Zuerst motiviert, dann genervt: Warum Kinder Hobbys abbrechen – und wie Eltern richtig reagieren

Eltern stehen vor einem Dilemma: Das Kind will sein Hobby abbrechen. Drängen oder nachgeben? Ein Experte gibt klare Ratschläge für den richtigen Umgang.

„Ich will nicht zum Fußballtraining!“ – Wenn sich die anfängliche Begeisterung von Kindern in Lustlosigkeit verwandelt. © Pexels

„Ich will nicht zum Fußballtraining!“ – Wenn sich die anfängliche Begeisterung von Kindern in Lustlosigkeit verwandelt. © Pexels

Viele Eltern kennen das Problem: Das Kind hat sich voller Begeisterung für einen Sportkurs oder Musikunterricht angemeldet, doch nach ein paar Wochen kommt die Lustlosigkeit. Plötzlich will es nicht mehr hingehen, quengelt und weigert sich, die Tasche zu packen. Sollten Eltern dann darauf bestehen oder das Kind einfach lassen? Der Entwicklungspsychologe Moritz Daum erklärt, warum Druck meist nicht hilft und welche Strategien stattdessen sinnvoll sind.

Warum Kinder plötzlich keinen Spaß mehr an Hobbys haben

Kinder lieben es, neue Dinge auszuprobieren. Doch manchmal verlieren sie schnell das Interesse. Im Gespräch mit ZEIT Online rät Moritz Daum Eltern dazu, erst einmal herauszufinden, warum das Kind nicht mehr zum Training oder Unterricht will. Manchmal steckt eine harmlose Tageslaune dahinter – vielleicht ist das Kind einfach müde oder hat einen schlechten Tag. Es kann aber auch ernstere Gründe geben: Wird das Kind im Verein nicht gut aufgenommen? Hat es Angst vor einer bestimmten Übung? Oder sieht es einfach nur, dass Freunde draußen spielen, während es selbst eine Verpflichtung hat?

Eltern sollten ihr Kind fragen, was genau los ist, anstatt es einfach zum Weitermachen zu drängen.

Moritz Daum

Wichtig sei es, die Bedürfnisse des Kindes ernst zu nehmen, bevor eine Entscheidung getroffen wird.

Kinder stehen ohnehin unter Druck

Schon kleine Kinder müssen im Alltag viele Anforderungen erfüllen. Sie gehen in die Kita oder Schule, müssen sich konzentrieren, Regeln befolgen und Hausaufgaben machen. „Nach einem langen Tag brauchen sie oft eine Pause, bevor sie sich auf eine weitere Aktivität einlassen können“, erklärt Daum.

Eltern haben häufig den Wunsch, dass ihr Kind „durchhält“ und nicht aufgibt. Doch Daum gibt zu bedenken, dass Kinder, die ohnehin schon viele Stunden funktionieren müssen, nicht automatisch Lust auf zusätzliche Verpflichtungen haben. Wenn nach der Schule direkt Musikunterricht oder Fußballtraining ansteht, kann das schnell zu Frust führen.

Eine Pause kann Wunder wirken

Daum zufolge hilft es in vielen Fällen, dem Kind eine kurze Erholungspause zu geben. Das kann eine kleine Kuscheleinheit, ein Snack oder ein Moment zum Durchatmen sein. Viele Kinder sind nach so einer Pause wieder bereit, ihre Aktivität fortzusetzen. Eltern sollten beobachten, ob ihr Kind nach kurzer Zeit wieder motiviert ist oder weiterhin ablehnend reagiert. Wenn das Kind jedoch grundsätzlich keine Freude mehr an der Aktivität hat, sollte man gemeinsam überlegen, ob ein langfristiger Ausstieg sinnvoll ist.

Absprachen je nach Alter treffen

Kinder entwickeln sich unterschiedlich. Ein dreijähriges Kind versteht noch nicht, was es bedeutet, sich für ein ganzes Jahr an einen Kurs zu binden.

Ein so kleines Kind kann nicht abschätzen, was es bedeutet, regelmäßig zum Ballettunterricht zu gehen.

Moritz Daum

Bei älteren Kindern kann man jedoch klare Vereinbarungen treffen. Zum Beispiel kann man nach einem Probetraining entscheiden, ob das Kind sich für eine längere Zeit festlegt. Wenn Eltern im Voraus Geld für eine Aktivität bezahlen, kann eine Absprache helfen: Das Kind verpflichtet sich für einen bestimmten Zeitraum, bevor es eine neue Entscheidung trifft.

Der Joker als Lösung

Eine Idee, die Kindern mehr Eigenverantwortung gibt, ist der sogenannte „Joker“. Das bedeutet, dass das Kind in Absprache mit den Eltern ein bis zwei Mal im Jahr eine Aktivität ohne besonderen Grund ausfallen lassen darf. „Das gibt dem Kind die Möglichkeit, seine Entscheidung zu überdenken“, erklärt Daum. Diese Strategie ermögliche es dem Kind, bewusster zu entscheiden, ob es tatsächlich aussteigen will oder nur einen schlechten Tag hat.

Positive Erfahrungen nutzen

Viele Kinder haben vor dem Training keine Lust, kommen aber glücklich nach Hause. Eltern können sie daran erinnern, wie sie sich nach der Aktivität meistens fühlen. „Diese Erfahrung kann helfen, das Kind zu motivieren, wenn es mal keine Lust hat“, so Daum.

Eine weitere Möglichkeit ist die sogenannte „Exitstrategie“: Eltern und Kind vereinbaren, dass es eine Aktivität für eine gewisse Zeit durchhält, bevor gemeinsam entschieden wird, ob es weitermacht. Oft reicht es schon, dem Kind das Gefühl zu geben, dass es mitentscheiden darf – und es bleibt doch dabei.

Das Ziel sollte nicht sein, Kinder zu zwingen, sondern sie zu motivieren. Eltern können dabei helfen, indem sie die Bedürfnisse ihres Kindes ernst nehmen und nach Lösungen suchen, die sowohl Struktur als auch Flexibilität bieten. Letztendlich geht es darum, dem Kind die Möglichkeit zu geben, eigene Entscheidungen zu treffen und daraus zu lernen.

Kurz zusammengefasst:

  • Kinder verweigern manchmal Sport- oder Musikunterricht, weil sie müde sind, schlechte Erfahrungen machen oder lieber mit Freunden spielen – Eltern sollten die Ursache erfragen, statt auf Zwang zu setzen.
  • Eine kurze Pause oder kleine Anpassungen im Alltag können helfen, die Motivation zurückzubringen, während klare Absprachen je nach Alter des Kindes sinnvoll sind.
  • Strategien wie ein gelegentlicher „Joker-Tag“ oder das bewusste Erinnern an positive Erlebnisse geben dem Kind mehr Eigenverantwortung und fördern die langfristige Motivation.

Bild: © Pexels

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