Debakel um Wasserstoffzüge: Verkehrsverbund zieht die Notbremse
Die Wasserstoffzüge im Taunus stehen größtenteils still. Technische Probleme und Materialengpässe belasten den Betrieb.
Die Wasserstoffzüge im Taunus sollten ein Vorzeigeprojekt für emissionsfreien Verkehr werden. Doch statt Fortschritt erleben Pendler seit Monaten Ausfälle und Ersatzverkehr. Wie die Frankfurter Neue Presse (FNP) berichtet, sind die Züge der Firma Alstom größtenteils außer Betrieb. Grund sind technische Probleme, die seit Monaten anhalten.
Landrat Ulrich Krebs (CDU), der auch Aufsichtsratsvorsitzender des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) ist, forderte vergangene Woche Konsequenzen. Er stellte sogar eine Kündigung des auf 25 Jahre angelegten Vertrags mit Alstom in den Raum, falls die Probleme weiter bestehen. „Die Belastungen der Reisenden durch Ausfälle und Ersatzverkehre und die Belastungen des Personals der Start durch ständige Neuplanungen im Betriebsablauf sind nicht mehr länger hinnehmbar“, erklärte er.
Übrigens: Die Start Deutschland GmbH ist eine Tochtergesellschaft der DB Regio und Betreiberin des Schienenpersonennahverkehrs in Hessen.
Technikprobleme und Materialengpässe
Die FNP berichtet weiter, dass Alstom bereits für die Folgekosten aufkommt. Dazu gehören Reparaturkosten und Ersatzfahrzeuge, außerdem wird die Instandhaltung nicht mehr vollständig bezahlt. Doch eine Lösung scheint nicht in Sicht. Der französische Hersteller bedauere die Situation, führe aber Materialengpässe bei Ersatzteilen aus Nordamerika und „eingeschränkte Funktionalität einzelner Brennstoffzellen“ als Gründe an.
Landrat Krebs hält die Antriebstechnik für grundlegend unzuverlässig. Auch Alstom plant umfangreiche Maßnahmen, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Dazu zählen zusätzliche Werkstattmitarbeiter, Software-Updates und der Austausch von Hardware. Ein Modernisierungsprogramm für die Brennstoffzellen werde erst im kommenden Jahr starten, was die Pendler wenig beruhigt.
Verspätete Züge und Kritik am RMV
Nicht nur im Taunusnetz, sondern auch auf der Main-Weser-Strecke gibt es Probleme mit den Alstom-Zügen. Die 17 neuen Doppelstockzüge sollen erst im Sommer 2026 in Betrieb gehen, fast zwei Jahre später als geplant. Pendler im Taunus erinnern sich nur zu gut an die Verzögerungen, die seit fast zwei Jahren anhalten.
Enno Wagner, Leiter des Labors für Brennstoffzellentechnik an der Frankfurt University of Applied Sciences, sieht das Problem in der unausgereiften Technologie.
Die Brennstoffzellentechnologie hat Potenzial, ist aber hochkomplex und erfordert umfassende Feldtests.
Enno Wagner
Auch der Fahrgastverband „Pro Bahn“ kritisiert, dass es zu wenig Erfahrungswerte für den Einsatz der Wasserstoffzüge im gebirgigen Taunus gebe. Das führe dazu, dass die Technologie hier an ihre Grenzen stoße.
Barbara Grassel, die Regionalvorsitzende von „Pro Bahn“ in Frankfurt, kritisierte den RMV scharf. Ihrer Meinung nach habe RMV-Chef Knut Ringat versäumt, eine realistische Alternative zu entwickeln. „Es gab keinen Plan B für den Fall, dass der Wasserstoffbetrieb nicht funktioniert“, erklärte sie.
Keine Alternative in Sicht
Trotz der Probleme sieht der RMV offiziell keinen Grund, an der Wasserstofftechnologie zu zweifeln. Man verweise darauf, dass auch andere Hersteller auf Brennstoffzellen setzten. Auch die Frankfurter Verkehrsgesellschaft „Traffiq“, die aktuell 23 Wasserstoffbusse betreibt, äußerte sich positiv. „Die Wasserstoff-Busse überzeugen durch ihre Betriebsstabilität. Im Fahrkomfort liegen sie auf Augenhöhe mit konventionellen Dieselbussen und Batteriebussen“, erklärte ein Sprecher.
Laut RMV habe man sich auf die jahrelangen Tests von Alstom verlassen – „Was wir nach dieser schmerzlichen Erfahrung nicht wieder tun würden“, wie ein Sprecher des RMV klarstellt. Die Züge wurden weder im Taunusnetz unter realistischen Bedingungen getestet, noch sind eine eigene Werkstatt für die Wartung oder Wasserstoff-Tankstellen vorhanden.
Rückkehr zu Dieselzügen fraglich
Eine Rückkehr zu Dieselzügen erscheint aber unwahrscheinlich. Zwar fahren auf der Linie RB16 derzeit Dieselzüge der HLB als Ersatz, doch der Markt ist laut dem RMV fast leergefegt. Die Produktion von Dieselzügen sei eingestellt, und es sei fraglich, ob ausreichend abgestellte Züge verfügbar seien. Selbst eine Kündigung des Alstom-Vertrags würde den Pendlern im Taunus daher kaum sofortige Besserung bringen.
Was du dir merken solltest:
- Die Wasserstoffzüge im Taunus leiden unter technischen Problemen, weshalb Alstom für die Ausfälle verantwortlich gemacht wird.
- Landrat Krebs fordert Konsequenzen und erwägt eine Kündigung des Vertrags mit Alstom, während Pendler weiterhin unter Ausfällen leiden und auf Ersatzverkehre hoffen müssen.
- Eine Rückkehr zu Dieselzügen erscheint schwierig, da deren Produktion bereits eingestellt wurde und der Markt für diese Fahrzeuge schon fast leer ist.
Bild: © Olga Ernst via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0