Ein Handschlag reicht: Wie Freunde unser Mikrobiom beeinflussen – und auch deren Freunde

Das Mikrobiom wird durch Freunde und soziale Kontakte beeinflusst. Eine Studie zeigt, wie Mikroben durch alltägliche Nähe übertragen werden.

Freunde teilen beim gemeinsamen Essen mehr als nur Mahlzeiten. © Pexels

Freunde teilen beim gemeinsamen Essen mehr als nur Mahlzeiten. © Pexels

Die Übertragung von Mikroben passiert oft beiläufig: Ein gemeinsames Essen, eine Umarmung oder ein Handschlag reichen aus, damit Freunde Mikroorganismen und damit Teile ihres Mikrobioms austauschen. Das komplexe Netzwerk aus Bakterien, Pilzen und Viren spielt eine wichtige Rolle für unsere Gesundheit, da es das Immunsystem stärkt, Krankheitserreger abwehrt und den Körper mit wichtigen Nährstoffen versorgt. In den entlegenen Dörfern von Honduras, wo Menschen eng zusammenleben und häufig gemeinsam kochen und essen, fanden Forscher ideale Bedingungen, um diese Prozesse zu untersuchen. Ohne den Einfluss von verarbeiteten Lebensmitteln oder übermäßiger Hygiene blieb das natürliche Zusammenspiel von Mikrobiota nahezu unverfälscht.

Eine aktuelle Studie, die im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurde, untersuchte das Mikrobiom der Dorfbewohner. Die Ergebnisse zeigen, wie stark soziale Kontakte die Zusammensetzung dieser Mikroorganismen im menschlichen Darm prägen. Besonders spannend: Nicht nur direkte Begegnungen beeinflussen das Mikrobiom, sondern auch Kontakte über gemeinsame Freunde.

Freunde haben großen Einfluss auf unser Mikrobiom

Die Studie analysierte fast 2.000 Personen in 18 Dörfern. Dabei stellten die Forscher fest, dass Ehepartner und Menschen, die im selben Haushalt leben, etwa 13,9 Prozent ihrer Mikrobenstämme teilen. Doch selbst Personen, die nicht zusammenwohnen, sich aber regelmäßig sehen – etwa Nachbarn oder enge Freunde – teilen erstaunliche 10 Prozent. Dagegen teilen Dorfbewohner ohne persönlichen Kontakt nur 4 Prozent. Besonders auffällig: Auch indirekte Kontakte, etwa über gemeinsame Freunde, hinterlassen Spuren im Mikrobiom.

Nicholas Christakis von der Yale University, der die Studie leitete, beschreibt diese Übertragungen als eine Art mikrobielle Netzwerkdynamik. „Es ist faszinierend, wie stark soziale Beziehungen unsere mikrobielle Welt prägen“, erklärt er gegenüber Nature.

Was die Forschung über Übertragungswege verrät

Die Übertragung geschieht nicht zufällig. Faktoren wie persönliche Nähe und Interaktionen beeinflussen, welche Mikroben den Weg von einem Körper zum nächsten finden. In den untersuchten honduranischen Dörfern, wo das Leben traditionell und gemeinschaftlich organisiert ist, wurden besonders viele Mikrobenübertragungen beobachtet. Gemeinsame Mahlzeiten, Alltagskontakte und geteilte Werkzeuge oder Oberflächen begünstigen den Austausch.

Die Forscher untersuchten nicht nur die Mikrobenarten, sondern auch deren Unterarten – ein entscheidender Schritt, um Übertragungen zweifelsfrei nachzuweisen. „Menschen teilen nicht nur dieselben Arten, sondern oft exakt dieselben Mikrobenstämme“, erklärt die Mikrobiologin Mireia Valles-Colomer von der Universität Pompeu Fabra in Barcelona, die nicht an der Studie beteiligt war.

Welche Rolle spielt das Mikrobiom für die Gesundheit?

Das Mikrobiom beeinflusst nicht nur die Verdauung, sondern spielt auch eine zentrale Rolle für die Immunabwehr und wird mit chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und Depression in Verbindung gebracht. Die neue Forschung lässt die Annahme zu, dass soziale Kontakte eine bisher unterschätzte Rolle in der Entwicklung und Übertragung von Mikroben spielen könnten.

„Das könnte unsere Sichtweise auf Gesundheitsrisiken verändern“, erklärt Nicola Segata von der Universität Trient, der an ähnlichen Studien beteiligt war. Die Möglichkeit, dass Krankheiten durch mikrobielle Übertragung indirekt beeinflusst werden, eröffnet neue Perspektiven für Prävention und Therapie.

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Nähe als Schlüssel zu einem gesunden Mikrobiom

Die Studie liefert jedoch auch eine beruhigende Botschaft: Soziale Interaktionen tragen nicht nur dazu bei, Mikroben zu verbreiten, sondern stärken oft die Vielfalt gesunder Mikroorganismen. In Gemeinschaften mit engem Kontakt zirkulieren Mikroben, die für die Gesundheit förderlich sein können.

„Nahe Kontakte sind gut für uns – sowohl körperlich als auch sozial“, fasst Valles-Colomer zusammen. Das Zusammenspiel von Mikroben, sozialem Leben und Gesundheit zeigt, wie tief unsere Beziehungen in den Körper hineinwirken. Ein Aspekt, der die Bedeutung sozialer Nähe in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Was du dir merken solltest:

  • Soziale Kontakte übertragen Mikroben durch alltägliche Handlungen wie gemeinsames Essen, Umarmungen oder den Austausch von Gegenständen.
  • Menschen, die eng zusammenleben oder regelmäßig Zeit miteinander verbringen, teilen deutlich mehr Mikrobenstämme als Personen ohne persönlichen Kontakt.
  • Das Mikrobiom beeinflusst nicht nur die Verdauung, sondern auch die Immunabwehr und steht mit chronischen Krankheiten wie Bluthochdruck und Depression in Verbindung.

Übrigens: Das Mikrobiom beeinflusst nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche. Über die Darm-Hirn-Achse steuert es Emotionen, Verhalten und sogar die mentale Gesundheit – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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