Diese einfache Gewohnheit macht Ihr Gehirn im Schnitt 5½ Jahre jünger
Kreative Tätigkeiten wie Tanzen, Musizieren oder Malen verlangsamen laut einer Studie messbar die Gehirn-Alterung um rund 5½ Jahre.
Kreativität ist mehr als Ausdruck – sie wirkt wie Gehirnjogging. Schon wer regelmäßig tanzt, musiziert oder malt, kann seine geistige Alterung deutlich bremsen. © Pexels
Wer regelmäßig tanzt, malt, musiziert oder sogar Computerspiele spielt, könnte seinem Gehirn damit eine echte Anti-Aging-Kur gönnen. Eine internationale Studie zeigt: Menschen, die sich kreativ betätigen, haben messbar jüngere Gehirne als Gleichaltrige, die das nicht tun. Die Forscher sprechen von einem Effekt, der im Durchschnitt einer Verjüngung um rund fünfeinhalb Jahre entspricht – ganz ohne Medikamente oder spezielle Trainingsprogramme.
Die in Nature Communications veröffentlichten Ergebnisse zeigen: Kreative Tätigkeiten wirken wie ein natürliches Verjüngungsprogramm und verlangsamen die Alterung des Gehirns. Sie fördern die geistige Vernetzung, schärfen die Aufmerksamkeit und können den Abbau kognitiver Fähigkeiten bremsen – ein klarer Zusammenhang zwischen Kreativität und Gehirn-Alterung.
Alterung gebremst – warum Kreativität das Gehirn jung hält
Die Studie nutzte modernste Modelle sogenannter „Gehirnuhren“, die anhand von EEG-Daten schätzen, wie alt ein Gehirn funktionell wirklich ist. Dieses „Gehirnalter“ weicht oft vom tatsächlichen Alter ab – je nach Lebensstil, Gesundheit und geistiger Aktivität.
Das Forscherteam um den Neurowissenschaftler Agustín Ibáñez untersuchte über 1400 Teilnehmer aus 13 Ländern, darunter Tänzer, Musiker, bildende Künstler und Gamer. Dabei verglichen sie deren Hirnaktivität mit der von Personen ohne kreative Routine. Das Ergebnis war eindeutig: „Über alle kreativen Bereiche hinweg war das Muster erstaunlich konsistent – Kreativität stand in Verbindung mit einem jünger aussehenden Gehirn“, schreiben die Autoren in The Conversation.
Tango-Tänzer schnitten am besten ab. Ihre Gehirne wirkten im Schnitt über sieben Jahre jünger als ihr tatsächliches Alter. Musiker und bildende Künstler lagen bei etwa fünf bis sechs Jahren, Videospieler bei rund vier Jahren.
Schon 30 Stunden Training wirken messbar
Nicht nur jahrelange Praxis macht den Unterschied. Selbst wer erst anfängt, profitiert spürbar. In einem zweiten Teil der Untersuchung ließen die Forscher Teilnehmer ohne Vorerfahrung 30 Stunden lang das Strategiespiel StarCraft II spielen. Schon danach zeigte sich im EEG eine „Verjüngung“ des Gehirns um bis zu drei Jahre.
Die Autoren sehen darin einen Hinweis auf erstaunliche Anpassungsfähigkeit: Das Gehirn reagiert schnell, wenn es kreativ gefordert wird. Dabei entstehen neue Verbindungen, und bestehende Netzwerke werden stabiler. Diese Plastizität sorgt dafür, dass Informationen effizienter fließen. Ähnlich wie beim Muskeltraining, das durch Übung Kraft und Ausdauer steigert, „trainiert“ kreative Aktivität die Nervenzellen und macht das Denken schneller und flexibler.
Was im Gehirn passiert
Besonders aktiv waren bei kreativen Menschen sogenannte frontoparietale Netzwerke – Bereiche, die Aufmerksamkeit, Lernprozesse und Planung steuern. Normalerweise altern sie früh und verlieren an Flexibilität. Doch Kreativität scheint diesen Prozess zu bremsen. „Kreativität schützt Hirnregionen, die besonders anfällig für Alterung sind, und verbessert die Kommunikation zwischen ihnen“, schreiben die Forscher.
Mit jedem Jahr künstlerischer Praxis sank der berechnete „Brain Age Gap“ – also die Differenz zwischen biologischem und tatsächlichem Alter. Je mehr Routine und Können, desto jünger das Gehirn.
Kreative Routine stärkt Aufmerksamkeit und Lernfähigkeit
Die Forscher fanden außerdem eine deutliche Verbindung zwischen der verbesserten Konnektivität und kognitiven Funktionen wie Merkfähigkeit, Fokus und Entscheidungsvermögen. Wer kreativ aktiv war, schnitt in Tests zu Aufmerksamkeit und Reaktionsgeschwindigkeit besser ab.
Diese Erkenntnis macht deutlich, dass es bei Kreativität nicht um Talent geht, sondern um Aktivität. Entscheidend ist, das Gehirn immer wieder mit Neuem zu konfrontieren – etwa durch Bewegung, Rhythmus oder die Koordination von Hand und Auge.
Wie sich kreative Tätigkeiten auswirken
Der Effekt verstärkt sich mit wachsender Erfahrung. Menschen mit jahrelanger künstlerischer Routine hatten besonders niedrige Gehirnalter-Werte. Aber selbst Neulinge profitierten schon nach kurzer Zeit.
Die positiven Effekte der kreativen Beschäftigung lassen sich auf folgende Punkte herunterbrechen:
- Tango und andere Tänze fördern Körperkoordination, Musikverständnis und räumliche Wahrnehmung – gleichzeitig trainieren sie das Gehirn intensiv.
- Musizieren aktiviert zahlreiche Regionen gleichzeitig, von Motorik über Gehör bis hin zu Gedächtnisstrukturen.
- Malen oder Zeichnen stärkt visuelle und feinmotorische Netzwerke, verbessert Konzentration und räumliches Denken.
- Videospiele, vor allem Strategiespiele, schulen Reaktionsfähigkeit, Planung und Problemlösung.
Je regelmäßiger und länger diese Aktivitäten ausgeführt werden, desto stärker fällt der Effekt aus.
Wie kreative Übungen in den Alltag passen
Das Prinzip funktioniert unabhängig vom Alter. Entscheidend ist nicht, ob jemand besonders begabt ist, sondern dass er das Gehirn in kreative Prozesse bringt. Selbst einfache Routinen wirken. Schon 20 Minuten tägliche Aktivität genügen, um die neuronale Vernetzung zu fördern.
Beispiele aus der Praxis:
- Ein wöchentlicher Tanzkurs oder Chorbesuch
- Eine tägliche halbe Stunde Klavier, Gitarre oder Malen
- Kreative Lernspiele oder Musik-Apps
- Strategiespiele, bei denen Planung und Reaktion gefragt sind
Viele Volkshochschulen, Senioreneinrichtungen oder Kulturvereine bieten passende Kurse an. Wer sich regelmäßig auf solche Erlebnisse einlässt, stärkt die geistige Fitness auf natürliche Weise.
Kreativität gegen geistigen Abbau
Die Forscher sehen Kreativität als eigenständigen Gesundheitsfaktor – ähnlich wichtig wie Bewegung oder Ernährung. Sie nennen sie „eine biologische Brücke zwischen Kultur und Resilienz“.
Langfristig könne kreatives Engagement dazu beitragen, kognitive Einbußen im Alter zu verzögern und Demenzerkrankungen vorzubeugen. In der Diskussion um gesundes Altern gewinnen solche Erkenntnisse zunehmend Gewicht: Statt nur zu vermeiden, was schadet, lässt sich aktiv fördern, was schützt.
Kurz zusammengefasst:
- Kreative Tätigkeiten wie Tanzen, Musizieren, Malen oder Spielen fördern die Vernetzung im Gehirn und verlangsamen messbar dessen Alterung.
- Laut der Studie kann regelmäßige Kreativität die Gehirn-Alterung deutlich verlangsamen – im Durchschnitt um rund 5½ Jahre.
- Der Effekt zeigt sich unabhängig vom Alter oder Talent – entscheidend ist die kontinuierliche geistige Aktivität, die Aufmerksamkeit und Gedächtnis stärkt.
Übrigens: Dieselbe Kreativität, die das Gehirn jung hält, kann auch heilen – etwa nach einer Chemotherapie. Forscher aus Ohio zeigen, dass Tango-Tanzen geschädigte Nerven reaktivieren und Brustkrebspatientinnen helfen kann, Gleichgewicht und Lebensfreude zurückzugewinnen – mehr dazu in unserem Artikel.
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