Ehrenamt macht gesund – Warum Freiwillige so fit sind wie fünf Jahre jüngere Menschen
Ehrenamt fördert soziale Kontakte und stärkt die Psyche. Wer hilft, lebt gesünder und gewinnt Jahre an Lebenszeit.
In Deutschland engagieren sich rund 28,8 Millionen Menschen ehrenamtlich, das entspricht knapp 40 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren. Besonders stark vertreten sind Freiwillige im Sport, in Schulen, Kitas und im Kulturbereich. © Pexels
Morgens als Schülerlotse an der Straße stehen, im Sportverein die Jugendmannschaft betreuen oder im Altenheim ein offenes Ohr haben – wer sich engagiert, tut nicht nur anderen etwas Gutes. Eine große Auswertung der Universität Gent zeigt, dass Ehrenamt auch die eigene Gesundheit stärkt. Freiwillige fühlen sich im Schnitt so fit wie Menschen, die fünf Jahre jünger sind.
Dieser Vorteil betrifft nicht nur die körperliche Verfassung. Auch Einkommen, Psyche und soziale Kontakte verbessern sich, wenn Menschen regelmäßig Aufgaben im Ehrenamt übernehmen.
Ehrenamt und Gesundheit hängen eng zusammen
Grundlage der Ergebnisse ist die Europäische Sozialerhebung mit fast 43.000 Teilnehmern aus 29 Ländern. Befragt wurden Personen ab 15 Jahren, die ihre Gesundheit auf einer Skala von eins („sehr schlecht“) bis fünf („sehr gut“) bewerten sollten.
Das Ergebnis ist klar: Wer sich freiwillig engagiert, schätzt seine Gesundheit deutlich besser ein. Jens Detollenaere, der an der Auswertung beteiligt war, sagt: „Dieses Ergebnis ist vergleichbar mit dem Effekt, fünf Jahre jünger zu sein.“
Engagement verbessert Chancen im Beruf
Neben der Gesundheit zeigt sich ein zweiter Vorteil: Freiwillige verdienen im Schnitt mehr. Der Grund liegt darin, dass Arbeitgeber soziales Engagement als Pluspunkt werten.
Professor Stijn Baert erklärt: „Dieses Ergebnis deckt sich mit früheren Untersuchungen, wonach ehrenamtliche Tätigkeiten im Lebenslauf die Jobchancen erhöhen, besonders für Menschen mit Migrationshintergrund.“ Das zusätzliche Einkommen trägt zwar zur besseren Gesundheit bei, macht aber nur knapp ein Fünftel des Gesamteffekts aus.
Warum Freiwilligenarbeit fit hält
Noch entscheidender sind andere Effekte, die direkt auf Körper und Geist wirken. Wer freiwillig hilft, stärkt verschiedene Ressourcen:
- Psychisch: Engagement baut Selbstvertrauen und innere Stärke auf.
- Sozial: Freiwillige sind besser vernetzt und finden leichter Unterstützung.
- Körperlich: Viele Tätigkeiten – ob als Schülerlotse oder im Verein – bedeuten Bewegung. Das hält mobil.
- Geistig: Neue Aufgaben trainieren das Denken und können Demenz vorbeugen.
Professorin Sara Willems fasst zusammen: „Ehrenamt steigert die körperliche und geistige Aktivität und kann dadurch funktionellem Abbau und Demenz im Alter vorbeugen.“
Hormone regulieren Stress und Entzündungen
Medizinische Studien zeigen zudem, dass freiwilliges Engagement Hormone wie Oxytocin und Progesteron freisetzt. Diese Botenstoffe sind mit Fürsorge verbunden und wirken direkt im Körper.
„Diese Hormone können Stress regulieren und Entzündungen dämpfen“, erklärt Willems. Wer regelmäßig hilft, stärkt damit auch das Immunsystem – ein Vorteil, der im Alltag spürbar sein kann.
Große Unterschiede zwischen Ländern
In Deutschland, den Niederlanden oder Norwegen engagieren sich mehr als 40 Prozent der Menschen. In Bulgarien, Ungarn oder Litauen liegt der Anteil dagegen unter zehn Prozent. Im Durchschnitt beteiligen sich europaweit 24,1 Prozent mindestens alle sechs Monate ehrenamtlich.
Trotz dieser Unterschiede gilt: In allen Ländern fühlen sich Freiwillige gesünder als Menschen ohne Engagement.
Konkreter Nutzen für Freiwillige
Die Untersuchung berücksichtigt Alter, Geschlecht, Bildung, Migrationsstatus und Religiosität. Trotzdem bleibt der Vorteil für Engagierte bestehen. Gesundheit wird nach Definition der WHO als „körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden“ verstanden – und genau dort wirkt das Ehrenamt.
Wer also Zeit investiert, sei es beim Sport, im Verein oder als Schülerlotse, gewinnt nicht nur Anerkennung und Dank. Er verbessert auch seine eigene Gesundheit, das berufliche Vorankommen und die Lebensqualität.
Kurz zusammengefasst:
- Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, schätzen ihre Gesundheit deutlich besser ein – vergleichbar mit dem Vorteil, fünf Jahre jünger zu sein.
- Ehrenamt steigert auch die Chancen im Beruf, da freiwilliges Engagement von Arbeitgebern positiv bewertet wird und das Einkommen erhöhen kann.
- Freiwilligenarbeit stärkt Psyche, soziale Kontakte und setzt Hormone frei, die Stress senken und vor Krankheiten schützen.
Übrigens: Während Ehrenamt Nähe und Stabilität schafft, bricht in vielen Familien der Rückhalt durch den demografischen Wandel weg. Mehr dazu in unserem Artikel.
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