Großer Schritt zu mehr Unabhängigkeit: Europas erste Lithium-Raffinerie startet in Bitterfeld

In Bitterfeld nimmt Europas erste Lithium-Raffinerie den Betrieb auf. Der Standort soll helfen, die Abhängigkeit von China reduzieren.

Jährlich werden in Bitterfeld-Wolfen 20.000 Tonnen Lithiumhydroxid produziert – genug für Batterien von rund 500.000 Elektroautos.

Jährlich werden in Bitterfeld-Wolfen 20.000 Tonnen Lithiumhydroxid produziert – genug für Batterien von rund 500.000 Elektroautos. © Wikimedia

In Bitterfeld-Wolfen, einem historischen Industriezentrum Deutschlands, wurde am Mittwoch (18.09.2024) Europas erste Lithium-Raffinerie in Betrieb genommen. Die Region, bekannt für ihren Chemiepark, spielt eine zentrale Rolle bei der Herstellung des wichtigen Rohstoffs für Batterien. Lithium ist ein entscheidender Bestandteil moderner Akkus, die in Elektrofahrzeugen, Smartphones und Laptops verwendet werden.

Europa baut stark auf Lithium in Bitterfeld

Das Lithium für die neue Raffinerie wird laut MDR von AMG Lithium in Brasilien abgebaut, nach Europa transportiert und in Bitterfeld-Wolfen weiterverarbeitet. Ziel der Anlage ist die Herstellung von hochreinem, batteriefähigem Lithiumhydroxid mit einer hohen Energiedichte. Die Produktion gilt als ein Schlüssel zur Unabhängigkeit Europas von den bisherigen Hauptlieferanten China und Australien, die bislang den Weltmarkt beherrschen.

AMG investiert kräftig in die Zukunft der Batterien

Das niederländisch-US-amerikanische Unternehmen AMG Lithium, das die Raffinerie betreibt, investierte laut MDR rund 140 Millionen Euro in die Anlage. Stefan Scherer, Geschäftsführer von AMG Lithium, betont die Bedeutung dieses Projekts für die europäische Industrie: „Die Batteriehersteller brauchen Kathodenmaterialien, und damit auch Lithium. Wir müssen Teil dieser Wertschöpfungskette sein.“ Wie berichtet, hat das Unternehmen bereits Pläne, die Kapazität der Raffinerie in zwei weiteren Ausbaustufen zu erweitern, um den Bedarf der europäischen Batterieindustrie langfristig zu decken.

Die Raffinerie wird jährlich etwa 20.000 Tonnen Lithiumhydroxid produzieren, genug, um Batterien für rund 500.000 Elektrofahrzeuge zu bauen. Dieser Schritt markiert einen wichtigen Beitrag Sachsen-Anhalts zur Energiewende, so die Wirtschaftsstaatssekretärin Stefanie Pötzsch. Sie sieht noch weiteres Potenzial für Investitionen in der Region und verweist auf die hervorragende Infrastruktur des Chemieparks Bitterfeld-Wolfen, in dem sich bereits rund 360 Unternehmen angesiedelt haben.

Lithium-Förderung sichert Europas Energiewende

Trotz eigener Lithiumvorkommen in Europa ist Deutschland bisher stark von Importen aus Südamerika und China abhängig, wie die Tagesschau berichtet. Insbesondere China dominiert den Weltmarkt nicht nur bei der Förderung, sondern auch bei der Verarbeitung des Rohstoffs. Dies führt zu Abhängigkeiten, die Europa zunehmend vermeiden möchte. Marco Schwarzbach, Rohstoffexperte bei der DekaBank, erklärt, dass die günstigeren Produktionsbedingungen in China vor allem auf niedrigere Umweltauflagen und geringere Arbeitsschutzstandards zurückzuführen sind.

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Auch Bundeskanzler Olaf Scholz betonte kürzlich die Notwendigkeit, unabhängiger von diesen externen Rohstofflieferanten zu werden. Er appellierte an die europäische Wirtschaft, eigene Rohstoffquellen zu erschließen und zu nutzen. Im Erzgebirge und im Oberrheingraben werden wertvolle Lithiumvorkommen vermutet, die langfristig zur Versorgung Europas beitragen könnten.

Wenn wir nicht mehr von diktatorischen Staaten abhängig sein wollen, müssen wir uns dafür einsetzen, die Rohstoffe in unseren eigenen Demokratien zu fördern.

Bundeskanzler Olaf Scholz

Hohe Kosten erschweren Lithium-Abbau in Europa

Obwohl Europa über eigene Lithiumvorkommen verfügt, ist deren Nutzung mit hohen Kosten verbunden. In Ländern wie Finnland, Portugal oder Österreich lagern bedeutende Mengen des Metalls. Dennoch scheitern viele Projekte an den hohen Förderkosten und der fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung. Umweltbedenken spielten laut Tagesschau in vielen Regionen eine große Rolle. In Südamerika und Australien kam es bereits zu schwerwiegenden Umweltproblemen durch den Wasserverbrauch und den Eingriff in die Natur.

Stefan Scherer von AMG Lithium verweist darauf, dass das Unternehmen auch Lithium aus Portugal und dem sächsischen Zinnwald beziehen könnte, um die Abhängigkeit von Importen weiter zu reduzieren. Trotz aller Bemühungen wird Europa jedoch auch in Zukunft auf Importe angewiesen sein.

Recycling könnte Europas Lithiumbedarf drastisch senken

Ein möglicher Ausweg aus der Abhängigkeit könnte in neuen Technologien und Recyclingverfahren liegen. Derzeit werden kaum Lithium-Ionen-Batterien recycelt. Experten fordern verstärkte Investitionen in die Entwicklung von Recyclingtechnologien, um den Bedarf an neuen Rohstoffen zu senken.

Patrice Heine, Geschäftsführer des Chemieparks Bitterfeld-Wolfen, sieht die neue Raffinerie als wichtigen Schritt in die richtige Richtung: „Wir machen uns nicht mehr abhängig von China und Australien, die bisher das Monopol hatten“, betont er gegenüber MDR. Die Aussicht auf ein stark wachsendes Lithiumgeschäft in Europa sei vielversprechend, und der Bedarf werde in den kommenden Jahren weiter stark ansteigen.

Übrigens: Greenpeace warnt eindringlich vor den zerstörerischen Folgen des geplanten Tiefseebergbaus, der ganze Meeresökosysteme bedroht. Warum Experten sagen, dass der Abbau in der Tiefsee überflüssig ist, erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Ivan Radic via Wikimedia unter CC BY 2.0

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