Alarmierender Anstieg der Kindersterblichkeit nach der Pandemie
Die Kindersterblichkeit in England steigt dramatisch. Neue Daten zeigen: Besonders benachteiligte Gruppen sind betroffen. Forscher warnen vor langfristigen Folgen.
Eine neue Studie der University of Bristol zeigt, dass die Kindersterblichkeit in England während der Pandemie zunächst deutlich sank, in den Jahren danach jedoch stark anstieg. Die Untersuchung basiert auf Daten der National Child Mortality Database (NCMD) und liefert ein alarmierendes Bild der Entwicklung in den letzten vier Jahren.
Während der Pandemie, insbesondere zwischen April 2020 und März 2021, war die Sterblichkeitsrate von Kindern in England so niedrig wie nie zuvor. 377 weniger Todesfälle als erwartet wurden in diesem Zeitraum verzeichnet. Dies wird auf die strikten Lockdown-Maßnahmen zurückgeführt, die offenbar vorübergehend positiven Einfluss auf die Kindersterblichkeit hatten. Doch diese Entwicklung erwies sich als kurzzeitig: Ab dem Jahr 2022–2023 stieg die Zahl der Todesfälle um 258 im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie an.
Ungleichheiten verschärfen sich nach der Pandemie
Die Studie untersuchte nicht nur die Gesamtsterblichkeitsraten, sondern auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Altersklassen. Dabei zeigte sich, dass Kinder aus nicht-weißen und ärmeren Bevölkerungsgruppen stärker betroffen sind als ihre weißen Altersgenossen. „Die NCMD-Daten zeigen, dass bestehende Ungleichheiten sich verschärft haben. Kinder aus armen oder nicht-weißen Bevölkerungsgruppen haben heute schlechtere Überlebenschancen“, erklärte Professorin Karen Luyt, Leiterin des NCMD-Programms und Professorin für Neonatalmedizin an der University of Bristol.
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Ein Beispiel für die Veränderungen sind Todesfälle aufgrund von Geburtskomplikationen. Während diese während der Lockdowns zunahmen, sanken sie anschließend wieder auf das Niveau vor der Pandemie. Dennoch bleibt die Gesamtentwicklung besorgniserregend, da sich die Bedingungen für viele Kinder nachhaltig verschlechtert haben.
Daten als Grundlage für langfristige Maßnahmen
Die Forscher analysierten die Todesursachen und -raten mithilfe mathematischer Modelle. Dabei verglichen sie die Daten vor, während und nach den Lockdowns. Diese umfassende Analyse soll helfen, besser zu verstehen, welche Faktoren die Sterblichkeit von Kindern beeinflussen und welche Maßnahmen notwendig sind, um langfristige Verbesserungen zu erzielen.
„Diese Erkenntnisse verdeutlichen, dass die während der Pandemie beobachtete Reduktion nur vorübergehend war“, so Luyt. Sie fordert, die Ergebnisse als Grundlage für gezielte politische und gesellschaftliche Maßnahmen zu nutzen.
Veränderung ist möglich
Gesellschaftliche Veränderungen wie die Lockdowns haben zwar kurzfristige Verbesserungen gebracht, diese reichen jedoch nicht aus. Langfristige Strategien und gezielte Maßnahmen sind notwendig, um die Kindersterblichkeit nachhaltig zu senken.
Die Ergebnisse der Studie zeigen zudem, dass die Pandemie bestehende Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung weiter verschärft hat. Um dies zu ändern, müsse den Wissenschaftlern zufolge ein stärkerer Fokus auf benachteiligte Gruppen gelegt werden. Mehr Unterstützung für Kinder aus nicht-weißen und ärmeren Bevölkerungsgruppen ist daher erforderlich, um deren Überlebenschancen zu verbessern.
Was du dir merken solltest:
- Während der Pandemie sank die Kindersterblichkeit in England vorübergehend, stieg jedoch nach den Lockdowns deutlich an, mit 258 zusätzlichen Todesfällen im Jahr 2022-2023 im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie.
- Besonders betroffen sind Kinder aus nicht-weißen und ärmeren Bevölkerungsgruppen, deren Sterblichkeitsrisiko im Vergleich zu weißen Kindern nach der Pandemie gestiegen ist.
- Die Studie der University of Bristol zeigt, dass kurzfristige Verbesserungen nicht ausreichen und langfristige Maßnahmen erforderlich sind, um Kinderleben nachhaltig zu schützen.
Übrigens: Auch in unsicheren Zeiten bleibt die Zufriedenheit von Kindern und Jugendlichen auf einem hohen Niveau – das belegen die aktuellen Ergebnisse einer umfassenden Studie. Mehr dazu in unserem Artikel.
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