Andromedas Satelliten tanzen aus der Reihe und stellen Grundlagen der Kosmologie in Frage
Die Andromeda-Galaxie verhält sich vollkommen anders als gedacht. Ihre Satelliten sammeln sich auf einer Seite – und bringen damit die Theorien der modernen Kosmologie ins Wanken.

Die Andromeda-Galaxie ist von Dutzenden Zwerggalaxien umgeben – doch sie drängen sich auffällig auf einer Seite. © AIP
Die Andromeda-Galaxie, Nachbarin unserer Milchstraße, liefert derzeit eine echte Überraschung. Um sie herum kreisen dutzende kleine Zwerggalaxien – doch nicht wie erwartet in alle Richtungen. Stattdessen drängen sich die meisten auf einer Seite. Das ist extrem ungewöhnlich und lässt Forscher an den Grundlagen unseres kosmischen Verständnisses zweifeln.
Eigentlich geht man in der modernen Astrophysik davon aus, dass sich Zwerggalaxien zufällig um größere Galaxien verteilen. Denn im Lauf der Jahrmilliarden stoßen kleinere Galaxien zusammen, verschmelzen und formen größere. Dabei bleiben Satellitengalaxien übrig, die dann in lockerer Formation um die Zentralgalaxie kreisen – wie kosmische Mücken um eine Laterne. Doch im Fall der Andromeda-Galaxie passt dieses Bild nicht. Über 80 Prozent ihrer Satellitengalaxien befinden sich auf einer Seite – und das ist kein Zufall, sondern ein Muster.
Satelliten häufen sich auf einer Seite
Ein Team des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) hat diese rätselhafte Anordnung genauer untersucht. Grundlage waren präzise Entfernungsdaten von 37 Zwerggalaxien. Die Auswertung zeigte: Fast alle liegen innerhalb eines kegelförmigen Raums von 107 Grad – und der zeigt direkt auf die Milchstraße. „Diese Asymmetrie blieb bestehen und wurde sogar noch ausgeprägter, als leuchtschwächere Galaxien entdeckt und ihre Entfernungen verfeinert wurden“, sagt Kosuke Jamie Kanehisa, Doktorand am AIP und Hauptautor der Studie.
Das ist mehr als ein Zufall: Die Forscher fanden heraus, dass eine solch extreme Einseitigkeit in weniger als 0,3 Prozent vergleichbarer Systeme vorkommt. In über 300 simulierten Galaxien aus aktuellen Computermodellen tauchte nur ein einziges System auf, das ähnlich asymmetrisch war.
Ein zweiter Überraschungseffekt
Damit nicht genug. Die Hälfte der Satelliten der Andromeda-Galaxie bewegt sich auch noch in einer gemeinsamen Ebene – ähnlich wie Planeten, die auf einer flachen Bahn um die Sonne kreisen. Diese Kombination ist so selten, dass sie selbst erfahrene Wissenschaftler ratlos zurücklässt.
Dr. Marcel S. Pawlowski vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam beschreibt das so: „Wir müssen mehr als dreihundert simulierte Systeme betrachten, um nur eines zu finden, das in seiner Asymmetrie ähnlich extrem ist wie das beobachtete.“ Das ist ein klares Zeichen: Andromeda ist anders.
Die Theorie gerät ins Wanken
Bisher gilt das sogenannte kosmologische Standardmodell als wichtigste Grundlage zur Erklärung der Galaxienbildung. Es beschreibt, wie sich Strukturen im Universum durch Gravitation und dunkle Materie entwickeln. Doch Andromedas Satellitenanordnung passt nicht hinein. Stattdessen wirkt sie wie ein kosmischer Sonderfall – oder wie ein Hinweis, dass das Standardmodell auf kleinen Skalen Lücken hat.
Was bedeutet das nun? Die Forscher am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam bleiben vorsichtig. Sie betonen, dass noch nicht klar ist, ob Andromeda wirklich einzigartig ist – oder ob ähnliche Konstellationen bisher übersehen wurden. Neue Himmelsdurchmusterungen wie die Euclid-Mission sollen dabei helfen, vergleichbare Systeme zu finden.
Klar ist: Die Andromeda-Galaxie spielt nicht nach den bekannten Regeln – und zwingt die Forschung, noch einmal ganz genau hinzusehen.
Kurz zusammengefasst:
- Die Andromeda-Galaxie wird von über 80 Prozent ihrer Zwerggalaxien nur auf einer Seite umkreist – ein extrem seltenes Phänomen.
- Laut dem Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam tritt eine solche Einseitigkeit in weniger als 0,3 Prozent vergleichbarer Systeme auf.
- Zusätzlich bewegen sich viele dieser Satelliten in einer gemeinsamen Ebene, was gängige Modelle zur Galaxienbildung infrage stellt.
Übrigens: Eigentlich sollte in dieser Galaxie kein Sauerstoff existieren – doch Messungen zeigen überraschend hohe Mengen. Diese Entdeckung wirft ein völlig neues Licht auf das frühe Universum. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © AIP