Sie entstanden binnen Minuten – Ursprung zweier gigantischer Mond-Canyons entdeckt
Vor etwa vier Milliarden Jahren sorgte ein kosmisches Ereignis für die Entstehung zwei gigantischer Canyons auf dem Mond.
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Forscher haben einen gewaltigen Einschlag auf dem Mond rekonstruiert, der in seiner Wucht die Sprengkraft aller existierender Atomwaffen übersteigt. © Vecteezy
Auf der erdabgewandten Seite des Mondes erstrecken sich zwei gewaltige Canyons: Vallis Schrödinger und Vallis Planck. Doch anders als der Grand Canyon auf der Erde, der durch Jahrmillionen der Erosion geformt wurde, entstanden diese Mond-Canyons innerhalb weniger Minuten. Ihre Entstehung war das Ergebnis eines gewaltigen kosmischen Ereignisses.
Gewaltiger Einschlag formte die Mond-Canyons
Laut einer aktuellen Studie liegt die Ursache der rund 270 beziehungsweise 280 Kilometer langen und bis zu 3,5 Kilometer tiefen Canyons in einem massiven Asteroiden- oder Kometeneinschlag vor etwa vier Milliarden Jahren. Ein Forschungsteam um David Kring vom Lunar and Planetary Institute in Houston hat diesen Prozess mithilfe von Simulationen rekonstruiert. Sie zeigen, dass Trümmer des Aufpralls mit extremer Geschwindigkeit auf die Mondoberfläche trafen und dabei tiefe Spuren hinterließen.
Das Schrödinger-Becken liegt auf der Rückseite des Mondes, nahe dem Südpol. Es misst etwa 320 Kilometer im Durchmesser und ist eines der jüngsten großen Einschlagbecken auf dem Mond. Der Ort ist für die Raumfahrt von besonderem Interesse, denn in unmittelbarer Nähe plant die NASA Landezonen für die Artemis-Mission. Der Einschlag hinterließ ein komplexes Muster aus Kratern, die die Entstehung der Canyons beeinflussten.
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Simulationen zeigen die Entstehung der Canyons
Die Forscher untersuchten die Einschlagmechanik anhand von Satellitenbildern des NASA Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO). Dabei konzentrierten sie sich auf 15 Sekundärkrater entlang von Vallis Schrödinger. Diese Krater entstanden durch Trümmer, die beim Einschlag aus dem Schrödinger-Becken herausgeschleudert wurden.
Die Daten deuten darauf hin, dass diese Gesteinsbrocken mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1,28 Kilometern pro Sekunde auf die Mondoberfläche trafen. Innerhalb von nur 4,5 bis 15 Minuten formten sie die beiden Canyons. Dies geschah mit einer Wucht, die die 130-fache Sprengkraft aller auf der Erde existierenden Atomwaffen übersteigt. Diese enorme Energie hinterließ nicht nur tiefe Einschnitte in der Mondkruste, sondern könnte auch Hinweise auf die geologische Entwicklung des Mondes geben.
Eine weitere Erkenntnis der Studie: Das betroffene Gebiet war bereits vorbelastet. Schon 500 Millionen Jahre zuvor hatte ein Einschlag im Südpol-Aitken-Becken die Mondkruste in dieser Region geschwächt. Dies könnte erklären, warum die Sekundärkrater größer sind, als eigentlich zu erwarten wäre. Die Wucht der ausgeschleuderten Trümmer reichte aus, um tiefe Furchen in die Mondoberfläche zu schlagen. Das erklärt auch, warum das Muster der Krater asymmetrisch ist. Die Auswurfmassen konzentrierten sich in bestimmten Regionen stärker, was zur markanten Form der beiden Canyons führte.
Vergleich mit dem Grand Canyon auf der Erde
Obwohl die Mond-Canyons in ihrer Dimension mit dem Grand Canyon auf der Erde vergleichbar sind, unterscheiden sich die Entstehungsmechanismen grundlegend. Während der Grand Canyon durch fließendes Wasser über Millionen Jahre geformt wurde (was es auf dem Mond nie gab), entstanden Vallis Schrödinger und Vallis Planck durch eine Reihe von katastrophalen Einschlägen in wenigen Minuten.
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Die Untersuchung dieser Canyons lässt auch Rückschlüsse auf Einschlagprozesse auf anderen Himmelskörpern zu. Ähnliche Mechanismen könnten beispielsweise auf dem Mars oder den Monden des Jupiter existieren. Die Erforschung solcher geologischer Strukturen kann daher neue Erkenntnisse über die Geschichte des Sonnensystems liefern.
Bedeutung für die Artemis-Mission und Zukunft der Forschung
Das Schrödinger-Becken könnte zudem eine der wichtigsten geologischen Fundstellen für kommende Mondmissionen sein. Die NASA plant, mit der Artemis-3-Mission Menschen in das Gebiet zu schicken. Zudem soll ein Roboter bereits 2026 dort landen.
Die extremen Bedingungen in dieser Region machen sie zu einem möglichen Testgebiet für neue Technologien. Roboter und Astronauten könnten dort zum Beispiel Methoden zur Erkundung und Nutzung planetarer Ressourcen erproben. Langfristig könnten solche Erkenntnisse auch entscheidend sein, wenn es darum geht, eine dauerhafte menschliche Präsenz auf dem Mond oder anderen Planeten zu ermöglichen. Das Verständnis der geologischen Prozesse auf dem Mond könnte zudem dabei helfen, künftige Außenposten strategisch sinnvoll zu platzieren, um Risiken zu minimieren und gleichzeitig den wissenschaftlichen Nutzen zu maximieren.
Kurz zusammengefasst:
- Vor etwa vier Milliarden Jahren schlug ein gewaltiger Asteroid auf der erdabgewandten Seite des Mondes ein und formte innerhalb weniger Minuten die riesigen Canyons Vallis Schrödinger und Vallis Planck.
- Die herausgeschleuderten Trümmer trafen mit extremer Geschwindigkeit auf die Mondoberfläche und hinterließen tiefe Einschnitte, deren Wucht die Sprengkraft aller existierenden Atomwaffen auf der Erde bei Weitem überstieg.
- Die NASA untersucht das Schrödinger-Becken, da es wertvolle geologische Informationen über die Entstehung des Mondes liefert und als potenzieller Landeplatz für zukünftige Artemis-Missionen dient.
Bild: © Vecteezy