Zum Weltkindertag 2024: Kinderrechte bleiben immer noch auf der Strecke

Trotz 70 Jahren Weltkindertag und klarer Forderungen sind Kinderrechte in Deutschland immer noch nicht im Grundgesetz verankert.

Weltkindertag

Kinderrechte sind in Deutschland noch nicht im Grundgesetz festgeschrieben. © Deutsches Kinderhilfswerk e.V./Paula G. Vidal

Am 20. September ist wieder Weltkindertag, und das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) sowie UNICEF Deutschland nutzen diesen Tag, um auf die Lage der Kinderrechte in Deutschland hinzuweisen. Auch 2024 gibt es noch viele Baustellen. Vor allem der Wunsch, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, bleibt unerfüllt, obwohl er seit Jahren auf der politischen Agenda steht.

Holger Hofmann, Geschäftsführer des DKHW, sieht laut ZDF großen Handlungsbedarf. Er hofft, dass das 70. Jubiläum des Weltkindertags 2024 ein Weckruf ist: „Ich hoffe, dass der 70. Geburtstag alle in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in besonderer Weise daran erinnert, wie wichtig es ist, ihr Handeln daran auszurichten, dass es den Kindern und Jugendlichen im Land gerecht wird.“

Hofmann betont, dass den Kindern eine eigene Lobby fehlt und ihre Rechte oft „unter den Tisch fallen“. Dies sei ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich auch in Krisen wie der Klimakrise zeigt. Der Schutz der Kinderrechte dürfe nicht länger aufgeschoben werden.

Kinderrechte im Grundgesetz: Überfällige Reform

Ein zentrales Anliegen ist die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz. Für das DKHW ist dies eine notwendige Maßnahme, die längst hätte umgesetzt werden sollen. Holger Hofmann erklärt: „Wir können sie nur dann bewältigen, wenn die demokratischen Kräfte in unserem Land gesellschaftliche Gräben überwinden und zudem unsere Kinder und Jugendlichen gut darauf vorbereitet sind, mit den Herausforderungen der Zukunft umzugehen.“ Diese Formulierung zeigt klar die Dringlichkeit einer gesellschaftlichen Veränderung.

Auch Professor Jörg Maywald, Experte für Kinderrechte und Kinderschutz an der Fachhochschule Potsdam, sieht die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz als überfällig: „Egal ob im Umwelt-, Bau- oder Ausländer- und Asylrecht: Die Belange und Interessen der Kinder müssten dann in die politischen und rechtlichen Abwägungen stets miteinbezogen werden.“ Damit würde der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Interessen der Kinder nicht mehr übergangen werden können.

Demokratieproblem bei Jugendlichen

Neben der rechtlichen Absicherung geht es dem DKHW auch um die politische Teilhabe von Kindern und Jugendlichen. Gerade die Möglichkeit, das Wahlalter abzusenken und so die politische Mitbestimmung zu stärken, steht im Fokus. Hofmann beschreibt, wie die Demokratiebildung leiden könnte: „Wir erleben auch bei Kindern und Jugendlichen zunehmend ein Demokratieproblem, vor allem dort, wo Strukturen und Angebote für sie in den kommunalen Haushalten zum Opfer fallen.“ Kinder und Jugendliche würden zwar häufig befragt, aber nur selten wirklich gehört.

Maywald weist auf die gravierenden Folgen für benachteiligte Kinder hin. Er sieht die Notwendigkeit einer umfassenderen Unterstützung: „In der Regel sind es dieselben Kinder, die sowohl materiell arm sind als auch geringere Bildungschancen haben und zugleich auch noch gesundheitlich besonders belastet sind.“ Diese Kinder würden doppelt benachteiligt und bräuchten besondere Hilfe durch Bildungs- und Freizeitangebote, die ihnen oft fehlen.

Kindergrundsicherung und bessere Ausstattung

Das DKHW fordert neben der rechtlichen Verankerung auch bessere finanzielle Unterstützung, etwa durch eine Kindergrundsicherung. Zudem müssten Kitas, Schulen und Freizeiteinrichtungen besser ausgestattet werden, sowohl personell als auch finanziell. Maywald betont die Langwierigkeit, mit der Fortschritte bei Kinderrechten erreicht werden: „Allein das Recht auf gewaltfreie Erziehung hat 20 Jahre gebraucht, bis es schließlich 2000 eine Mehrheit im Deutschen Bundestag gefunden hat.“

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Riesen-Puzzle mit Wünschen und Forderungen der Kinder vor dem Bundestag aufgebaut

Zum diesjährigen Weltkindertag haben das DKHW und UNICEF Deutschland eine besondere Aktion gestartet: In ganz Deutschland wurden Kinder sowie Erwachsene aus Politik und Gesellschaft dazu aufgerufen, Puzzleteile zu gestalten. Diese Teile, die per Post zugeschickt wurden, konnten mit Wünschen, Gedanken oder Forderungen zum Thema Kinderrechte bemalt oder beschriftet werden. Am Weltkindertag wurden die zurückgesendeten Puzzleteile vor dem Deutschen Bundestag zu einem großen Kinderrechte-Puzzle zusammengesetzt – ein starkes Zeichen für Kinder und ihre Rechte!

Eine bunte Erinnerung für mehr Kinderrechte: Die Puzzleaktion vor dem Deutschen Bundestag. © Deutsches Kinderhilfswerk e.V./Paula G. Vidal

Thüringen hat frei zum Weltkindertag

In Deutschland ist der Weltkindertag nur in Thüringen ein gesetzlicher Feiertag. Seit 2019 gilt hier das geänderte Feiertagsgesetz, das mit den Stimmen von Linke, SPD und Grünen beschlossen wurde. Durch den Weltkindertag am 20. September haben die Menschen in Thüringen einen zusätzlichen arbeits- und schulfreien Tag. Mit diesem Feiertag hat Thüringen nun elf gesetzliche Feiertage. In allen anderen Bundesländern ist der Weltkindertag jedoch kein arbeitsfreier Tag, Schulen und Geschäfte bleiben dort wie gewohnt geöffnet.

Was du dir merken solltest:

  • Kinderrechte sind in Deutschland trotz langjähriger Forderungen noch nicht im Grundgesetz verankert.
  • Besonders benachteiligte Kinder brauchen bessere Unterstützung in Bildung und Gesundheit.
  • Der Weltkindertag macht jährlich auf die Rechte der Kinder aufmerksam, bleibt jedoch nur in Thüringen ein gesetzlicher Feiertag.

Übrigens: Wusstest du, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland durchschnittlich drei Stunden täglich mit ihrem Smartphone verbringen? Die zunehmende Nutzung birgt Chancen, aber auch Risiken – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Deutsches Kinderhilfswerk e.V./Paula G. Vidal

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