Sternenexplosion schleudert 27 Mondmassen an Gold und anderen Schwermetallen ins All
Ein seltener Magnetar-Ausbruch schleuderte das 27-Fache der Mondmasse an Gold, Platin und anderen Schwermetallen in den Weltraum.

Ein Magnetar wirft Materie ins All – seine starken, verdrehten Magnetfelder lenken dabei geladene Teilchen nach außen. © NASA/JPL-Caltech
Gold, Platin oder Uran: Diese schweren Elemente sind rar – und doch überall. Im Erdkern, in Smartphones, in der menschlichen Blutbahn. Dass sie überhaupt existieren, ist kein Zufall. Lange galt: Nur bei der Kollision zweier Neutronensterne entstehen sie. Doch eine andere kosmische Gewalt könnte noch viel entscheidender sein. Ein Forschungsteam aus New York hat berechnet, dass gewaltige Magnetar-Ausbrüche – das sind extrem stark magnetisierte Neutronensterne – nicht nur enorme Mengen Energie freisetzen, sondern auch tonnenweise Edelmetalle wie Gold ins All schleudern.
Bei den seltenen „Gigaflares“ von Magnetaren werden unfassbare Energiemengen freigesetzt – so viel wie unsere Sonne in einer Million Jahren abstrahlt, aber konzentriert auf wenige Sekunden. Dabei werden nicht nur Strahlen, sondern auch gewaltige Massen ins All geschleudert: laut den neuen Berechnungen bis zu zwei Trillionen Kilogramm schwerer Elemente.
Allein ein einziger dieser Ausbrüche könnte laut der im Fachjournal The Astrophysical Journal Letters veröffentlichten Studie das 27-Fache der Masse des Mondes an schweren Elementen freigesetzt haben.
Gewaltige Magnetar-Ausbrüche erzeugen Gold und andere Schwermetalle
Die Explosion, um die es geht, wurde bereits im Dezember 2004 von Satelliten beobachtet. Innerhalb weniger Sekunden strahlte der Magnetar SGR 1806–20 mehr Energie ab, als unsere Sonne in einer Million Jahren. Zehn Minuten später kam es zu einem zweiten, schwächeren Strahlenausbruch – damals ein Rätsel. Nun ist klar: Dieses Signal war der direkte Beweis für die Geburt schwerer Elemente wie Gold und Platin.
„Das ist wirklich erst das zweite Mal überhaupt, dass wir direkt beobachten konnten, wo diese Elemente entstehen“, sagt Brian Metzger, Astrophysiker am Flatiron Institute und Mitautor der Studie. Der erste Nachweis war die Kollision zweier Neutronensterne im Jahr 2017.
Wie entsteht Gold? – Ein Magnetar lieferte die Antwort
Die Forscher um Anirudh Patel haben die Daten von 2004 neu analysiert. Ihre Modelle zeigten: Der Ausbruch des Magnetars schleuderte instabile, radioaktive Kerne ins All. Diese zerfielen innerhalb von Minuten – und dabei entstanden Gold, Uran und andere schwere Elemente. Begleitet wurde der Prozess von einem messbaren Gammastrahlenblitz.
„Es ist ziemlich unglaublich, dass einige der schweren Elemente um uns herum – etwa die Edelmetalle in unseren Handys oder Computern – in solch extremen Umgebungen entstehen“, sagt Patel. Er rechnet vor: Der Ausbruch des Magnetars könnte so viel Masse an Edelmetallen erzeugt haben wie der gesamte Mars wiegt – rund zwei Trillionen Kilogramm.
Magnetare könnten bis zu zehn Prozent des Goldes liefern
Bislang glaubten viele Forscher, dass fast alle schweren Elemente durch die Verschmelzung von Neutronensternen entstehen. Doch es gibt ein Problem: Diese Kollisionen sind extrem selten – und im frühen Universum gab es noch nicht genug davon. Warum aber finden Astronomen auch in uralten Sternen Spuren von Gold?
Patel hat darauf eine mögliche Antwort: „Diese gigantischen Flares könnten schon sehr früh in der Geschichte der Galaxien passiert sein.“ Und damit könnten sie auch die Quelle für jene Edelmetalle sein, die bereits in den ältesten Himmelskörpern nachgewiesen wurden.
Ein jahrzehntelang übersehenes Signal gibt Aufschluss
Der entscheidende Hinweis kam laut den Forschern aus einer Lücke zwischen zwei Forschungsbereichen: Astrophysiker, die sich mit Magnetaren beschäftigen, und jene, die sich mit der Entstehung schwerer Elemente befassen, hatten kaum miteinander gesprochen. Als die neuen Berechnungen mit den Daten des Gammastrahlenausbruchs abgeglichen wurden, war der Treffer perfekt.
„Das Ereignis war über die Jahre fast in Vergessenheit geraten“, so Metzger. „Aber wir haben sehr schnell gemerkt, dass unser Modell genau zu den damaligen Beobachtungen passt.“
Auf der Suche nach dem nächsten Gold-Ausbruch
Bis heute sind nur zwei solcher Quellen für r-Prozess-Elemente bekannt: Neutronenstern-Kollisionen und Magnetar-Gigaflares. Die Forscher hoffen, bald weitere Ereignisse nachweisen zu können. Teleskope wie NASAs neue COSI-Mission, die 2027 starten soll, könnten dann gezielt nach solchen Signalen suchen.
„Sobald ein Gammablitz entdeckt wird, muss man innerhalb von zehn bis 15 Minuten ein UV-Teleskop darauf ausrichten, um den Höhepunkt des Signals einzufangen“, sagt Metzger. „Das wird eine spannende Jagd.“
Kurz zusammengefasst:
- Seltene Magnetar-Ausbrüche können große Mengen schwerer Elemente wie Gold, Platin und Uran erzeugen – bei einem einzigen Ereignis bis zu 27 Mondmassen.
- Dabei entsteht ein extrem energiereicher Neutroneneinfang-Prozess (r-Prozess), der bislang nur bei Neutronenstern-Kollisionen sicher nachgewiesen wurde.
- Die Entdeckung hilft zu erklären, warum selbst uralte Sterne bereits Edelmetalle enthalten – und könnte ein fehlendes Glied in der Geschichte der chemischen Entwicklung des Universums sein.
Übrigens: Ein Schwarzes Loch hat 600 Millionen Lichtjahre entfernt einen Stern zerrissen – und zwar weit ab vom Zentrum seiner Galaxie. Hubble lieferte dabei erstmals Bilder eines „Spaghettifizierungs“-Ereignisses fernab eines Galaxiekerns. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © NASA/JPL-Caltech