Omega-3-Mangel: Drei von vier Menschen erreichen die empfohlenen Mengen nicht
Weltweit nehmen die meisten Menschen zu wenig Omega-3 auf. Die Fettsäuren sind wichtig für Herz, Gehirn, Immunabwehr und Stoffwechsel.
Fetter Fisch wie Lachs, Hering oder Makrele gilt als beste Quelle für Omega-3-Fettsäuren – doch laut einer neuen Analyse erreicht die Mehrheit der Menschen weltweit die empfohlene Menge nicht. © Unsplash
Drei von vier Menschen nehmen zu wenig Omega-3 zu sich – das ist das nüchterne Ergebnis einer neuen Untersuchung der University of East Anglia, die nationale Empfehlungen und Richtwerte vergleicht. Dabei sind diese Fettsäuren essenziell für den Menschen: Sie stärken Herz, Gehirn, Stoffwechsel und Abwehrkräfte – und zeigen Wirkung, wenn sie täglich auf dem Speiseplan stehen.
Besonders deutlich wird das Ausmaß der Unterversorgung in den Daten selbst: In rund 76 Prozent der untersuchten Länder liegt die tägliche Aufnahme unter den empfohlenen 250 Milligramm der langkettigen Fettsäuren EPA und DHA. Diese Menge gilt als Mindestwert für gesunde Erwachsene. Schwangere sollten zusätzlich 100 bis 200 Milligramm DHA aufnehmen. Doch selbst in Staaten mit traditionell hohem Fischkonsum bleibt die Versorgung oft unter dem empfohlenen Niveau.
Wie äußert sich ein Omega-3-Mangel?
Diese Versorgungslücke hat Folgen – denn die ungesättigten Fettsäuren erfüllen im Körper zentrale Aufgaben. Sie sind Bausteine der Zellmembranen, beeinflussen Entzündungen, Blutdruck und Stoffwechsel. Besonders die beiden Formen EPA und DHA fördern eine gesunde Herzfunktion, unterstützen die Entwicklung des Gehirns und gelten als Schutzfaktor vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch für die Sehkraft und eine stabile Immunabwehr sind sie wichtig.
„Wir fanden große Unterschiede zwischen dem, was empfohlen wird, und dem, was die meisten Menschen tatsächlich konsumieren“, erklärt Studienautorin und Professorin Anne Marie Minihane von der University of East Anglia. Sie plädiert dafür, Omega-3-Fettsäuren über angereicherte Lebensmittel oder Ergänzungsmittel leichter zugänglich zu machen.
Ein echter Omega-3-Mangel ist selten, eine Unterversorgung dagegen weit verbreitet. Sie lässt sich nicht immer an klaren Symptomen erkennen. Häufige Hinweise sind trockene Haut, Konzentrationsprobleme oder Stimmungsschwankungen. Der Körper kann EPA und DHA nur begrenzt selbst bilden, vor allem, wenn wenig Fisch oder Algen auf dem Speiseplan stehen.
Warum Ernährung oft nicht reicht
Viele Menschen können ihren Bedarf an Omega-3-Fettsäuren über die Ernährung kaum decken. Fetter Seefisch wie Lachs, Hering oder Makrele liefert zwar reichlich EPA und DHA, steht aber in vielen Regionen selten auf dem Speiseplan. Besonders Vegetarier und Veganer nehmen häufig zu wenig dieser langkettigen Fettsäuren auf. „Empfehlungen lassen sich nur umsetzen, wenn Menschen Zugang zu nachhaltigen Quellen haben“, sagt Minihane.
Mitautorin Dr. Abbie Cawood von der University of Southampton ergänzt: „Die gesundheitlichen Vorteile von EPA und DHA sind zu wichtig, um sie zu ignorieren.“ Sie fordert, Omega-3 für alle Bevölkerungsgruppen leichter zugänglich zu machen – etwa durch pflanzliche Alternativen oder gezielte Supplementierung.
Warum drei von vier zu wenig aufnehmen
Die Ursachen für den weltweiten Omega-3-Mangel sind vielfältig: In vielen Ländern wird kaum Fisch gegessen, Richtwerte unterscheiden sich stark, und pflanzliche Alternativen sind noch nicht überall verfügbar. Das führt dazu, dass drei von vier Menschen die empfohlene tägliche Menge EPA und DHA nicht erreichen – selbst in Ländern mit eigentlich ausgewogener Ernährung.
Ernährungsrichtlinien bewerten Omega-3-Zufuhr bis etwa fünf Gramm EPA und DHA pro Tag als unbedenklich. Diese Mengen sind nur über Nahrungsergänzungsmittel erreichbar. Bei hohen Dosierungen kann es zu Nebenwirkungen wie Aufstoßen, Magenreizungen oder dünnerem Blut kommen. In üblichen Dosierungen gelten Omega-3-Präparate jedoch als sicher.
„Um von diesen Nährstoffen zu profitieren, müssen Menschen wissen, wie viel sie wirklich brauchen“, erklärt Professor Philip Calder von der University of Southampton, der ebenfalls an der Studie mitwirkte. In den meisten Ländern fehle es an klaren, einheitlichen Empfehlungen – und an Wissen über den tatsächlichen Bedarf verschiedener Altersgruppen.
Für den Alltag gilt: Zwei Portionen fetter Fisch pro Woche oder pflanzliche Öle aus Lein, Raps oder Walnüssen können helfen, den Bedarf zu decken. Wer keinen Fisch isst, kann auf Algenöl-Kapseln ausweichen.
Bei regelmäßiger Einnahme – ob über Fisch, Algenöl oder Kapseln – steigt der Anteil der Fettsäuren im Blut und in den Zellmembranen. Das kann den Blutdruck leicht senken, Blutfette regulieren und Entzündungsreaktionen dämpfen. Viele berichten auch über eine verbesserte Konzentration und ein stabileres Wohlbefinden.
Omega-3-Mangel besser vorbeugen
Die Forscher sehen die Politik und Lebensmittelindustrie in der Pflicht, Omega-3-Quellen breiter zugänglich zu machen. „Innovative, nachhaltige Alternativen wie angereicherte Lebensmittel und Supplemente helfen könnten, den Abstand zwischen Empfehlung und Realität zu verringern,“ heißt es in der Analyse.
Omega-3 bleibt damit ein Thema für die öffentliche Gesundheit – und eine Erinnerung daran, wie schwer es selbst in wohlhabenden Ländern ist, zentrale Ernährungsempfehlungen im Alltag umzusetzen.
Kurz zusammengefasst:
- Drei von vier Menschen weltweit nehmen weniger Omega-3-Fettsäuren auf, als empfohlen wird – selbst in Ländern mit hohem Fischkonsum.
- Die essenziellen Fettsäuren EPA und DHA stärken Herz, Gehirn, Immunsystem und Sehkraft; eine Unterversorgung kann langfristig Herz-Kreislauf- und Entzündungserkrankungen begünstigen.
- Zwei Portionen fetter Fisch pro Woche oder pflanzliche Alternativen wie Leinöl oder Algenöl-Kapseln helfen, den täglichen Bedarf von rund 250 Milligramm zu decken.
Übrigens: Auch wer kaum Fisch isst, kann seinen Omega-3-Bedarf decken – mit Algen. Fünf essbare Arten liefern erstaunlich viel Eiweiß, Mineralstoffe und Fettsäuren. Mehr dazu in unserem Artikel.
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