Entstehung eines galaktischen Phänomens: Schwarzes Loch erwacht vor unseren Augen

Ein Schwarzes Loch beginnt in der Galaxie SDSS1335+0728 zu leuchten. Forscher könnten eventuell erstmals dessen Entstehung beobachten.

Entstehung Schwarzes Loch

Astronomen konnten das erste Mal das Erwachen eines massiven schwarzen Lochs in Echtzeit beobachten (künstlerische Darstellung). © ESO/M. Kornmesser

In der Welt der Astronomie könnte eine aufregende Entdeckung gemacht worden sein: Ende 2019 begann die bisher unauffällige Galaxie SDSS1335+0728 ungewöhnlich stark zu leuchten. Dies könnte darauf hindeuten, dass Forscher zum ersten Mal live ein massereiches Schwarzes Loch (mit einer Million Sonnenmassen) bei seiner Entstehung beobachtet haben. Dies geht aus einer Aussendung der Europäischen Südsternwarte hervor. Seitdem hat sich die Helligkeit der Galaxie kontinuierlich erhöht, heißt es in der Studie, die in dem Fachjournal „Astronomy & Astrophysics“ veröffentlicht wurde.

Plötzliches Leuchten: Galaxie offenbart dramatische Veränderungen

Die Galaxie, die 300 Millionen Lichtjahre entfernt im Sternbild Jungfrau liegt, zeigte ab Dezember 2019 auffällige Helligkeitsschwankungen. Paula Sánchez Sáez, Astronomin am Europäischen Südobservatorium (ESO) in Deutschland und Leitautorin der Studie, beschreibt die Veränderungen: „Stellen Sie sich vor, Sie beobachten eine ferne Galaxie über Jahre, und sie schien immer ruhig und inaktiv zu sein. Plötzlich beginnt ihr Kern dramatische Helligkeitsänderungen zu zeigen, anders als alles bisher Gesehene.“ Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass das Zentrum von SDSS1335+0728 nun als aktiver galaktischer Kern (AGN) eingestuft wird, angetrieben durch ein massereiches Schwarzes Loch.

Rätselhafte Strahlungen aus der Ferne

Die Forschungsgruppe, zu der auch Lorena Hernández García vom Millennium Institute of Astrophysics in Chile gehört, nutzte eine Kombination aus Archivdaten und neuen Beobachtungen verschiedener Einrichtungen, um diese Phänomene zu untersuchen. Unter anderem wurden Instrumente wie das X-shooter am VLT in Chiles Atacama-Wüste verwendet. „Das Verhalten ist beispiellos“, betont Sánchez Sáez. Seit Februar 2024 hat die Galaxie sogar begonnen, Röntgenstrahlen auszusenden.

Very Large Telescope (VLT) der ESO
Das Very Large Telescope (VLT) der ESO am Paranal in Atacama-Wüste im Norden Chiles. Der Standort ist die weltweit modernste bodengebundene Einrichtung für Astronomie. Er beherbergt vier 8,2-Meter-Hauptteleskope, vier 1,8-Meter-Hilfsteleskope, das VLT Survey Telescope (VST) und das 4,1-Meter-Visible and Infrared Survey Telescope for Astronomy (VISTA). © J.L. Dauvergne & G. Hüdepohl (atacamaphoto.com)/ESO via eso.org

Ein historischer Augenblick in der Astronomie

„Die plausibelste Erklärung für dieses Phänomen ist, dass wir sehen, wie der Kern der Galaxie anfängt, Aktivität zu zeigen“, erklärt Hernández García. Claudio Ricci, Co-Autor der Studie und Professor an der Diego Portales Universität in Chile, ergänzt: „Dieser Prozess, das Erwachen eines massereichen Schwarzen Lochs, wurde noch nie zuvor beobachtet.“ Schwarze Löcher dieser Größenordnung – mit Massen, die über hunderttausendmal größer sind als die unserer Sonne – befinden sich im Zentrum der meisten Galaxien, einschließlich der Milchstraße.

„Diese riesigen Monster sind üblicherweise schlafend und nicht direkt sichtbar. Im Fall von SDSS1335+0728 konnten wir das Erwachen des massereichen Schwarzen Lochs beobachten, das plötzlich begann, das verfügbare Gas in seiner Umgebung zu verschlingen und sehr hell wurde,“ fügte Ricci hinzu.

Langsamste Gezeitenstörung möglich

Trotz der faszinierenden Erkenntnisse sind weitere Beobachtungen notwendig, um andere Erklärungen auszuschließen. Es könnte sich auch um ein ungewöhnlich langsames Ereignis der Gezeitenstörung handeln, oder sogar um ein völlig neues Phänomen. Sollte es tatsächlich eine Gezeitenstörung sein, wäre dies das längste und schwächste derartige Ereignis, das jemals beobachtet wurde. „Unabhängig von der Art der Variationen liefert diese Galaxie wertvolle Informationen darüber, wie Schwarze Löcher wachsen und sich entwickeln“, erklärt Sánchez Sáez. „Wir erwarten, dass Instrumente wie MUSE am VLT oder jene am bald in Betrieb gehenden Extremely Large Telescope (ELT) entscheidend sein werden, um zu verstehen, warum die Galaxie heller wird.“

Was du dir merken solltest:

  • Ende 2019 begann die weit entfernte Galaxie SDSS1335+0728 plötzlich heller zu leuchten. Das weist auf die Aktivität ihres zentralen Schwarzen Lochs hin.
  • Die Astronomin Paula Sánchez Sáez und ihr Team untersuchten diese ungewöhnliche Helligkeit. Sie stellten fest, dass das Zentrum der Galaxie nun sehr aktiv ist.
  • Zukünftige Untersuchungen mit modernen Teleskopen sollen weitere Erkenntnisse über die Entstehung von Schwarzen Löchern bringen.

Übrigens: Auch der ESA gelang eine kleine wissenschaftliche Sensation: Sie hat fünf neue, bisher ungesehene Bilder des Universums veröffentlicht. Was auf den Bildern zu sehen ist, findest du in unserem Artikel heraus.

Bild: © ESO/M. Kornmesser via eso.org unter CC BY 4.0

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