Muster erinnert an frühere Fehlplanungen – Ladeinfrastruktur für E-Autos in den USA benachteiligt Geringverdiener

Die USA bauen massiv Ladestationen für E-Autos aus – doch eine Studie zeigt: Geringverdiener profitieren kaum, Wohlhabende werden bevorzugt.

Die Ladeinfrastruktur in den USA bevorzugt Wohlhabende, während Geringverdiener trotz nahegelegener Stationen oft vor Hürden stehen. © Wikimedia

Die Ladeinfrastruktur in den USA bevorzugt Wohlhabende, während Geringverdiener trotz nahegelegener Stationen oft vor Hürden stehen. © Wikimedia

Wer ein Elektroauto besitzt, braucht eine zuverlässige Möglichkeit, es aufzuladen. Doch nicht jeder hat die gleichen Chancen, eine passende Ladestation zu finden. Eine aktuelle Studie aus den USA zeigt, dass die öffentliche Ladeinfrastruktur für E-Autos vor allem wohlhabenderen Autofahrern zugutekommt. Menschen mit geringerem Einkommen haben zwar oft Ladestationen in ihrer Nähe, doch diese liegen selten dort, wo sie ihren Alltag verbringen. Die Folge: Während Besserverdiener ihr Auto bequem beim Einkaufen oder am Arbeitsplatz laden können, müssen ärmere Autofahrer Umwege und Wartezeiten in Kauf nehmen – wenn sie sich ein Elektroauto überhaupt leisten können. Die USA scheinen die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, sind sich die Forscher sicher.

Warum die Nähe zu Ladestationen nichts über deren Nutzen aussagt

Der weltweite Boom der Elektromobilität ist unübersehbar: Die Zahl der verkauften Elektroautos stieg von einer Million im Jahr 2017 auf zehn Millionen im Jahr 2022. Die USA planen bis 2030 den Bau von 500.000 neuen Ladestationen, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Doch die Frage ist: Wer kann diese Ladepunkte wirklich nutzen?

Xinwu Qian, Assistenzprofessor für Bau- und Umweltingenieurwesen an der Rice University, untersuchte mit seinem Team über 28.000 Ladestationen in 20 US-Städten. Die Ergebnisse sind eindeutig: Entscheidend ist nicht die bloße Verfügbarkeit einer Ladestation, sondern ob sie sich in den Tagesablauf der Menschen einfügt.

„Laden ist mehr als das Anschließen eines Autos. Selbst mit den schnellsten Ladegeräten dauert es mindestens 30 Minuten bis eine Stunde. Das bedeutet, dass die Lage und Nutzbarkeit der Ladestationen soziale und wirtschaftliche Auswirkungen hat“, sagt Qian. Wer wenig Zeit hat, kann sich lange Wartezeiten an unpraktischen Orten nicht leisten.

Ladeinfrastruktur für E-Autos – eine Frage der Gerechtigkeit

Wohlhabendere Autofahrer laden ihre Fahrzeuge oft dort, wo sie ohnehin viel Zeit verbringen – an Einkaufszentren, Bürogebäuden oder gut ausgestatteten Parkplätzen. Dort fügt sich das Laden bequem in den Alltag ein. In ärmeren Vierteln hingegen gibt es oft nur wenige Ladestationen, die zudem weit entfernt von Supermärkten oder Arbeitsstätten liegen. Wer sich ein Elektroauto nur mit Mühe leisten kann, hat das nächste Problem: eine unpraktische Ladeinfrastruktur.

„Entfernung ist nur ein Teil des Problems“, so Qian. „Viel wichtiger ist, wie lange Menschen an bestimmten Orten bleiben können. Wer wohlhabender ist, kann es sich leisten, sein Auto in Ruhe zu laden. Geringverdiener haben diese Freiheit nicht.“

Unternehmen bauen dort, wo es sich lohnt – nicht, wo es nötig wäre

Warum ist das so? Unternehmen errichten Ladestationen dort, wo sie den meisten Gewinn erwarten – also in Gegenden mit zahlungskräftiger Kundschaft. So fließen Investitionen in wohlhabende Stadtteile, während einkommensschwache Viertel abgehängt bleiben. Das führt dazu, dass Menschen mit geringerem Einkommen von der Verkehrswende ausgeschlossen werden, während Wohlhabendere ohne große Einschränkungen auf Elektroautos umsteigen können.

Dieses Muster erinnert an frühere Fehlentwicklungen in der Stadtplanung. Bereits beim Bau der großen Highways wurden ärmere Viertel oft zerschnitten oder isoliert. Jetzt geschieht Ähnliches mit der Ladeinfrastruktur: Wer über weniger finanzielle Mittel verfügt, hat schlechtere Zugangsmöglichkeiten zur Elektromobilität.

„Wir sehen hier eine Wiederholung der Fehler aus der Vergangenheit“, warnt Qian. „Ladestationen entstehen dort, wo es sich wirtschaftlich lohnt – nicht dort, wo sie am dringendsten gebraucht werden.“

Gezielte Förderung statt marktgetriebener Planung

Qians Team arbeitet an Modellen, um zu verstehen, wie Menschen ihre Ladeentscheidungen treffen. Doch Studien allein reichen nicht – politische Maßnahmen sind notwendig. Subventionen sollten gezielt in benachteiligte Viertel fließen, statt wahllos verteilt zu werden. Qian fordert Förderprogramme, die Unternehmen verpflichten, auch in einkommensschwachen Gegenden Ladepunkte zu errichten.

„Der Markt wird dieses Problem nicht lösen“, sagt Qian. „Öffentliche und private Akteure müssen zusammenarbeiten, um ein Lade-Netz zu schaffen, das allen zugutekommt.“

Kurz zusammengefasst:

  • Die öffentliche Ladeinfrastruktur für E-Autos in den USA begünstigt wohlhabende Autofahrer, während Geringverdiener trotz Ladestationen in ihrer Nähe oft keinen praktischen Zugang haben.
  • Unternehmen platzieren Ladestationen bevorzugt in zahlungskräftigen Gegenden, was einkommensschwache Viertel weiter benachteiligt und die soziale Ungleichheit verstärkt.
  • Experten fordern gezielte Förderprogramme, um die Ladeinfrastruktur gerechter zu gestalten, da der Markt allein das Problem nicht lösen wird.

Übrigens: Eine neue Studie zeigt, dass E-Auto-Besitzer oft wohlhabender sind – und mehr fahren als Verbrenner-Fahrer. Doch ihr CO2-Fußabdruck ist nicht immer kleiner, denn viele besitzen zusätzlich einen Verbrenner. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Missvain via Wikimedia unter CC0 1.0

1 thought on “Muster erinnert an frühere Fehlplanungen – Ladeinfrastruktur für E-Autos in den USA benachteiligt Geringverdiener

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert