamerika, Asien, Afrika oder Europa, wählten nahezu identische Rangfolgen für ihre Sinne.

Es gibt ein gemeinsames Verständnis davon, wie sich Krankheit bei anderen zeigt, unabhängig von Kultur oder Sprache.

Joshua Ackerman

Nur bei Tasten und Hören gab es minimale Abweichungen, etwa in Ländern mit niedrigerem Einkommen oder hoher Bevölkerungsdichte. Trotz dieser kleinen Unterschiede bleibt das Gesamtbild gleich.

Was das für den Alltag bedeutet

Diese Ergebnisse sind besonders relevant für den Alltag: In Zeiten von Grippewellen, Magen-Darm-Viren oder neuen Atemwegserkrankungen entscheiden oft Sekunden darüber, wie man auf andere reagiert. Ein skeptischer Blick, ein Schritt zur Seite – all das passiert meist intuitiv.

Ackerman erklärt, dass solche Einschätzungen auch unser Verhalten gegenüber anderen Menschen beeinflussen können. Wer krank wirkt, wird eher gemieden. In manchen Fällen kann das auch zu Vorurteilen oder zu voreiligen Schlussfolgerungen führen.

Fehlalarm lieber als Risiko: Unser Gehirn spielt auf Sicherheit

Die Studie zeigt auch, wie stark das Bedürfnis nach Sicherheit unser Verhalten prägt. Zwar hielten viele Teilnehmer Berührung oder Geruch für hilfreich bei der Einschätzung von Krankheit, sie gaben aber gleichzeitig an, diese Sinne lieber zu vermeiden.

„Wir haben gelernt, dass ein vorschnelles Urteil manchmal nützlich sein kann“, sagt Ackerman. Lieber einmal zu viel auf Abstand gehen, als ein echtes Infektionsrisiko übersehen. Besonders in öffentlichen Räumen wie Zügen, Schulen oder Praxen zeigt sich diese Strategie.

Krankheit sichtbar machen: Was das Gesundheitssystem daraus lernen kann

Die Forschung könnte auch für den öffentlichen Gesundheitsbereich wichtig sein. Wenn Menschen intuitiv auf sichtbare oder hörbare Symptome reagieren, dann könnten Kampagnen gezielt daran anknüpfen, etwa mit Informationen über frühe Anzeichen oder der Empfehlung, bei bestimmten Symptomen zu Hause zu bleiben.

„Wie wir Krankheit erkennen, beeinflusst, wie wir mit anderen umgehen und wie wir uns selbst schützen“, sagt Ackerman. Genau dieses Wissen könne helfen, Verhalten besser zu verstehen und präventiv zu beeinflussen.

Kurz zusammengefasst:

  • Eine internationale Studie mit über 19.000 Personen aus 58 Ländern zeigt: Menschen vertrauen beim Erkennen von Krankheiten hauptsächlich auf Sehen und Hören, weil diese Sinne Distanz erlauben und das Infektionsrisiko verringern.
  • Unabhängig von Herkunft, Kultur oder Bildungsstand zeigte sich ein weltweites Muster: Sichtbare und hörbare Symptome wie Blässe oder Husten gelten als wichtigste Hinweise.
  • Sinne wie Tasten, Riechen und Schmecken werden seltener eingesetzt, obwohl sie als hilfreich wahrgenommen werden – aus Angst vor Nähe und möglicher Ansteckung.

Übrigens: Forscher der ETH Zürich haben eine Binde entwickelt, die Anzeichen von Krankheiten wie Endometriose oder Krebs im Menstruationsblut sichtbar macht. Die Auswertung gelingt zu Hause – per App oder mit bloßem Auge. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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