Vitamin-B12-Mangel? Neue Algen-Technologie verspricht bioverfügbares B12
Spirulina könnte dank neuer Technologie erstmals bioverfügbares Vitamin B12 liefern – ein Durchbruch bei der Lösung von Vitamin-B12-Mangel.
Weltweit leiden mehr als eine Milliarde Menschen an einem Mangel an Vitamin B12, einem lebenswichtigen Mikronährstoff. Er hält unser Nervensystem stabil und ist unverzichtbar für die Blutbildung. Doch für viele Menschen bleibt er schwer zugänglich. Veganer, die auf tierische Produkte verzichten, stehen besonders vor der Herausforderung, ihren Bedarf zu decken. In Deutschland betrifft dies etwa 1,52 Millionen Menschen – knapp 1,8 Prozent der Bevölkerung. Dabei ist die empfohlene Tagesdosis von 4,0 Mikrogramm für Erwachsene schwer zu erreichen, ohne auf Fleisch- oder Milchprodukte zurückzugreifen. Diese Abhängigkeit bringt jedoch erhebliche ökologische Probleme mit sich.
Vitamin-B12-Mangel: Spirulina liefert erstmals bioaktive Lösung
Forscher der Reichman University in Tel Aviv und Partnerinstitutionen haben nun eine Lösung gefunden: Sie entwickelten eine Methode, um Spirulina-Algen so zu kultivieren, dass sie biologisch aktives Vitamin B12 in Mengen liefern, die vergleichbar mit Rindfleisch sind. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden in der Fachzeitschrift Discover Food veröffentlicht.
Spirulina ist seit Jahren als Superfood bekannt, doch bislang konnte die Alge in einem Punkt nicht überzeugen: Sie enthielt nur Pseudo-Vitamin B12 – eine Form, die der menschliche Körper nicht verwerten kann. Das änderte ein internationales Forscherteam nun grundlegend. Mithilfe einer speziell entwickelten Technologie steuerten sie die Photosynthese der Alge so präzise, dass erstmals bioverfügbares Vitamin B12 produziert wurde. Die neue Technologie könnte nun einen nachhaltigen Weg eröffnen, den Bedarf an diesem Mikronährstoff zu decken, ohne auf klimaschädliche tierische Produkte angewiesen zu sein.
Neue Lichttechnik steigert Vitamin-B12-Gehalt erheblich
Im Rahmen der Studie testete das Team eine innovative Technologie, die von der Firma VAXA Technologies in Island entwickelt wurde. Diese Methode setzt auf spezielle Lichtverhältnisse, um die Algenproduktion zu optimieren. Durch eine präzise Steuerung der Photosynthese konnten die Forscher die Konzentration von biologisch aktivem Vitamin B12 in Spirulina erheblich steigern. Die gewonnenen Werte liegen bei 1,64 Mikrogramm pro 100 Gramm, was dem Gehalt in Rindfleisch (0,7 bis 1,5 Mikrogramm pro 100 Gramm) entspricht.
Dr. Asaf Tzachor, Leiter des Aviram Sustainability and Climate Program der Reichman University, erklärte: „Die Ergebnisse zeigen, dass photosynthetisch kontrollierte Spirulina wünschenswerte Mengen an aktivem Vitamin B12 produzieren kann. Das bietet eine nachhaltige Alternative zu traditionellen Lebensmitteln tierischen Ursprungs.“ Neben Vitamin B12 weist das neue Produkt auch antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften auf, die das Immunsystem stärken können.
Spirulina könnte Millionen Kinder weltweit mit Vitamin B12 versorgen
Ein weiteres Highlight der Studie ist die Untersuchung möglicher Produktionsszenarien. Die Forscher berechneten, dass Island durch die Umleitung von Elektrizität aus der Schwerindustrie jährlich 277.950 Tonnen Spirulina-Biomasse erzeugen könnte. Das würde ausreichen, um den Vitamin-B12-Bedarf von 13,8 Millionen Kindern zwischen einem und drei Jahren zu decken. Noch ehrgeizigere Szenarien könnten sogar über 50 Millionen Kleinkinder weltweit mit dem lebenswichtigen Nährstoff versorgen.
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Diese Dimensionen zeigen, wie bedeutend die Entwicklung für die globale Ernährungssicherheit sein kann. Gleichzeitig trägt die Methode dazu bei, den ökologischen Fußabdruck der Lebensmittelproduktion zu verringern. Die Nutzung von Spirulina als nachhaltige Quelle könnte helfen, die umweltschädliche Viehhaltung deutlich zu reduzieren.
Globales Forscherteam entwickelt Lösungen für Ernährung und Klima
Hinter diesem Durchbruch steht ein internationales Team aus Forschern, das neben der Reichman University auch Institutionen aus Dänemark, Österreich und Island umfasst. Die Arbeiten sind Teil des Aviram Sustainability and Climate Program, das von der Reichman University ins Leben gerufen wurde. Ziel des Programms ist es, innovative Lösungen für globale Herausforderungen wie Ressourcenknappheit und Klimawandel zu entwickeln.
Was du dir merken solltest:
- Vitamin B12 ist für Nervensystem und Blutbildung essenziell, doch weltweit leiden über eine Milliarde Menschen an einem Mangel – vor allem Veganer stehen vor Herausforderungen.
- Ein internationales Team, angeführt von der Reichman University, hat Spirulina-Algen so optimiert, dass sie erstmals bioverfügbares Vitamin B12 liefern – vergleichbar mit Rindfleisch.
- Die neue Technologie ist klimafreundlich und könnte den globalen B12-Bedarf decken, etwa durch die Produktion von 277.950 Tonnen Spirulina-Biomasse pro Jahr in Island.
Übrigens: Neben Spirulina bietet auch Skyr, der isländische Joghurt, eine gute Quelle für Vitamin B12 – kombiniert mit hohem Proteingehalt und Kalzium. Warum er so gesund ist und wie er sich von anderen Joghurts unterscheidet, erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Tzachor, A., van den Oever, S.P., Mayer, H.K. et al. Photonic management of Spirulina (Arthrospira platensis) in scalable photobioreactors to achieve biologically active unopposed vitamin B12. Discov Food 4, 69 (2024). https://doi.org/10.1007/s44187-024-00152-1