Neue Realitäten für Küstenstädte – Schwimmende Siedlungen als Antwort auf den Klimawandel

Mit dem Klimawandel dürften die Meeresspiegel weltweit steigen und Küstenstädte vor neue Herausforderungen stellen. Schwimmende Siedlungen könnten die Lösung sein.

Schwimmende Siedlungen

Eine schwimmende Siedlung in Amsterdam: Da der Klimawandel Küstenstädte vor neue Herausforderungen stellt, könnte diese Wohnform in Zukunft noch attraktiver werden. © Dmitry Eliuseev via Wikimedia unter CC2-Lizenz

Angesichts steigender Meeresspiegel und zunehmend heftiger Stürme erkennen Architekten und Stadtplaner das Potenzial, Wasserflächen als neue Bauflächen zu nutzen. Architekten wie der Niederländer Koen Olthuis entwerfen schwimmende Häuser, die verbunden, zu ganzen Siedlungen werden. Diese innovative Idee könnte die Zukunft urbanen Lebens radikal verändern.

Schwimmende Siedlungen: Wohnen auf dem Wasser

In den Niederlanden, einem Land, das bekanntlich mit einem Drittel seiner Fläche unter dem Meeresspiegel liegt, sind schwimmende Büros und Wohnhäuser bereits Realität. Koen Olthuis, der Gründer des Architekturbüros Waterstudio, sieht im Wasser nicht nur eine Bedrohung, sondern eine Chance. „Wir wollen Städte weltweit verändern, wir wollen sehen, wie wir die Städte ins Wasser drücken können“, sagt Olthuis der New York Times. Er träumt davon, dass „schwimmende Strukturen einfach ein Teil dieses Stadtrezepts werden, sie machen Sinn, sie fügen etwas hinzu, sie bringen uns Platz, preiswerte Häuser, flexible Städte.“

Ein Paradebeispiel für diese Vision ist die Siedlung Schoonschip in Amsterdam. Seit 2020 leben hier auf 30 Lastkähnen 144 Menschen in 46 Haushalten. Die Gemeinschaft in Schoonschip, die durch Stege verbunden ist, vermittelt ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. „Sie haben uns erzählt, dass es sich fast wie in einem Dorf in einer Stadt anfühlt. Alle passen aufeinander auf“, sagte Sascha Glasl von Space&Matter dem Handelsblatt. Glasl half, die Siedlung bei Amsterdam zu entwerfen.

Innovative Technologien für autarkes Leben

Die Siedlung ist ein Beispiel für nachhaltiges Wohnen: Mit 516 Solarplatten, 30 Wärmepumpen und 60 Solarthermie-Paneelen versorgt sich die Gemeinschaft selbst. Die Konstruktion ermöglicht es den Häusern, bis zu zwei Meter Höhenunterschied zu bewältigen, was besonders bei schwankendem Wasserpegel im Kanal vorteilhaft ist.

Globale Lösungen und lokale Herausforderungen

Obwohl das Konzept vielversprechend ist, stehen Städte weltweit vor bürokratischen Herausforderungen, wenn es um die Realisierung schwimmender Nachbarschaften geht. In Amsterdam, eine Stadt, die für ihre Hausboote bekannt ist, dauerte es Jahre, bis die Schoonschip Siedlung genehmigt wurde. „Es gab viele Momente, in denen ich völlig genervt von der ganzen Gesetzgebung war“, gesteht Bewohner Maarten Remmers der New York Times.

Schwimmende Siedlung in Amsterdam
Amsterdam: Sieht so das Wohnen der Zukunft aus? Bild: © Dmitry Eliuseev via Wikimedia unter CC2-Lizenz

Effektiv planen: Malediven entwickeln schwimmende Siedlungen

Nachdem er in seiner Heimat für hunderte Superreiche schwimmende Häuser entworfen hat, hat Olthuis nun einen größeren Fisch am Haken. Olthuis will mit seinem Ansatz der schwimmenden Bauweise eine lebensfähige Lösung für bedrohte Regionen kreieren. Ein Beispiel dafür sind die Malediven, die mit dem Entwickler Dutch Docklands eine gesamte schwimmende Nachbarschaft planen, wie The Times berichtet. Hier entsteht ein Komplex aus 5.000 modularen Einheiten, inklusive Wohnungen, Schulen und Geschäften aufschwimmenden Plattformen. Diese Entwicklung könnte ein Modell für andere Länder in Gewässernähe bieten.

Innovative Amphibienhäuser: Robust steigen sie bei Hochwasser auf

Eine weitere innovative Lösung für Bauherren in hochwassergefährdeten Flussgebieten stellen sogenannte amphibische Häuser dar. Äußerlich unterscheiden sie sich nicht von gewöhnlichen Häusern, doch ihre Funktionsweise ist besonders: Sie sind umgeben von einem kleinen Graben oder einer wasserdurchlässigen Schicht, und der Keller steht in einer etwas größeren Grube als das Haus selbst. Unterhalb der Immobilie befindet sich ein Schwimmkörper, häufig aus Beton und Styropor gefertigt. Dies ermöglicht es dem Haus, bei Starkregen oder steigendem Wasserstand aufzusteigen, ähnlich einem Schiff. Damit das Gebäude stabil bleibt und nicht abtreibt, ist es fest an Pfählen oder Führungsschienen verankert.

Amphibische Architektur an der Themse

Ein markantes Beispiel für diese Bauweise findet sich in London an der Themse, wo ein von Baca Architects entworfenes dreistöckiges Haus steht. Die traditionellen Hochwasserbauweisen hätten ein Anheben des Erdgeschosses um 2,5 Meter erfordert, doch dank der amphibischen Technologie liegt es weniger als einen Meter über dem Boden. Dies erlaubte den Bau eines höheren Hauses unter Einhaltung der vorgeschriebenen Firsthöhe. Sascha Glasl, ein Experte für Wasserbau, betont, dass besonders in Deutschland noch viel Entwicklungsbedarf besteht: „Die Niederländer sind auf diesem Gebiet schon viel weiter als die Deutschen, die erst handeln, wenn die Flüsse über die Ufer treten.“

Was du dir merken solltest:

  • Schwimmende Siedlungen nutzen Wasserflächen effektiv, um der Landknappheit in Küstenstädten entgegenzuwirken und bieten zugleich eine Anpassung an steigende Meeresspiegel.
  • Diese Siedlungen sind mit nachhaltigen Technologien ausgestattet, wie Solarplatten und Wärmepumpen, die eine autarke Energieversorgung ermöglichen und das ökologische Gleichgewicht unterstützen.
  • Die Planung und Umsetzung schwimmender Gemeinschaften stellt eine innovative Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels dar und zeigt, wie moderne Architektur den Lebensraum an veränderte Umweltbedingungen anpassen kann.

Bild: © Dmitry Eliuseev via Wikimedia unter CC2-Lizenz

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