Mann spritzt sich 700 Mal Gift – und wird zur Rettung vor den tödlichsten Schlangen der Welt

Ein Mann injiziert sich jahrelang Schlangengift. Jetzt wird sein Blut zur Grundlage eines bahnbrechenden Antivenoms.

Mann spritzt sich Schlangengift – und liefert wirksames Antivenom

Ein neues Antivenom könnte auch gegen das Gift von Kobras wirksam schützen. © Pexels

Tim Friede hat sich mehr als 700 Mal selbst Schlangengift injiziert – freiwillig, über Jahre hinweg. Was für viele unvorstellbar klingt, wird jetzt zur Grundlage einer medizinischen Sensation. Denn aus seinem Blut wurde ein Antivenom entwickelt, das gegen einige der tödlichsten Schlangen der Welt wirkt – darunter Kobras, Taipane und Todesottern. Es ist ein Hoffnungsträger für eine universelle Schlangenbiss-Behandlung.

Entwickelt wurde das Mittel vom US-amerikanischen Biotechnologieunternehmen Centivax, das gemeinsam mit Tim Friede an der Studie beteiligt war. Der Leiter des Projekts, Jacob Glanville, sagt laut New Scientist: „Wenn irgendjemand breit wirksame Antikörper gegen Schlangengift gebildet haben könnte, dann er.“

Menschliche Antikörper statt Pferdeserum

Weltweit sterben laut Weltgesundheitsorganisation jedes Jahr bis zu 137.000 Menschen an Schlangenbissen. Drei Mal so viele verlieren Gliedmaßen oder leiden unter schweren Langzeitfolgen. Derzeitige Antivenome werden aus dem Blut von Pferden oder Schafen gewonnen. Diese Tiere werden kontrolliert mit kleinen Mengen Gift geimpft. Ihr Immunsystem bildet daraufhin Antikörper, die anschließend aufbereitet und Menschen gespritzt werden.

Das Problem: Diese tierischen Antikörper sind körperfremd. Sie können heftige allergische Reaktionen auslösen – bis hin zum anaphylaktischen Schock. Außerdem muss klar sein, von welcher Schlange der Biss stammt. Denn jedes Antivenom wirkt nur gegen das Gift einer bestimmten Art. Glanville verfolgt einen anderen Ansatz: Er will ein Mittel entwickeln, das gegen möglichst viele Schlangenarten hilft – ein sogenanntes „breit neutralisierendes Antivenom“.

Tim Friedes Immunsystem wird zur Antikörper-Bibliothek

Dazu nutzte sein Team 40 Milliliter Blut von Tim Friede. Der selbsternannte Schlangenforscher hatte sich über Jahre hinweg absichtlich kleine Dosen von Giftschlangen injiziert – darunter Arten aus Australien, Afrika und Südostasien. Sein Immunsystem hat darauf mit der Produktion spezieller Antikörper reagiert, die offenbar eine große Bandbreite an Giften abwehren können.

Aus seinem Blut machten die Forscher eine „Antikörper-Bibliothek“. Milliarden verschiedener Varianten wurden in Labortests auf ihre Wirksamkeit geprüft. Besonders erfolgreich zeigten sich zwei Kandidaten – LNX-D09 und SNX-B03 – in Kombination mit dem Wirkstoff Varespladib, einem bekannten Toxin-Hemmer.

Mäuse überleben Schlangengift – komplett

Die neue Kombination wurde an Mäusen getestet, die mit Gift von 19 der weltweit gefährlichsten Schlangen behandelt worden waren – darunter mehrere Kobras, die australische Tigerotter und der besonders aggressive Taipan. Bei 13 Arten wirkte das neue Antivenom zu 100 Prozent. Bei sechs weiteren war der Schutz immerhin teilweise gegeben – auch bei der gefürchteten Todesotter.

Tian Du, Toxikologin an der Universität Sydney, zeigte sich laut New Scientist beeindruckt: „Dass zwei Antikörper mit einem Inhibitor eine solche Breite abdecken, ist vielversprechend für eine universelle Lösung.“ Sie selbst erforscht Medikamente, die nach Schlangenbissen die Zerstörung von Haut und Muskeln verhindern. Noch ist offen, ob das neue Antivenom auch dabei hilft. Erste Tests an echten Schlangenopfern – etwa verletzten Hunden oder Katzen – sollen bald in australischen Tierkliniken beginnen.

Ein Mittel, das Leben rettet, bevor klar ist, welche Schlange gebissen hat – dieser Traum könnte mit dem Blut eines einzigen Mannes Realität nun bald werden.

Kurz zusammengefasst:

  • Ein neu entwickeltes Antivenom aus menschlichen Antikörpern schützt gleichzeitig vor mehreren hochgiftigen Schlangenarten und könnte eine universelle Therapie ermöglichen.
  • Die Antikörper stammen aus dem Blut eines Mannes, der sich über Jahre hinweg selbst mit Schlangengift immunisiert hat.
  • In Tierversuchen zeigte die Kombination aus zwei Antikörpern und einem Hemmstoff vollständigen Schutz vor 13 Schlangenarten und vor sechs weiteren zumindest teilweise.

Bild: © Pexels

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