Mikroben im Ozean wirken wie ein geheimer Klimaschutz – und stoppen das gefährlichste Treibhausgas, bevor es entweicht

Mikroben treiben den Methanabbau im Meeresboden an und verhindern, dass große Mengen Methan in die Atmosphäre gelangen.

Forscher haben herausgefunden, dass Mikroben in Ozeansedimenten große Mengen Methan zurückhalten und so das Klima entlasten. © Wikimedia

Forscher haben herausgefunden, dass Mikroben in Ozeansedimenten große Mengen Methan zurückhalten und so das Klima entlasten. © Wikimedia

Klimaforscher warnen seit Jahren: Neben Kohlendioxid entscheidet vor allem Methan darüber, wie schnell sich die Erde erwärmt. Das Gas ist farb- und geruchlos, aber mehr als 25-mal wirksamer als CO2. Entweicht es ungebremst in die Atmosphäre, beschleunigt es die Klimakrise massiv. Viel Methan entsteht aber nicht nur auf Deponien, beim Reisanbau oder in der Viehhaltung – es steigt auch aus dem Meeresboden auf. Doch dort passiert Erstaunliches: Unsichtbare Mikroben verhindern, dass große Mengen überhaupt die Wasseroberfläche erreichen.

Ein unsichtbarer Schutzmechanismus im Meeresboden

In einer neuen Studie hat ein Forschungsteam der University of Southern California (USC) gezeigt, wie diese Mikroorganismen das schaffen. Im Sediment des Ozeans bilden sie eine ungewöhnliche Partnerschaft:

  • Archaeen spalten Methan in seine Bestandteile und setzen dabei Elektronen frei.
  • Bakterien nehmen diese Elektronen sofort auf und wandeln sie mithilfe von Sulfat in Energie um.

Damit dieser Prozess überhaupt funktioniert, brauchen die Mikroben eine Art Stromleitung. Verantwortlich sind spezielle Eiweiße, sogenannte Cytochrome, die Elektronen wie winzige Kabel von einer Zelle zur nächsten transportieren. Bricht diese Verbindung ab, kommt der gesamte Methanabbau sofort zum Erliegen.

Winzige Lebewesen kühlen unseren Planeten

Methan gilt als das zweitwichtigste Treibhausgas nach CO2. Selbst kleine Mengen genügen, um die Erderwärmung spürbar zu beschleunigen. Dass Mikroben im Meeresboden große Teile dieses Gases abfangen, bevor es die Oberfläche erreicht, ist daher von enormer Bedeutung. Ohne diesen natürlichen Filter würde sich die Erdatmosphäre deutlich schneller aufheizen.

Victoria Orphan vom California Institute of Technology bringt es auf den Punkt: „Es dürfte viele überraschen, dass Mikroben selbst an den entlegensten Orten so komplex zusammenarbeiten, dass sie Abläufe beeinflussen, die das Klima des gesamten Planeten betreffen.“

Die Natur als Vorlage für Technik

Die Entdeckung ist nicht nur für die Klimaforschung spannend, sondern auch für die Praxis. Denn das Prinzip lässt sich übertragen: Wo heute große Mengen Methan entstehen, könnten ähnliche Mechanismen künftig gezielt eingesetzt werden.

Mögliche Einsatzfelder sind:

  • Kläranlagen, in denen Abwasser Gase freisetzt
  • Mülldeponien, wo organische Abfälle Methan bilden
  • Förderstätten für Erdgas, an denen Lecks auftreten können

Das Faszinierende: All das geschieht ohne aufwendige Technik – die Natur hat einen hochwirksamen Prozess längst selbst entwickelt.

Einblick in die Evolution des Lebens

Mikroben haben seit Urzeiten Wege gefunden, mit Methan umzugehen. Hauptautor Hang Yu, heute Professor an der Peking University, erklärt: „Indem wir verstehen, wie diese Partnerschaften funktionieren, erhalten wir Einblicke darin, wie sich Leben über Milliarden von Jahren entwickelt hat – selbst unter extremen Bedingungen – um starke Treibhausgase wie Methan zu verwerten.“

Damit wird deutlich: Mikroben sind nicht nur unsichtbare Klimaregulatoren, sondern auch ein Beispiel dafür, wie anpassungsfähig Leben sein kann. Für die Forschung sind das wertvolle Hinweise – sowohl für das Verständnis der Erdgeschichte als auch für mögliche technische Lösungen gegen heutige Methan-Emissionen.

Noch ungelöst: Lässt sich der Methan-Filter verstärken?

Noch ist vieles unklar. Es bedarf weiterer Studien, um die Bedeutung dieser Prozesse global einzuordnen. Besonders spannend sind dabei zwei Fragen:

  • Lassen sich die Mikroben gezielt fördern, um den Methanabbau noch zu verstärken?
  • Können ihre elektrischen Netzwerke technisch nachgebildet werden?

Gerade für die Energie- oder Abfallwirtschaft wären solche Lösungen hochinteressant – nicht zuletzt, weil Methanlecks auch wirtschaftliche Verluste bedeuten.

Kurz zusammengefasst:

  • Mikroben treiben den Abbau von Methan im Meeresboden an und verhindern so, dass große Mengen des starken Treibhausgases in die Atmosphäre gelangen.
  • Die Zusammenarbeit von Archaeen und Bakterien könnte neue technische Lösungen ermöglichen, um Methan gezielt in Deponien, Kläranlagen und Erdgasförderstätten zu reduzieren.
  • Die Studie zeigt, dass unsichtbare Mikroorganismen entscheidend für den globalen Methanhaushalt sind und neue Einblicke in die Anpassungsstrategien des Lebens liefern.

Übrigens: Im Nordpazifik verliert der Ozean schneller als gedacht seine wichtige CO2-Pufferkraft – mit Folgen für Plankton, Fischerei und Klima. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Wikimedia unter CC BY 4.0

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