Klimawandel-Prognose: Steuern wir mit den aktuellen Wetterextremen auf den Worst Case zu?

Aktuelle Daten zeigen: Die Erwärmung verläuft wie prognostiziert – doch Extremwetter und neue Verstärker nehmen spürbar zu.

Klimawandel-Prognose: Droht uns der Worst Case?

Reihenweise Klimaanlagen – Sinnbild dafür, wie Hitzewellen bei fortschreitendem Klimawandel zunehmen. © Pexels

Hitzeperioden, Starkregen, Dürren – die Wetterbilanz der vergangenen Jahre liest sich wie ein permanenter Ausnahmezustand. Trotzdem: Der Klimawandel vollzieht sich bislang nicht im gefürchteten Worst-Case-Szenario. Darauf weist eine aktuelle Analyse des Max-Planck-Instituts für Meteorologie hin, die die jüngsten Messdaten und Modellrechnungen zusammenführt. Auf globaler Ebene steigt die Temperatur demnach in etwa so, wie Klimamodelle es seit Jahrzehnten berechnen.

Doch dieser Befund darf nicht als Entwarnung missverstanden werden. Während der Mittelwert der Erwärmung im Rahmen der Prognosen liegt, haben sich manche Nebenwirkungen schneller verstärkt als gedacht. Starkregen fällt intensiver, Hitzewellen dauern länger – und ein schleichender Rückgang der Wolkenbedeckung könnte die Erwärmung zusätzlich beschleunigen. Es ist ein Klimawandel, der sich weniger durch den Sprung nach oben, als durch die Wucht seiner Begleiterscheinungen bemerkbar macht.

Klimawandel-Prognose bestätigt: Temperaturanstieg folgt den Modellen

Seit Beginn der Industrialisierung hat sich die Erde um rund 1,2 Grad Celsius erwärmt. Messungen belegen: Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist von 280 ppm im 19. Jahrhundert auf knapp 423 ppm im Jahr 2024 gestiegen.

Klimamodelle rechnen damit, dass eine Verdopplung auf 560 ppm einen langfristigen Temperaturanstieg von 2,5 bis 4 Grad auslösen würde – wahrscheinlich sind etwa 3 Grad. Besonders deutlich fällt die Erwärmung an den Polen und in Europa aus. Diese regionalen Unterschiede bedeuten, dass auch Anpassungsstrategien sehr unterschiedlich ausfallen müssen.

Extremereignisse verstärken sich schneller als erwartet

Die physikalische Grundlage ist klar: Wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit speichern. Pro Grad Erwärmung nimmt die Niederschlagsmenge bei Starkregen im Schnitt um sieben Prozent zu. Bei drei Grad Erwärmung bedeutet das fast 25 Prozent mehr Wasser, das in kurzer Zeit niedergeht – mit entsprechendem Risiko für Überschwemmungen.

Hitzewellen entwickeln sich ähnlich dynamisch. Sie werden nicht nur heißer, sondern dauern länger und setzen so den Organismus, die Landwirtschaft und die Infrastruktur stärker unter Druck.

Beispiele aus den Modellrechnungen:

  • In einer 1,5-Grad-Welt wären rund 700 Millionen Menschen alle 20 Jahre oder häufiger von extremen Hitzewellen betroffen.
  • Bei zwei Grad wären es bereits zwei Milliarden.
  • An der Nordseeküste bei Cuxhaven würde eine Flut, die heute nur alle 500 Jahre vorkommt, in einer 2-Grad-Welt alle 33 Jahre auftreten.

Wolkenrückgang als möglicher Verstärker

Neben den bekannten Faktoren wie Treibhausgasen und Eisschmelze rückt ein weiteres Phänomen in den Blick: Der weltweite Rückgang der Wolkenbedeckung. Satellitendaten zeigen, dass in den Tropen wie auch in höheren Breiten weniger Wolken am Himmel sind.

Wolken reflektieren Sonnenstrahlen und wirken wie ein natürlicher Sonnenschirm. Nimmt ihre Fläche ab, erreicht mehr Strahlung die Erdoberfläche – ein Effekt, der die Erwärmung beschleunigen könnte. Besonders in den Außertropen scheinen sich größere Veränderungen in der atmosphärischen Zirkulation anzubahnen, deren langfristige Folgen noch nicht vollständig verstanden sind.

Anpassung bleibt hinter dem Tempo der Veränderungen zurück

„Ich glaube, dass wir bei der Anpassung den Anschluss verpassen“, warnt Bjorn Stevens, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie. Aus seiner Sicht braucht es neben Klimaschutz deutlich mehr Investitionen in Vorsorgemaßnahmen – von hitzeresistenten Städten über Deiche bis zu einer optimierten Wasserspeicherung.

Stevens erklärt, dass jede Reduktion der Erwärmung doppelt wirksam ist: Sie senkt sowohl die Kosten für Anpassung als auch die Risiken für Mensch und Natur. Klimaschutz sei langfristig günstiger als fortlaufende Schadensbegrenzung.

Kleine Unterschiede mit großen Folgen

Oft wirkt der Unterschied zwischen 1,5 und 2 Grad globaler Erwärmung klein. Tatsächlich vervielfachen sich manche Risiken:

  • Überschwemmungen: Bei 1,5 Grad Erwärmung wären 11 Prozent der Landfläche betroffen, bei 2 Grad schon 20 Prozent.
  • Extreme Hitze: Verdopplung der betroffenen Bevölkerung von 700 Millionen auf zwei Milliarden Menschen.
  • Küstenschutz: Aus seltenen Sturmfluten werden in wenigen Jahrzehnten regelmäßig drohende Ereignisse.

Solche Zahlen verdeutlichen, dass auch Bruchteile eines Grades entscheidend sind.

Neue Modelle für präzisere Vorhersagen

Um gezielter reagieren zu können, entwickeln Forscher am Max-Planck-Institut neue physikalische Modelle. Sie ermöglichen genauere regionale Prognosen, die bisherige empirische Annahmen ablösen.

Diese verbesserten Werkzeuge sollen helfen, Anpassungsmaßnahmen dort einzusetzen, wo sie den größten Nutzen bringen – ob beim Hochwasserschutz, in der Landwirtschaft oder bei der Stadtplanung.

Anpassung macht widerstandsfähiger – und spart Geld

„Wenn wir uns stärker auf die Anpassung konzentrieren, verbessern wir sowohl unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber unvermeidbaren Veränderungen als auch das gemeinsame Verständnis für die Kosten und Nutzen, die die Abschwächung vermeidbarer Veränderungen mit sich bringen“, so Stevens.

Kurz zusammengefasst:

  • Der Klimawandel verläuft bisher wie von Klimamodellen vorhergesagt, mit einer globalen Erwärmung von rund 1,2 Grad seit der vorindustriellen Zeit.
  • Extremereignisse wie Starkregen und Hitzewellen nehmen schneller zu als erwartet; pro Grad Erwärmung steigt die Niederschlagsmenge bei Starkregen um etwa sieben Prozent.
  • Ein Rückgang der Wolkenbedeckung könnte die Erwärmung zusätzlich verstärken, weshalb Klimaschutz und gezielte Anpassung gleichermaßen wichtig sind.

Übrigens: Die Klimakrise bedroht nicht nur Landschaften und Ökosysteme – sie trifft längst auch unsere Gesundheit. Fünf Folgen spüren Menschen weltweit schon heute, mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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