Unsichtbare Waffe im Körper: Wie Forscher Immunzellen jetzt verfolgen können

Mit einem neuen Tracking-Verfahren zeigt die TU München, wie Immunzellen im Körper arbeiten. Damit können Krebs-Therapien sicherer werden.

Forscher ermöglichen Tracking von Immunzellen im Körper

Mithilfe eines künstlichen Rezeptors lassen sich veränderte Immunzellen im Körper präzise verfolgen und überwachen. (Symbolbild) © Unsplash

Zelltherapien gelten für viele Patienten als letzter Strohhalm, wenn herkömmliche Behandlungen scheitern. Vor allem bei Krebs kommen sie immer häufiger zum Einsatz. Dabei schleusen Ärzte speziell veränderte Immunzellen in den Körper, die gezielt Tumore angreifen. Doch was danach passiert, bleibt oft unklar. Die Technische Universität München (TUM) hat nun eine Methode entwickelt, die das präzise Tracking dieser Immunzellen ermöglicht. Die Studie wurde im Fachmagazin Nature Biomedical Engineering veröffentlicht.

Forscher bauen gezielten Kontrollmechanismus in Immunzellen ein

Bisher wussten Mediziner nicht, ob die veränderten Immunzellen tatsächlich dorthin wandern, wo sie gebraucht werden. Sie konnten auch nicht zuverlässig beurteilen, ob sich die Zellen ausreichend vermehren oder versehentlich gesunde Organe angreifen. Genau hier setzt das neue Verfahren an. Ein zusätzlicher künstlicher Rezeptor wird in die Immunzellen eingebaut. Dadurch lassen sie sich im Körper aufspüren und kontrollieren.

Bei der sogenannten CAR-T-Zell-Therapie entnehmen Ärzte bestimmte Abwehrzellen aus dem Blut eines Patienten. Im Labor verändern sie diese Zellen so, dass sie eine Art „Erkennungs-Schlüssel“ auf ihrer Oberfläche tragen – einen Rezeptor. Dieser Rezeptor ist so programmiert, dass er typische Merkmale auf der Hülle von Krebszellen erkennt.

Sobald die veränderten Zellen zurück in den Körper gelangen, suchen sie gezielt nach diesen Merkmalen. Wenn sie fündig werden, greifen sie die Krebszellen direkt an und zerstören sie. Das Ziel: den Tumor von innen heraus bekämpfen.

Neues Bildgebungsverfahren zeigt exakten Aufenthaltsort

Der Trick liegt in einem unsichtbaren Markierungssystem. Das Team der TUM entwickelte ein spezielles Kontrastmittel, das nur an die manipulierten Zellen bindet. Über eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) lassen sich diese dann im Körper sichtbar machen.

In der rechten Hälfte dieses Gewebeschnitts attackieren modifizierte Immunzellen, sogenannte CAR-T-Zellen, Tumorgewebe. Mit einem neuen Verfahren können sie durch PET-Bildgebung im Körper sichtbar gemacht werden (hier nachträglich überlagert). © Volker Morath /TUM
In der rechten Hälfte dieses Gewebeschnitts attackieren modifizierte Immunzellen, sogenannte CAR-T-Zellen, Tumorgewebe. Mit einem neuen Verfahren können sie durch PET-Bildgebung im Körper sichtbar gemacht werden (hier nachträglich überlagert). © Volker Morath /TUM

Basis des Verfahrens sind sogenannte Anticaline, künstliche Proteine mit zielgerichteter Bindefähigkeit. Arne Skerra, Professor für Biologische Chemie an der TUM, entwickelt diese seit den 1990er Jahren. Darauf aufbauend integrierte das Team um Prof. Wolfgang Weber, Professor für Nuklearmedizin am TUM Klinikum, ein neues Gen in die Immunzellen. Dieses Gen sorgt dafür, dass die Zellen einen Rezeptor bilden, an den das Kontrastmittel andockt.

Erste Tierstudien liefern präzise Ergebnisse

In Tierversuchen an Mäusen konnten die Forscher mit dem neuen Tracking-Verfahren erstmals verfolgen, wie die Immunzellen tatsächlich ins erkrankte Gewebe einwandern und sich dort teilen. Das eingesetzte Kontrastmittel wurde dabei rasch über die Nieren ausgeschieden und dockte ausschließlich an den künstlich veränderten Zellen an.

Gleichzeitig blieb das restliche Gewebe unberührt. Unerwünschte Nebeneffekte im Körper traten nicht auf. Die Methode bewährte sich auch bei Gentherapien, bei denen Viren genetisches Material in Zellen einschleusen. Auch hier ließ sich der Verlauf exakt nachverfolgen.

Tracking-Werkzeug für mehr Sicherheit

Studienleiter Wolfgang Weber betont die Bedeutung der neuen Methode: „Seit einigen Jahren ist klar, dass neue medizinische Anwendungen wie Immun- und Gentherapien ein unglaubliches Potenzial haben.“ Für Patienten bedeutet das: Ärzte könnten zukünftig frühzeitig erkennen, wenn sich Immunzellen unerwartet verhalten.

Wir glauben, dass wir ein wichtiges Werkzeug geschaffen haben, mit dem wir solche Therapien sicherer machen können, indem wir besser verstehen, was im Körper geschieht.

Prof. Weber

Das Risiko gefährlicher Nebenwirkungen lässt sich so verringern. Bevor das Verfahren jedoch an Menschen eingesetzt werden kann, stehen klinische Studien an. Sicherheit und Wirksamkeit müssen umfassend geprüft werden. Auch die Umsetzung in eine marktreife Anwendung ist bereits in Planung.

Kurz zusammengefasst:

  • Die TU München hat ein Tracking-Verfahren entwickelt, um Immunzellen bei Zelltherapien im Körper präzise zu verfolgen.
  • Ein künstlicher Rezeptor und ein spezielles Kontrastmittel machen die Immunzellen per PET-Bildgebung sichtbar.
  • Erste Tierversuche zeigen, dass sich Therapieverläufe damit besser kontrollieren und Risiken frühzeitig erkennen lassen.

Übrigens: Forscher entdeckten, dass Immunzellen eine eigene Licht-Uhr besitzen, die sie tagsüber aktiv macht und die man selbst unterstützen kann. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Unsplash

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