Wegovy schützt das Herz – egal wie viel man abnimmt: Forscher entdecken neuen Nutzen des Medikaments

Eine große Studie zeigt: Wegovy senkt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall – unabhängig davon, wie viel Gewicht verloren wird.

Wegovy schützt das Herz – egal wie viel man abnimmt

Semaglutid, der Wirkstoff in Wegovy, wirkt stärker als gedacht: Er schützt Herz und Gefäße selbst dann, wenn das Gewicht kaum sinkt – und könnte so die Behandlung von Herzkrankheiten verändern. © Wikimedia

Ein Medikament, das ursprünglich zum Abnehmen gedacht war, könnte künftig Millionen Herzpatienten helfen. Eine neue Analyse der SELECT-Studie zeigt: Wegovy senkt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich – selbst dann, wenn das Gewicht kaum sinkt. Der Wirkstoff Semaglutid schützt offenbar das Herz direkt. Das stellt bisherige Vorstellungen über sogenannte GLP-1-Medikamente auf den Kopf.

Die Ergebnisse, veröffentlicht in The Lancet, stammen aus der bislang größten Untersuchung dieser Art. 17.604 Menschen über 45 Jahre mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber ohne Diabetes, nahmen teil. Alle hatten Übergewicht oder Adipositas. Sie erhielten über drei Jahre hinweg entweder einmal wöchentlich 2,4 Milligramm Semaglutid oder ein Placebo.

Forscher beobachten klaren Herzschutz schon nach wenigen Monaten

Schon nach 20 Wochen zeigte sich ein deutlicher Unterschied: Teilnehmer, die Wegovy einnahmen, erlitten rund 20 Prozent seltener schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse – also Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzversagen – als jene, die das Placebo bekamen. Bemerkenswert ist: Der Nutzen blieb unabhängig davon bestehen, ob jemand viel oder wenig Gewicht verlor.

„Der Nutzen für Herz und Gefäße hängt nicht vom Abnehmerfolg ab“, sagt Studienleiter John Deanfield vom University College London (UCL). „Das verändert den Blick auf diese Medikamente grundlegend – sie wirken krankheitsmodifizierend, nicht bloß gewichtsreduzierend.“

Das verleiht Wegovy eine neue Dimension. Statt nur das Körpergewicht zu beeinflussen, scheint es tief in die Mechanismen von Entzündung, Blutdruck und Gefäßgesundheit einzugreifen. Das erklärt, warum der Herzschutz schon einsetzt, bevor größere Gewichtsveränderungen sichtbar werden.

Bauchfett spielt eine größere Rolle als die Zahl auf der Waage

In der Analyse zeigte sich, dass der Taillenumfang stärker mit dem Herzrisiko verknüpft war als das Gesamtgewicht. Menschen, deren Bauchumfang während der Behandlung um 5 Zentimeter schrumpfte, hatten etwa 9 Prozent weniger Herz-Kreislauf-Ereignisse.

Nach Berechnungen der Forscher erklärt die Verringerung des Bauchfetts rund ein Drittel der schützenden Wirkung von Semaglutid. Die übrigen zwei Drittel entstehen offenbar durch andere Prozesse – etwa eine verbesserte Gefäßfunktion oder eine geringere Entzündungsaktivität im Körper. „Entzündung spielt bei vielen Krankheiten eine zentrale Rolle. Es sieht so aus, als würden diese Medikamente genau diesen Mechanismus ansprechen“, so Deanfield.

Ein weiterer Ansatzpunkt könnte Fettgewebe direkt am Herzen sein, das sogenannte epikardiale Fett. Der Kardiologe Gianluca Iacobellis von der University of Miami erklärt laut New Scientist: „Semaglutid wirkt auf die Rezeptoren in diesem Fettgewebe, verbessert dessen Struktur und stärkt dadurch die Herzfunktion.“

Viel hilft viel? Warum das Ergebnis überrascht

In bisherigen Studien galt: Wer Gewicht verliert, entlastet automatisch Herz und Kreislauf. Doch die neuen Daten zeichnen ein anderes Bild. In der Placebo-Gruppe stieg das Risiko paradoxerweise bei Menschen, die viel Gewicht verloren. Offenbar handelte es sich dabei häufig um unbeabsichtigten Gewichtsverlust durch andere Erkrankungen.

Damit wird klar: Die Zahl auf der Waage sagt allein wenig über die Herzgesundheit aus. Entscheidend ist, wie und wo Fett im Körper abgebaut wird – und welche biologischen Prozesse dabei ausgelöst werden.

Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick:

  • Teilnehmerzahl: 17.604 Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankung, aber ohne Diabetes
  • Dauer: im Schnitt über drei Jahre
  • Wirkstoff: Semaglutid, 2,4 mg pro Woche
  • Ergebnis: rund 20 Prozent geringeres Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzversagen
  • Wirkmechanismus: unabhängig von Gewicht, teils vermittelt über Bauchfett und Entzündungshemmung

Leitlinien könnten sich ändern

Die Erkenntnisse aus der Studie könnten den Einsatz von Wegovy in Zukunft stark verändern. Bislang gilt das Medikament offiziell als Mittel gegen Übergewicht. Doch die neuen Daten zeigen: Auch Menschen mit nur leichtem Übergewicht und Herzproblemen profitieren. Das könnte den Kreis der Patienten erweitern, für die Semaglutid infrage kommt.

Kurz zusammengefasst:

  • Wegovy mit dem Wirkstoff Semaglutid senkt laut einer neuen Studie das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall um rund 20 Prozent – unabhängig vom Gewichtsverlust.
  • Der Herzschutz entsteht nur zu einem Drittel durch den Abbau von Bauchfett, der Rest vermutlich durch bessere Gefäßfunktion und geringere Entzündung.
  • Damit gilt Wegovy nicht mehr nur als Abnehmmedikament, sondern als mögliche neue Therapie zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Übrigens: Der gleiche Wirkstoff, der bei Wegovy Herz und Kreislauf stärkt, könnte auch den Alterungsprozess bremsen. Eine neue Studie deutet darauf hin, dass Ozempic den Körper auf Zellebene verjüngt – um bis zu fünf Jahre. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Nelson R. de Lima Filho via Wikimedia unter CC BY-SA 4.0

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