KI spürt kritische Mineralien auf – Nicht der Pickel, sondern der Algorithmus trifft hier ins Schwarze

Ein Start-up nutzt KI, um in Australien kritische Mineralien wie Kupfer, Kobalt und Palladium zu finden – dort, wo niemand mehr suchte.

Algorithmus statt Pickel: KI spürt kritische Mineralien auf

In der Collie-Mine in Westaustralien werden Rohstoffe schon seit Jahrzehnten abgebaut – doch jetzt zeigt KI, wo noch ungehobene Schätze schlummern. © Wikimedia

Was jahrzehntelang als wertloses Brachland galt, entpuppt sich plötzlich als Fundgrube für die Rohstoffe der Zukunft. Australien, mitten im Nirgendwo. Rotes Erdreich, flimmernde Hitze, kein Mensch weit und breit. Doch dann schlug eine KI Alarm – kritische Mineralien wie Kupfer, Kobalt und Gold lagen genau dort, wo man nur Staub und Dornbüsche vermutete.

Gefunden hat das kein Geologenteam mit Landkarte und Pickel, sondern ein junges Unternehmen mit Laptop und lernender Software. Earth AI heißt das Start-up, das Rohstoffe aufspürt, indem es Millionen geologischer Datensätze durchkämmt – Berichte, Bohrprotokolle, Luftbilder, die Jahrzehnte lang unbeachtet in Archiven lagen. Was andere übersahen, fand die KI. Und was sie fand, könnte für E-Autos, Solaranlagen und Stromnetze entscheidend sein.

Für die Versorgung mit kritischen Rohstoffen ist das ein echter Durchbruch. Denn viele dieser Metalle – wie Kobalt, Molybdän oder Zinn – gelten als Engpass für die Energiewende. Sie stecken in E-Auto-Batterien, Windrädern und Stromleitungen. Doch die bekannten Lagerstätten sind begrenzt. Neue Quellen galten als selten – bis jetzt.

KI spürt kritische Mineralien auf – Algorithmus durchsucht altes Datenmaterial und findet neue Schätze

„Niemand hat diese Daten genutzt“, sagt Roman Teslyuk, Gründer von Earth AI. Dabei lag das Material jahrzehntelang in staatlichen Archiven: Berichte, Bohrprotokolle, geochemische Analysen aus über 50 Jahren. Earth AI ließ seine Software alles durchforsten – und fand, was Menschen übersehen hatten. „Die wahre Grenze liegt nicht in der Geografie, sondern in der Technologie“, so Teslyuk laut TechCrunch.

Besonders hohe Konzentrationen entdeckte das System im Northern Territory: 1,39 Prozent Kupfer, 0,39 Prozent Kobalt, 0,685 Gramm Gold pro Tonne Gestein. Werte, bei denen andere längst den Abbau planen. In New South Wales, rund 500 Kilometer von Sydney entfernt, spürte die KI Silber, Zinn, Molybdän und sogar Wolfram auf – ebenfalls in relevanten Mengen.

Mit Hilfe von KI entdeckte Earth AI in zwei abgelegenen Regionen Australiens wertvolle Vorkommen kritischer Mineralien – dort, wo niemand mehr suchte. © Earth AI projects
Mit Hilfe von KI entdeckte Earth AI in zwei abgelegenen Regionen Australiens wertvolle Vorkommen kritischer Mineralien – dort, wo niemand mehr suchte. © Earth AI projects

Kritische Rohstoffe werden dort gefunden, wo niemand suchte

Warum das wichtig ist? Weil die meisten Bergbauunternehmen heute nur noch dort suchen, wo es sich sicher lohnt – in bekannten Gebieten. Die Folge: Potenzialreiche Regionen bleiben unerschlossen. Oder sie gelten als „uninteressant“, weil frühere Bohrungen keine Ergebnisse brachten. Doch die Software von Earth AI erkennt Muster, die für Menschen unsichtbar sind. Sie lernt aus gescheiterten Bohrungen, aus geologischen Auffälligkeiten, aus kleinsten Spuren in Luftaufnahmen.

Und sie liefert Ergebnisse: Während klassische Methoden bei nur 0,5 Prozent aller Bohrungen Erfolg haben, liegt die Trefferquote bei Earth AI bei 66 Prozent. Ein Wert, der in der Branche für Aufsehen sorgt.

Bohrgeräte so klein wie ein Tennisball prüfen die Funde

Earth AI baut nicht nur Software. Um die Prognosen zu beweisen, entwickelt das Unternehmen auch eine eigene Bohrtechnik – automatisiert, mobil und umweltschonend. Die Löcher sind nur so groß wie ein Tennisball, reichen aber bis zu 600 Meter tief. Sie bestätigen, was die KI vorhersagt – schneller, günstiger und mit minimalem Eingriff in die Natur.

„Die Art und Weise, wie wir im 20. Jahrhundert nach Metallen gesucht haben, dauert einfach zu lange“, sagt Teslyuk. „Bei dem heutigen Tempo der Welt kann man sich das nicht mehr leisten.“

Was für die Industrie gilt, betrifft auch die Verbraucher

Was Earth AI in Australien findet, könnte schon bald für die Industrie in Europa entscheidend sein. Denn der Bedarf an kritischen Mineralien wächst rasant – für E-Autos, Ladeinfrastruktur, Solarpanels, Speichertechnik. Wer hier auf eigene Ressourcen setzen kann, wird unabhängiger von politisch schwierigen Ländern wie China oder Russland.

Jede neue Kupferader, jedes entdeckte Kobaltvorkommen kann dazu beitragen, Lieferengpässe zu entschärfen – und die Energiewende zu beschleunigen. Der Zugriff auf die nötigen Rohstoffe entscheidet mit darüber, ob der Umbau unserer Energiesysteme gelingt.

Millionenfinanzierung befeuert Ausbau und neue Bohrungen

2025 sicherte sich Earth AI eine Finanzierung in Höhe von 20 Millionen US-Dollar – Kapital, das nun in neue Bohrkampagnen fließt. Allein im Northern Territory sind mehrere Projekte geplant, das erste startet im Mai. Weitere Standorte stehen bereit – alle durch Algorithmen ausgewählt, nicht durch Bauchgefühl.

Besonders spektakulär: Gemeinsam mit einem Partnerunternehmen entdeckte Earth AI eines der größten Palladiumvorkommen Australiens. Das Edelmetall gilt als Schlüssel für Katalysatoren in Fahrzeugen und bestimmte Brennstoffzellen. Und auch hier galt das Gebiet lange als unergiebig.

Die KI sagte Gold und Kupfer voraus – was im Boden steckte, war eine echte Überraschung. Und das war erst der Anfang. © Earth AI via YouTube

Digitalisierung gibt dem Bergbau neue Perspektiven

Earth AI zeigt, was möglich ist, wenn Technologie dort ansetzt, wo lange Stillstand herrschte. Der klassische Bergbau hatte kaum Innovationsdruck – nun verändert sich das Spiel. Mit digitaler Erkundung, datengetriebener Vorhersage und präziser Bohrtechnik entsteht ein völlig neuer Ansatz: billiger, schneller und weniger umweltschädlich.

Für Verbraucher bedeutet das vor allem eines: Die Energiewende könnte an einem entscheidenden Punkt Tempo aufnehmen – weil Unternehmen wie Earth AI zeigen, dass kritische Rohstoffe noch in der Erde schlummern. Man muss sie nur zu finden wissen.

Kurz zusammengefasst:

  • Earth AI setzt KI ein, um in Australien kritische Mineralien wie Kupfer, Kobalt und Palladium an bislang übersehenen Orten aufzuspüren.
  • Die firmeneigene Software analysiert Millionen geologischer Datensätze und erzielt deutlich höhere Trefferquoten als herkömmliche Methoden.
  • Mit umweltschonender Bohrtechnik validiert das Unternehmen seine Vorhersagen – und könnte so die Rohstoffversorgung für Zukunftstechnologien sichern.

Übrigens: Während KI längst neue Rohstoffquellen erschließt, warnt eine aktuelle Studie vor einem ganz anderen Risiko: Wasserknappheit gefährdet den Abbau von Kupfer, Lithium und anderen kritischen Mineralien. Was das für die Energiewende und die Preise von Elektroautos bedeutet – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Calistemon via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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