Astronomen finden Sauerstoff in weit entfernter Galaxie
Diese Galaxie dürfte keinen Sauerstoff haben – doch Forscher fanden unerwartet viel davon. Eine Entdeckung, die unser Verständnis des frühen Universums auf den Kopf stellt.

Künstlerische Illustration von JADES-GS-z14-0, der bislang am weitesten entfernten bestätigten Galaxie. © ESO/M. Kornmesser
Eine der größten Fragen der Astronomie ist, wie sich die ersten Galaxien nach dem Urknall gebildet haben. Nun gibt es eine neue Erkenntnis: Forscher haben in einer extrem weit entfernten Galaxie Sauerstoff nachgewiesen – und das viel früher, als bislang für möglich gehalten wurde. Die Galaxie JADES-GS-z14-0, die erst 2024 entdeckt wurde, gibt Einblick in eine Zeit, in der das Universum noch ganz jung war.
Die Entdeckung gelang mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), einem Zusammenschluss hochpräziser Radioteleskope in der Atacama-Wüste in Chile. An ALMA ist auch die Europäische Südsternwarte (ESO) beteiligt. Die neuen Daten zeigen, dass JADES-GS-z14-0 chemisch weiter entwickelt war, als es für eine so frühe Galaxie bisher angenommen wurde.

Eine Reise in die Anfänge des Universums
Die Galaxie ist so weit entfernt, dass ihr Licht 13,4 Milliarden Jahre gebraucht hat, um die Erde zu erreichen. Das bedeutet, dass das Licht dieser Galaxie aus einer Zeit stammt, in der das Universum erst 300 Millionen Jahre alt war – also noch ganz am Anfang seiner Entwicklung stand und nur 2 Prozent seines heutigen Alters erreicht hatte. In dieser frühen Phase sollten Galaxien laut bisherigen Theorien noch kaum schwere Elemente wie Sauerstoff enthalten, da diese erst durch die Kernfusion in Sternen entstehen.
Doch genau dieser Sauerstoff wurde nun in JADES-GS-z14-0 nachgewiesen – und das in einer überraschend hohen Konzentration. Die Galaxie scheint sich also viel schneller entwickelt zu haben, als es die bisherigen Modelle vorhersagen.

Unerwartete Mengen an Sauerstoff
Der Astronom Sander Schouws vom Observatorium Leiden, Erstautor der Studie, beschreibt den Fund so:
Es ist, als würde man einen Jugendlichen dort finden, wo man nur Babys erwartet.
Astronom Sander Schouws
Damit meint er, dass JADES-GS-z14-0 bereits eine ausgereifte chemische Zusammensetzung aufweist, obwohl das Universum damals noch sehr jung war.
Normalerweise bestehen junge Galaxien anfangs fast nur aus Wasserstoff und Helium, den beiden leichtesten Elementen. Erst wenn Sterne entstehen und später explodieren, werden schwerere Elemente wie Sauerstoff gebildet und ins All geschleudert. Dass JADES-GS-z14-0 schon nach 300 Millionen Jahren so viel Sauerstoff enthält, zeigt, dass diese Prozesse schneller ablaufen können als bisher angenommen.
ALMA liefert präzise Daten
Neben dem chemischen Nachweis half ALMA den Forschern, die genaue Entfernung der Galaxie zu bestimmen. Dank der Messungen des Sauerstoffs liegt die Unsicherheit bei nur 0,005 Prozent. „Diese Präzision – vergleichbar mit einer Genauigkeit von 5 cm auf einer Strecke von 1 km – hilft uns, unser Verständnis der Eigenschaften entfernter Galaxien zu verfeinern“, erklärt Eleonora Parlanti von der Scuola Normale Superiore in Pisa.
Auch das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) spielte eine entscheidende Rolle: Es hatte die Galaxie ursprünglich entdeckt. Doch erst ALMA konnte ihre Entfernung exakt messen und damit die bisherigen Theorien bestätigen.
Ein Fenster in die Kindheit des Universums
Für die ESO sind die Ergebnisse ein Meilenstein. „Ich war wirklich überrascht von diesem eindeutigen Nachweis von Sauerstoff“, sagt der ESO-Astronom Gergö Popping.
Er deutet darauf hin, dass sich Galaxien nach dem Urknall schneller bilden können als bisher angenommen.
Gergö Popping
Die Entdeckung wirft neue Fragen zur Entwicklung des frühen Universums auf. Wie konnte sich Sauerstoff so schnell bilden? Welche Prozesse haben die Entwicklung beschleunigt? Künftige Forschungen sollen nun helfen, diese Rätsel zu lösen.
Kurz zusammengefasst:
- Astronomen haben mit dem Teleskopnetzwerk ALMA in der weit entfernten Galaxie JADES-GS-z14-0 Sauerstoff nachgewiesen, obwohl das Universum zu dieser Zeit erst 300 Millionen Jahre alt war.
- Dieser Fund zeigt, dass sich Galaxien und schwere Elemente viel schneller gebildet haben, als bisher angenommen, da junge Galaxien eigentlich fast nur aus Wasserstoff und Helium bestehen sollten.
- Die präzisen Messungen der Europäischen Südsternwarte (ESO) und ALMA liefern neue Erkenntnisse über die frühe Entwicklung des Universums und stellen bisherige Theorien infrage.
Bild: © ESO/M. Kornmesser