Binde erkennt Krankheiten im Menstruationsblut – und könnte Arztbesuche ersparen

Ein neues Diagnosesystem erkennt Krankheiten im Menstruationsblut – direkt in der Binde, ohne Labor und auswertbar per App.

Binde erkennt Krankheiten im Menstruationsblut

Ein neues Testsystem nutzt Menstruationsblut in der Binde, um Krankheiten wie Entzündungen, Krebs oder Endometriose früh zu erkennen (Symbolbild). © Pexels

Ohne Blutabnahme, ohne Arzttermin – aber mit wertvollen Informationen für die eigene Gesundheit: Forscher ETH Zürich haben eine Binde entwickelt, die Krankheiten im Menstruationsblut erkennen kann. Ein System, das speziell Frauen helfen könnte, ernsthafte Erkrankungen frühzeitig zu entdecken – und zwar dort, wo niemand damit rechnet: im Alltag.

Das neue Diagnosetool heißt MenstruAI. Es funktioniert wie ein klassischer Schnelltest, ist aber in eine handelsübliche Binde eingebaut. Die Auswertung erfolgt über eine App oder sogar mit bloßem Auge – bequem zu Hause und ohne Eingriff.

Wenn das Menstruationsblut zur Gesundheitsquelle wird

Menstruationsblut wird oft übersehen – dabei steckt es voller Hinweise. Jeden Monat blutet fast ein Viertel der Weltbevölkerung, doch medizinisch genutzt wurde das bisher kaum. Die Folge: Millionen Frauen leben mit Beschwerden, ohne zu wissen, was dahintersteckt.

„Menstruationsblut wurde bislang als Abfall betrachtet. Wir zeigen, dass es eine wertvolle Informationsquelle ist“, sagt Lucas Dosnon, einer der Entwickler. Das Blut enthält Hunderte von Proteinen – darunter Marker, die bei Krebs, Entzündungen oder Endometriose verändert sind.

Binde erkennt Krebsmarker und andere Krankheiten im Menstruationsblut

MenstruAI analysiert drei wichtige Werte:

  • CRP (C-reaktives Protein) – ein Marker für Entzündungen
  • CEA – ein Tumormarker, der bei mehreren Krebsarten erhöht ist
  • CA-125 – oft auffällig bei Endometriose und Eierstockkrebs

Die Werte werden mit einem Farbstreifen sichtbar gemacht – ähnlich wie bei einem Covid-Test. Je dunkler der Streifen, desto höher der gemessene Wert. Die normale Bandbreite ist klar definiert: Bei CEA liegt der Grenzwert bei 5 ng/ml, auffällig wird es ab 20. CA-125 gilt ab 35 U/ml als erhöht, bei Endometriose oft über 100.

Früherkennung auf Knopfdruck – mit App oder bloßem Auge

Wer den Streifen nicht selbst beurteilen will, nutzt die App: Foto machen, hochladen, Ergebnis erhalten. Die App nutzt maschinelles Lernen, um auch feine Farbunterschiede zu analysieren – ganz automatisch. Sie gibt eine Einschätzung, ob das Ergebnis im Normalbereich liegt oder auffällig ist.

„Die App macht das Resultat objektiv messbar“, erklärt Dosnon. Auch für medizinische Fachkräfte lassen sich die Werte freigeben – falls man die Auswertung teilen möchte.

Alltagstauglich getestet – so fühlt sich die Technik beim Tragen an

In einer ersten Studie trugen über 100 Frauen den Prototyp – während der Periode, mehrere Stunden lang, bei ganz normalen Aktivitäten. Ergebnis: kein Unterschied zu herkömmlichen Binden, weder beim Tragegefühl noch bei der Handhabung.

Das System filtert das Blut automatisch und sorgt dafür, dass nur die benötigte Menge im Test landet – ohne Schmieren, ohne Auslaufen. Die Ergebnisse blieben über ein Jahr stabil und präzise. Ein echter Fortschritt für die Selbstbeobachtung im Alltag.

Keine Angst mehr vor dem nächsten Arztbesuch?

MenstruAI soll Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen – aber unterstützen. Die Idee: Wer frühzeitig Hinweise auf Veränderungen im Körper erkennt, kann gezielter medizinische Hilfe suchen. Das ist besonders wichtig bei Erkrankungen, die oft erst spät erkannt werden – etwa Endometriose oder Eierstockkrebs.

„MenstruAI kann die Frauengesundheit verbessern, weil es eine einfache, nicht-invasive und bezahlbare Methode zur Gesundheitsüberwachung bietet“, so das Forschungsteam. Die Sensoren kosten weniger als einen Euro pro Stück – auch das ist Teil des Konzepts.

Tabubruch mit Technik – und der Wunsch nach Gerechtigkeit

Dass die neue Binde mehr ist als nur ein medizinisches Gadget, zeigt die Haltung der Forscher. „Wenn wir über das Gesundheitswesen sprechen, dürfen wir die Hälfte der Menschheit nicht ausblenden“, sagt Projektleiterin Inge Herrmann. Für sie ist das Projekt auch ein Aufruf, Frauengesundheit endlich ernst zu nehmen.

Denn noch immer wird das Thema Menstruation tabuisiert – sogar im akademischen Umfeld. Viele hielten die Idee zunächst für „eklig“ oder unpraktisch, berichten die Entwickler. Doch MenstruAI zeigt: Mit Mut zur Innovation lassen sich Hürden abbauen – medizinisch, gesellschaftlich und ganz praktisch im Alltag.

Kurz zusammengefasst:

  • MenstruAI ist ein neues Testsystem, das erste Anzeichen für Krankheiten wie Entzündungen, Endometriose oder Krebs direkt über Menstruationsblut in der Binde nachweisen kann.
  • Die integrierten Teststreifen funktionieren ohne Elektronik und zeigen Ergebnisse per Farbveränderung oder App-Auswertung an – bequem und ohne Blutabnahme.
  • Die Methode ist präzise, einfach anzuwenden und kann helfen, Gesundheitsveränderungen frühzeitig zu erkennen – auch außerhalb einer Arztpraxis.

Übrigens: Auch Bluthochdruck kann unbemerkt bleiben – oft über Jahre. Eine neue KI erkennt erste Anzeichen im EKG, noch bevor die Krankheit diagnostiziert wird. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert