Neue Stammzelltherapie bei Parkinson zeigt erste Erfolge
Eine neue Stammzelltherapie bei Parkinson ersetzt abgestorbene Nervenzellen. Erste Studien zeigen deutliche Besserungen ohne schwere Nebenwirkungen.

Implantierte Nervenzellen sollen den Dopaminmangel im Gehirn ausgleichen. © DALL-E
Bei der Parkinson-Erkrankung sterben im Gehirn nach und nach Nervenzellen ab, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Typische Symptome sind Zittern, steife Muskeln und verlangsamte Bewegungen, die den Alltag stark belasten. Eine neue Stammzelltherapie könnte diesen Zellverlust künftig gezielt ausgleichen und Parkinson-Betroffenen neue Hoffnung geben.
Stammzelltherapie bei Parkinson setzt an der Ursache an
Zu Beginn der Erkrankung lindert der Wirkstoff Levodopa (L-Dopa) die Beschwerden spürbar. Die Beweglichkeit verbessert sich, das Zittern lässt nach. Mit dem Fortschreiten der Krankheit sterben jedoch immer mehr Dopamin-produzierende Nervenzellen ab, sodass der Körper das Medikament schlechter verwertet und die Wirkung schwankt.
Die Folge: Die Wirkung des Medikaments hält nicht mehr zuverlässig an. Patienten sprechen von „On-Off-Phasen“. In guten Momenten klappt alles fast wie früher. Doch plötzlich setzen wieder Bewegungsstörungen ein, der Körper wird steif, die Hände zittern. Diese Schwankungen belasten den Alltag enorm. Moderne L-Dopa-Pumpen können zwar helfen, die Wirkung gleichmäßiger zu verteilen. Doch das Fortschreiten der Krankheit können sie nicht aufhalten.
Genau hier setzt eine neue Stammzelltherapie für Parkinson an. Anders als Medikamente, die nur die Symptome lindern, will sie den Zellverlust im Gehirn direkt ausgleichen. Forscher entnehmen Stammzellen und züchten daraus sogenannte neuronale Vorläuferzellen. Diese spezialisierten Zellen können später selbstständig Dopamin herstellen.
Implantation ins Gehirn zeigt erste Erfolge
Die neu gewonnenen Zellen werden gezielt in das Striatum im Gehirn implantiert – dort, wo Dopamin dringend gebraucht wird. Erste Studien liefern ermutigende Ergebnisse. In den USA nahmen zwölf Patienten an einer Phase-1-Studie teil. Sie erhielten je nach Gruppe entweder 0,9 Millionen oder 2,7 Millionen Zellen.
Nach 18 Monaten zeigte sich: Die Hochdosis-Gruppe verbesserte sich um 23 Punkte im sogenannten motorischen MDS-UPDRS-Score. Diese Skala erfasst, wie stark die Bewegungsstörungen bei Parkinson sind. Besonders wichtig: In dieser Gruppe kam es nicht zu den gefürchteten Überbewegungen, den sogenannten Dyskinesien.
Japanische Forscher bestätigen die Beobachtungen
In Japan läuft eine weitere Studie dazu. Hier wurden sechs Patienten mit Zellen aus induzierten pluripotenten Stammzellen behandelt. Nach 24 Monaten hatten fünf von ihnen eine spürbare Besserung ihrer Beweglichkeit erreicht. Die Aufnahme von Dopamin im Putamen, einer wichtigen Hirnregion, stieg um 45 Prozent.
Die bisherige Bilanz fällt ermutigend aus. In beiden Studien kam es zu keinen schweren Nebenwirkungen. In der US-Studie mussten die Teilnehmer für ein Jahr Immunsuppressiva einnehmen, um Abstoßungsreaktionen zu verhindern. Langfristig blieben Komplikationen aus.
Risiken bleiben: Gefahr durch Eiweißablagerungen
Trotz aller positiven Signale bleiben offene Fragen. Das Parkinson-Gehirn ist durch krankhafte Eiweißablagerungen, sogenannte Alpha-Synuclein-Einschlusskörperchen, geschädigt. Diese Ablagerungen gelten als Mitverursacher der Erkrankung. Frühere Studien mit anderen Zelltransplantaten zeigten, dass sich diese schädlichen Strukturen auch auf die neuen Zellen übertragen können. Deshalb mahnt Professor Dr. Lars Timmermann laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Vorsicht: „Es bleibt abzuwarten, ob die neuronalen Vorgängerzellen auch im Milieu der erkrankten Zellumgebung, wo solche Einschlusskörperchen-Fragmente vorhanden sind, gesund bleiben.“
Parkisnon-Stammzelltherapie könnte Behandlung grundlegend verändern
Die Hoffnung der Wissenschaftler richtet sich auf die Möglichkeit, mit dieser Therapie erstmals den Kern der Erkrankung anzugehen. Der nächste Schritt sind größere Studien mit mehr Patienten und längeren Beobachtungszeiträumen. Nur so lässt sich klären, ob die Therapie langfristig sicher bleibt und auch nach vielen Jahren noch wirkt. Denn bei den bisherigen Studien beträgt die Beobachtungszeit maximal 24 Monate. „Nach vielen Enttäuschungen bei Stammzell-Therapien demonstrieren diese neuen Studien die Machbarkeit bei der Parkinson-Krankheit. Nun müssen größere Studien untersuchen, ob die Ergebnisse nachhaltig sind und es einen dauerhaften Therapieeffekt gibt“, so Professor Timmermann. Dennoch gibt sich der Neurologe optimistisch:
Dieser Ansatz könnte die Parkinson-Therapie revolutionieren.
Kurz zusammengefasst:
- Bei Parkinson sterben Dopamin-produzierende Nervenzellen ab, was zu Bewegungsstörungen wie Zittern, Steifheit und verlangsamten Bewegungen führt.
- L-Dopa lindert anfangs die Symptome, verliert jedoch im Krankheitsverlauf an Wirksamkeit, da immer weniger Nervenzellen übrig bleiben, die das Medikament umwandeln können.
- Die neue Parkinson-Stammzelltherapie ersetzt gezielt zerstörte Nervenzellen durch implantierte Vorläuferzellen und zeigt in ersten Studien deutliche Verbesserungen ohne schwere Nebenwirkungen. Weitere Langzeituntersuchungen sind jedoch in Planung.
Übrigens: Stammzellen könnten nicht nur bei Parkinson helfen. Forscher der Tufts University zeigen, wie sie sogar den Geruchssinn regenerieren könnten – mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © DALL-E