Klimawandel aus dem All: Satelliten messen, wo Anpassung gelingt – und wo die Menschheit scheitert
Wissenschaftler der University of Galway zeigen, wie Satelliten helfen, Fortschritte bei der globalen Klimaanpassung sichtbar zu machen.
Satelliten erfassen, wie sich Vegetation, Wasser und Temperatur weltweit verändern und liefern entscheidende Daten für die Klimaanpassung. © Unsplash
Der Klimawandel schreitet schneller voran, als viele Regierungen handeln. Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen treffen Regionen, die kaum vorbereitet sind. Eine neue internationale Studie zeigt nun, dass Satelliten erstmals messbar machen, wo Strategien zur Klimaanpassung greifen – und wo sie scheitern. Die Forschung liefert konkrete Daten darüber, wie gut Länder ihre Landwirtschaft, Städte und Gesundheitssysteme auf die Erderwärmung einstellen.
Die Studie wurde von der University of Galway gemeinsam mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und weiteren Partnern veröffentlicht. Sie untersucht, wie sich Satellitenbilder und künstliche Intelligenz kombinieren lassen, um Klimaanpassung weltweit zu bewerten.
Messbare Fortschritte und deutliche Defizite
Klimaanpassung ist längst keine abstrakte Idee mehr, sondern eine zentrale Voraussetzung für stabile Lebensbedingungen. Wie stark Gesellschaften auf Hitze, Wasserknappheit oder Sturmfluten reagieren, beeinflusst Ernten, Energiepreise und die Lebensqualität vieler Menschen. Satelliten liefern dafür entscheidende Hinweise. Sie beobachten die Erde seit über 60 Jahren und erfassen Veränderungen bei Vegetation, Wasserhaushalt, Temperatur und Luftqualität.
Im Rahmen des Pariser Klimaabkommens wurde das sogenannte Global Goal on Adaptation (GGA) beschlossen. Es soll bis 2030 sicherstellen, dass Staaten ihre Widerstandskraft gegen Klimafolgen verbessern. Von ursprünglich mehr als 7500 vorgeschlagenen Messgrößen blieben nach mehreren Auswahlrunden von Experten rund 100 entscheidende Indikatoren übrig. Ein großer Teil davon basiert auf Satellitendaten.
Daten aus dem All ersetzen fehlende Messstationen
Satelliten decken bereits zwei Drittel der 55 wichtigsten Klimavariablen ab – etwa Bodentemperatur, Eisflächen, Vegetationsindex oder Luftfeuchtigkeit. Besonders wertvoll sind sie dort, wo keine Wetterstationen existieren. So lassen sich auch abgelegene Regionen überwachen, etwa Savannen, Wüsten oder Gebirge.
„Satellitendaten sollten ein fester Bestandteil der Indikatoren zur Klimaanpassung sein“, sagt ESA-Wissenschaftlerin Sarah Connors. „Unsere Forschung zeigt, dass sie in vielen Bereichen unverzichtbar sind – aber sie müssen von Beginn an in die Systeme integriert werden.“
Auch Professor Aaron Golden von der University of Galway erklärt: „Langzeitbeobachtungen aus dem All geben Entscheidungsträgern Werkzeuge, um Fortschritte zu messen und gefährdete Regionen zu erkennen.“
Präzise Erkenntnisse für die Landwirtschaft
In der Landwirtschaft liefern Satelliten bereits genaue Analysen. Sie zeigen, wo Felder austrocknen, wie effizient Bewässerungssysteme arbeiten und welche Pflanzen unter Hitzestress leiden. Die Welternährungsorganisation FAO nutzt das System WaPOR, das die Wasserproduktivität in Afrika und im Nahen Osten misst.
Auch die Plattform Global Water Watch greift auf mehr als 40 Jahre Satellitendaten zurück. Damit werden Wasserstände in Stauseen und Flüssen weltweit überwacht. Die Daten helfen, Engpässe frühzeitig zu erkennen und die Wasserverteilung besser zu planen. Staaten können so gezielter auf Dürreperioden reagieren.

Satelliten helfen beim Schutz vor Extremwetter
Hitzewellen, Starkregen und Stürme treffen immer häufiger dicht besiedelte Regionen. Satelliten ermöglichen, solche Ereignisse in Echtzeit zu verfolgen. Sie messen, wie weit Überschwemmungen reichen, wie stark Böden austrocknen und wie sich Temperaturmuster verändern.
Neue Missionen wie EPS-Aeolus, deren Start für 2034 geplant ist, sollen künftig Windfelder in großer Höhe erfassen. Damit ließen sich Stürme und Hurrikane präziser vorhersagen. Auch die Überwachung von Waldbränden und Staubstürmen wird durch Satellitendaten verbessert.
Gesundheit als neue Klimadimension
Die Folgen der Erderwärmung wirken sich zunehmend auf die Gesundheit aus. Satelliten helfen, diese Risiken zu erkennen. Sie liefern Daten zu Luftqualität, Feinstaubbelastung und Oberflächentemperaturen – entscheidend, um Hitzebelastungen und Schadstoffspitzen zu erfassen.
In Kombination mit Gesundheitsdaten lassen sich Hitzehotspots in Städten identifizieren und gezielt Gegenmaßnahmen planen. Experten setzen die Daten auch ein, um zu erkennen, wie sich Krankheiten regional ausbreiten. Mücken, die Dengue- oder Malaria-Erreger übertragen, vermehren sich bei bestimmten Temperaturen und Niederschlägen. Satelliten erkennen diese Bedingungen frühzeitig und helfen, Ausbrüche zu verhindern.
Satelliten machen soziale Unterschiede sichtbar
Ein Problem bleibt: Satelliten zeigen physische Veränderungen, aber keine sozialen Unterschiede. Die Studienautoren plädieren daher dafür, dass Klimadaten mit lokalen Informationen kombiniert werden müssen. Nur so wird deutlich, welche Bevölkerungsgruppen am stärksten betroffen sind – etwa arme Stadtviertel ohne Grünflächen oder Gemeinden in Küstenzonen.
Warum soziale Daten unverzichtbar sind:
- Sie zeigen, wer besonders gefährdet ist.
- Sie helfen, Anpassungsstrategien gerecht zu gestalten.
- Sie verhindern, dass benachteiligte Regionen übersehen werden.
Damit Satellitendaten weltweit vergleichbar bleiben, fordert das Forschungsteam einheitliche Standards für Erhebung und Auswertung. Nur so können Fortschritte objektiv bewertet werden. Ein Vorbild ist das System der „Essential Climate Variables“, das bereits internationale Vergleichswerte liefert.
Kurz zusammengefasst:
- Satelliten liefern erstmals objektive Daten zur Klimaanpassung: Eine internationale Studie zeigt, dass sich mithilfe von Satelliten und künstlicher Intelligenz messen lässt, wo Länder Fortschritte machen – und wo sie beim Schutz vor Hitze, Dürre und Überschwemmungen zurückfallen.
- Zwei Drittel der wichtigsten Klimavariablen sind aus dem All messbar: Satelliten erfassen Temperatur, Wasserhaushalt, Vegetation und Luftqualität selbst in Regionen ohne Messstationen und helfen so, Risiken für Landwirtschaft, Gesundheit und Infrastruktur frühzeitig zu erkennen.
- Forschung fordert globale Standards: Nur einheitliche, frei zugängliche Satellitendaten ermöglichen es, Klimaanpassung weltweit vergleichbar zu machen und gezielt dort zu handeln, wo die Verwundbarkeit am größten ist.
Übrigens: Deutsche und südkoreanische Forscher haben ein Klimamodell entwickelt, das Extremwetter auf neun Kilometern genau vorhersagt. Mehr dazu in unserem Artikel.
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