Google startet KI-Tutor – Was der neue Lernmodus besser macht als ChatGPTs Study Mode
Google launcht KI-Tutor in Gemini: Der Lernmodus erklärt Aufgaben Schritt für Schritt – und ergänzt ChatGPTs Study Mode um Videos und interaktive Tools.

Mit dem Lernmodus „Guided Learning“ begleitet Gemini Studierende Schritt für Schritt – statt nur Lösungen zu liefern, fördert das System das Verständnis. © Pexels
Während KI-Programme wie ChatGPT oder Gemini längst Hausaufgaben lösen, Aufsätze schreiben und Matheprobleme durchrechnen, stellen sich viele Lehrer und Studierende eine entscheidende Frage: Kann Künstliche Intelligenz beim Lernen wirklich helfen – oder macht sie uns am Ende nur faul?
Google will darauf nun eine klare Antwort geben – und geht dafür in die Offensive: Mit dem neuen Modus Guided Learning wird der hauseigene KI-Assistent Gemini zum digitalen Tutor. Statt einfach nur Antworten zu liefern, führt das System Schritt für Schritt durch Aufgaben und hilft beim Denken – ganz ähnlich wie ChatGPTs Study Mode. Doch es gibt wichtige Unterschiede.
Google startet KI-Tutor – und bringt Struktur ins Lernen
Der neue Lernmodus richtet sich an Studierende ab 18 Jahren – vorerst in den USA, Brasilien, Japan, Korea und Indonesien. Wer sich dort anmeldet, erhält für ein Jahr kostenlosen Zugang zum Google AI Pro-Abo, inklusive 2 Terabyte Speicher für Lernmaterial, Projekte und Dokumente. In Deutschland ist das Angebot bislang noch nicht verfügbar – eine Ausweitung in weitere Länder ist aber angekündigt.
Anders als bei klassischen Chatbots steht beim Guided Learning nicht das schnelle Ergebnis im Fokus, sondern der Weg dahin. Fragen werden nicht einfach beantwortet – sondern in kleinere, verständliche Abschnitte zerlegt. Ergänzt werden diese durch:
- Bilder, Grafiken und Videos
- interaktive Quiz-Elemente
- nachvollziehbare Zwischenfragen
- angepasste Erklärungen je nach Lernstand
Das Ziel: Nicht nur wissen, dass etwas so ist – sondern verstehen, warum.

So unterscheidet sich Guided Learning vom ChatGPT-Study-Mode
Auch OpenAI, der Anbieter von ChatGPT, hatte nur wenige Tage zuvor einen neuen Lernmodus vorgestellt. Dessen Konzept ist ähnlich: Wer den Study Mode aktiviert, bekommt keine fertigen Antworten mehr, sondern wird mit Fragen durch den Lernstoff geführt. In manchen Fällen verweigert ChatGPT sogar die Antwort, wenn der Nutzer nicht vorher selbst nachgedacht hat.
Google geht jedoch noch einen Schritt weiter: Guided Learning ist multimedial aufgebaut, nutzt YouTube-Videos, Erklärbilder und sogar kurze KI-generierte Videos. Dazu kommt ein stärker personalisierter Lernpfad, der sich – laut Google – an den individuellen Wissensstand anpasst.
Warum dieser KI-Tutor nicht einfach eine Suchmaschine ist
Viele Lernende nutzen ChatGPT oder Google längst für den schnellen Blick auf die Lösung. Doch genau hier setzt das Guided Learning an: Statt Suchmaschine oder Antwortgenerator zu sein, will Gemini Lernbegleiter sein – ein Tutor, der hilft, selbst auf die Antwort zu kommen.
Das bedeutet: Der KI-Tutor leitet durch das Problem, stellt Zwischenfragen, zeigt passende Erklärvideos und testet, ob das Konzept wirklich verstanden wurde. Gerade bei komplexen Themen wie Mathematik, Textanalyse oder naturwissenschaftlichen Zusammenhängen kann das strukturierte Vorgehen eine echte Hilfe sein – etwa durch:
- schrittweise Erklärung von Rechenwegen
- Hilfestellung beim Aufbau von Argumentationen
- gezielte Prüfungsvorbereitung mit Rückfragen
- grafische Unterstützung bei komplizierten Konzepten
Sundar Pichai: „Studierende sind die erste echte KI-Generation“
Für Google-CEO Sundar Pichai ist die Initiative mehr als ein Technikprojekt. Er erklärt: „Heute lernen Studierende nicht mehr nur mit KI – sie wachsen in der KI auf. Sie sind die erste echte Generation von ‚KI-Natives‘.“ Genau deshalb sei es entscheidend, ihnen die richtigen Werkzeuge an die Hand zu geben. „Ich hoffe, dass diese KI-Tools neue Möglichkeiten eröffnen“, sagte Pichai.
Neben dem Guided Learning stellt Google weitere Werkzeuge bereit, die besonders für Studierende gedacht sind:
- NotebookLM: hilft beim Strukturieren von Gedanken und Informationen – jetzt mit fünfmal mehr Audio- und Video-Inhalten
- Veo 3: erstellt aus Texten oder Bildern automatisch achtsekündige Videos mit Ton
- Deep Research: analysiert hunderte Webseiten und liefert strukturierte Zusammenfassungen
- Jules: unterstützt beim Programmieren, findet Fehler im Code und schlägt Lösungen vor
Hochschulen machen mit – und Google investiert eine Milliarde
Mehr als 100 US-Hochschulen haben sich bereits für das Programm angemeldet – darunter große Namen wie die University of Michigan und die Ohio State University. Sie alle nutzen bereits die Plattform Google Workspace for Education, die nun mit den neuen KI-Funktionen erweitert wird.
Parallel investiert der Konzern rund 1 Milliarde US-Dollar über drei Jahre in Bildung: Das Geld fließt in KI-Trainingsprogramme, Cloud-Ressourcen und Forschungsförderung. Ein spezielles Programm – der „AI for Education Accelerator“ – soll allen Studierenden in den USA kostenlos Zugang zu KI-Trainings und digitalen Berufszertifikaten ermöglichen.
Google-Chef will Chancen weitergeben, die sein eigenes Leben verändert haben
Für Sundar Pichai geht es bei der Bildungsinitiative nicht nur um Technik – sondern auch um persönliche Erfahrung. Während seines Studiums hatte er regelmäßigen Zugang zu Computern, was für ihn nach eigener Aussage „sein Leben verändert“ habe. Heute will er genau diese Möglichkeit weitergeben: „Es ist Teil unserer Mission, die besten Technologien zu allen Studierenden zu bringen.“
Pichai setzt darauf, dass junge Menschen durch gezielten KI-Zugang neue Perspektiven gewinnen – im Studium und weit darüber hinaus. Denn wer früh lernt, mit diesen Werkzeugen verantwortungsvoll umzugehen, könne die technologische Zukunft aktiv mitgestalten.
Kurz zusammengefasst:
- Google startet mit dem KI-Tutor „Guided Learning“ in Gemini ein neues Lernangebot, das Studierende nicht nur mit Antworten versorgt, sondern beim Verstehen hilft.
- Im Unterschied zu ChatGPTs Study Mode kombiniert der Google-Tutor multimediale Inhalte wie Videos, Bilder und Quiz-Elemente mit individuell angepassten Lernschritten.
- Mehr als 100 US-Hochschulen machen bereits mit, Google stellt zusätzlich eine Milliarde US-Dollar für KI-Bildung und Forschung zur Verfügung.
Übrigens: Während Google mit dem neuen KI-Tutor zeigt, wie Lernen mit Künstlicher Intelligenz funktionieren kann, fehlt es in deutschen Unternehmen oft an genau diesen Kompetenzen. 44 Prozent der Beschäftigten erhielten 2024 keinerlei Weiterbildung – auch nicht im Bereich KI. Mehr dazu in unserem Artikel.
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