Gesundheitsgefahr in der Landwirtschaft – Agrarstaub schädigt nicht nur die Lunge, sondern auch den Darm

Wer in der Landwirtschaft arbeitet, atmet täglich gefährliche Keime ein. Neue Daten zeigen, dass der Darm darunter besonders leidet.

So macht Agrarstaub aus der Landwirtschaft den Darm krank

Drei Wochen Stallstaub reichten im Versuch: Schutzbakterien im Darm verschwanden, wichtige Nährstoffe wie Riboflavin und Leucin sanken deutlich. © Pexels

Wer täglich in der Landwirtschaft arbeitet, bekommt mehr ab als nur den Geruch von Mist und Tieren. In Schweinezuchtanlagen schwirren mikroskopisch kleine Staubpartikel durch die Luft – ein unsichtbares Gemisch aus Bakterien, Endotoxinen und antibiotikaresistenten Keimen. Dieser Agrarstaub gelangt mit jedem Atemzug in den Körper. Dass Staub die Lunge reizt, war bekannt. Doch nun zeigt eine Untersuchung der University of California, Riverside: Die Schadstoffe greifen auch den Darm an – mit Folgen, die Beschäftigte in der Tierhaltung direkt betreffen.

Gesundheitliche Folgen noch unterschätzt

Der Staub aus Tierhaltungsbetrieben enthält winzige Partikel, die tief in die Atemwege eindringen und gleichzeitig systemisch wirken. Laut der Studie erreichen diese Partikel über das Blut auch Organe wie den Darm. Besonders problematisch: Agrarstaub enthält antibiotikaresistente Keime und Endotoxine, also Bestandteile abgestorbener Bakterien, die das Immunsystem dauerhaft reizen.

„Bisher stand die Lunge im Fokus“, sagt Studienleiter Declan McCole. „Aber unsere Daten belegen, dass auch der Darm stark reagiert. Die Darm-Lungen-Achse spielt dabei eine zentrale Rolle.“ Diese Wechselwirkung könnte mitverantwortlich dafür sein, dass chronisch-entzündliche Krankheiten bei Landarbeitern häufiger auftreten.

Darmbakterien verschwinden – Schutzbarriere bricht ein

„Die Auswirkungen auf den Darm waren dramatisch“, warnt Melissa Crawford, Hauptautorin der Studie. In Mäusen, die dem Staub drei Wochen lang ausgesetzt wurden, veränderte sich die Darmflora – wichtige Schutzbakterien verschwanden, die Darmschleimhaut wurde durchlässiger.

Konkret beobachteten die Forscher einen Rückgang von Akkermansia muciniphila, Clostridium sp. und Lachnospiraceae-Bakterien. Diese Mikroben stabilisieren die Darmwand, halten Entzündungen in Schach und regulieren das Immunsystem. Fehlen sie, wird der Darm durchlässiger. Giftstoffe und Bakterienbestandteile können leichter ins Blut gelangen – Mediziner sprechen vom sogenannten Leaky-Gut-Syndrom.

Ein durchlässiger Darm wird zunehmend mit chronischen Erkrankungen wie Morbus Crohn, Zöliakie oder Typ-1-Diabetes in Verbindung gebracht. „Die Staubexposition hat die Passage bakterieller Stoffe ins Blut deutlich erhöht“, erklärt Crawford.

Auch der Stoffwechsel leidet

Zusätzlich zu den veränderten Bakterien fehlten im Darm wichtige Stoffwechselprodukte: Riboflavin, Nicotinsäure, Inosin und Leucin – allesamt unverzichtbar für die Energiegewinnung, Zellschutz und Immunfunktionen. Ein Mangel an diesen Stoffen kann den gesamten Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht bringen. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass eingeatmeter Agrarstaub weit mehr bewirken kann als Husten oder gereizte Schleimhäute.

Die Effekte waren nicht nur lokal in der Lunge. Der gesamte Organismus wurde beeinflusst.

Declan McCole

Schutzkleidung reicht nicht – welche Maßnahmen helfen können

„Agrarstaub ist eine unterschätzte Gefahr für den ganzen Körper“, so McCole. Ein gesunder Darm hat nicht nur mit Ernährung, sondern auch mit der Luft am Arbeitsplatz zu tun hat. Wer über Jahre hinweg in Tierhaltungsanlagen arbeitet, sollte das Risiko kennen und ernst nehmen.

Für Beschäftigte in Schweineställen oder anderen Tierhaltungsbetrieben stellt sich eine drängende Frage: Wie lässt sich der Kontakt mit gefährlichem Agrarstaub verringern? Masken und Filteranlagen könnten helfen, reichen aber oft nicht aus. Besseres Stallklima, technische Staubreduzierung und gezielte Gesundheitskontrollen wären laut den Forschern dringend notwendig.

Kurz zusammengefasst:

  • Agrarstaub aus der Tierhaltung enthält Bakterien, Endotoxine und resistente Keime, die nicht nur die Atemwege, sondern auch den Darm angreifen können.
  • Die eingeatmeten Partikel verändern die Darmflora, schwächen die Schutzbarriere im Darm und stören wichtige Stoffwechselprozesse.
  • Beschäftigte in der Landwirtschaft sind besonders gefährdet und sollten durch bessere Schutzmaßnahmen und Gesundheitskontrollen vor langfristigen Schäden bewahrt werden.

Übrigens: Neben der Belastung der Gesundheit zählt Viehzucht auch zu den größten Klimabelastungen weltweit. Wie sähe unser Leben aus, wenn wir tierische Produkte vollständig durch pflanzliche Alternativen ersetzen würden? Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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