Wie Geld bei Inflation: Unsere Böden trocknen aus – bereits 2.600 Gigatonnen Wasser verschwunden
Zwischen 2000 und 2016 verlor die Erde 2.600 Gigatonnen Bodenwasser – mehr als doppelt so viel wie Grönlands Eisverluste seit 2002.

Trockenes Bett der Gailach im Röglinger Tal, April 2024 – auch Deutschland ist längst vom Wassermangel betroffen. © Wikimedia
Das Wasser in unseren Böden schwindet dramatisch – verschärft durch den Klimawandel. Seen und Flüsse führen weniger Wasser, Böden trocknen aus, und Landwirte bekommen die Folgen längst zu spüren. Immer öfter fehlt das nötige Nass für die Felder, Ernten schrumpfen, die Existenz vieler Bauernhöfe steht auf der Kippe. Wie dramatisch die Lage tatsächlich ist, zeigt nun eine neue Studie: Zwischen 2000 und 2021 verlor die Erde weltweit so viel Bodenfeuchtigkeit, dass es selbst Wissenschaftler erschreckt. Die verschwundene Wassermenge entspricht doppelt so viel Eis, wie Grönland zwischen 2002 und 2006 einbüßte.
Aufgedeckt haben diese alarmierenden Zahlen zwei Forscher durch Zufall. Dongryeol Ryu und Ki-Weon Seo warteten auf einer Zugreise gelangweilt am Bahnhof, als Seo seinen Laptop öffnete – und plötzlich Ergebnisse sah, die ihn stutzig machten. „Zuerst dachten wir, das sei ein Fehler im Modell“, berichtet Ryu laut AP.
Klimawandel raubt der Erde Wasser
Doch leider war es kein Fehler, sondern harte Realität. Ein Jahr lang prüften die Wissenschaftler ihre Daten, ehe sie ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlichten. Die Studie macht klar: Der Klimawandel raubt der Erde eine enorme Menge ihres an Land gespeicherten Wassers.
Insgesamt hat die Erde zwischen 2000 und 2016 über 2.600 Gigatonnen an Bodenfeuchtigkeit eingebüßt, heißt es in der Studie. Allein von 2000 bis 2002 lag der Verlust bei etwa 1.614 Gigatonnen. Dadurch stieg der Meeresspiegel jährlich um etwa 1,95 Millimeter – im Vergleich dazu betrug der Eisverlust Grönlands von 2002 bis 2006 nur etwa 900 Gigatonnen und trieb den Meeresspiegel jährlich um 0,8 Millimeter nach oben.
Dürre trifft Landwirte immer härter – Böden verlieren dauerhaft ihre Regenerationskraft
Für Landwirte und ihre Familien sind diese Zahlen keine abstrakte Statistik, sondern längst Alltag. Früher kam es höchstens alle zehn Jahre zu einer schweren Dürre, inzwischen werden solche Trockenphasen immer häufiger. Das Schlimmste aber ist: Selbst wenn es wieder kräftig regnet, kann das Wasser die Böden nicht mehr ausreichend auffüllen. „Das Land hat seine Fähigkeit verloren, sich zu erholen“, beschreibt Ryu die neue Realität, die Bauern täglich spüren.
Doch warum trocknet die Erde überhaupt aus? Zum einen sorgt die globale Erwärmung dafür, dass Wasser schneller verdunstet. Gleichzeitig verändert sich das Wetter: Regen fällt seltener oder kommt als Starkregen herunter, der kaum in den Boden einsickert. Hinzu kommt die Landwirtschaft selbst: Weil Pflanzen durch höhere Temperaturen mehr Wasser benötigen, bewässern Landwirte ihre Felder noch intensiver – und leeren damit die Grundwasserspeicher weiter aus.

Wasserverlust verschiebt sogar die Erdachse deutlich
Der Wasserverlust auf dem Festland hat Folgen, die weit über trockene Felder hinausreichen. Wissenschaftler stellten fest, dass dadurch der globale Meeresspiegel messbar gestiegen ist. Noch verblüffender: Die Erde hat sich durch die veränderte Wasserverteilung sogar messbar bewegt. Die Erdachse verschob sich um ganze 45 Zentimeter. Solche Zahlen zeigen, wie massiv der Eingriff ist, den wir Menschen längst in Gang gesetzt haben.
Diese Veränderungen könnten dauerhaft bleiben, da sich die globalen Bodenfeuchtigkeitswerte seit 2016 nicht mehr erholt haben. Katharine Jacobs, Wissenschaftlerin der Universität Arizona, mahnt laut AP: „Diese Veränderungen sind wahrscheinlich dauerhaft, wenn sich die Erwärmung fortsetzt.“ Ihr Appell trifft besonders diejenigen, deren Existenz direkt vom Wasser abhängt: Landwirte, Gärtner, aber auch Menschen, deren Trinkwasserversorgung zunehmend bedroht ist.
Wie bei Inflation: Forscher warnt vor massivem Wasserverlust durch unveränderten Verbrauch
Dongryeol Ryu, leitender Wissenschaftler der Studie und Hydrologe an der Universität Melbourne, vergleicht die Wasserreserven mit einem Geldbeutel, der durch Inflation immer dünner wird: „Wenn man weiterhin so einkauft wie bisher, ist irgendwann kein Geld mehr übrig. Wenn wir also weiter Wasser in der Landwirtschaft und in anderen Bereichen so verbrauchen wie bisher, bleibt uns viel weniger Wasser an Land“, zitiert ihn ABC.
Für betroffene Landwirte, Hobbygärtner und Verbraucher bedeutet dies: Jeder Einzelne kann helfen, den Trend aufzuhalten. Weniger Wasserverbrauch, nachhaltigere Landwirtschaft und der bewusste Umgang mit Ressourcen sind keine abstrakten Ziele, sondern entscheidende Schritte. Denn laut den Forschern wird sich die Lage nicht von alleine bessern.
Für Katharine Jacobs steht fest, dass eine Umkehr dieser Entwicklung zu unseren Lebzeiten unwahrscheinlich ist, wenn wir nichts ändern. Genau deshalb geht es jetzt darum, was wir hier und heute tun. Jeder Liter Wasser, den wir einsparen, zählt – für die Landwirtschaft, die Ernährungssicherheit und letztlich für die Zukunft unseres Planeten.
Deutschland ist Verlierer des Klimawandels
Auch Deutschland zählt inzwischen klar zu den großen Verlierern beim Klimawandel, denn jährlich verschwinden hierzulande im Durchschnitt 2,5 Milliarden Tonnen Wasser aus Böden und Grundwasser. Laut Dürremonitor des Leipziger Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) leiden aktuell besonders Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern unter extrem trockenen Böden; betroffen sind aber auch Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern.

Kurz zusammengefasst:
- Zwischen 2000 und 2016 verlor die Erde 2.600 Gigatonnen Wasser aus Böden, Seen und Flüssen – besonders durch Klimawandel und intensive Landwirtschaft.
- Die Folgen sind mehr Dürren, schlechtere Ernten und ein messbarer Anstieg des Meeresspiegels sowie eine Verschiebung der Erdachse.
- Da sich Böden nach Trockenheit kaum noch erholen, ist der nachhaltige Umgang mit Wasser entscheidend für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit.
Übrigens: Durch den Abbau von Rohstoffen wie Lithium oder Kupfer gehen ebenfalls gigantische Mengen Wasser verloren – mit Folgen für Umwelt und Preise. Wie stark sich das auf Elektroautos, Smartphones und Alltagsprodukte auswirken könnte, erfahren Sie in unserem Artikel.
Bild: © Calistemon via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0