Viele sind reicher als sie denken: Wer zur Mittelschicht gehört – und wer nicht
Politiker reden ständig von der Mittelschicht. Doch nur wenige wissen, wer wirklich dazugehört.

Die neue IW-Studie zeigt, ab welchem Einkommen eine Familie zur Mittelschicht zählt. © Pexels
Was bedeutet es eigentlich, zur Mittelschicht in Deutschland zu gehören? Diese Frage scheint einfach, aber die Antwort ist komplex und wandelt sich ständig. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat kürzlich klare Richtlinien festgelegt, die helfen, diese wichtige soziale Schicht genauer zu definieren. Die Einkommensgrenzen sind entscheidend, denn sie beeinflussen alles von Steuerpolitik bis zu persönlichen Lebensentscheidungen.
Klare Grenzen in der Mittelschicht
Nach der Definition des IW Köln wird ein Single zur Mittelschicht gezählt, wenn sein monatliches Nettoeinkommen zwischen 1.850 Euro und 3.470 Euro liegt. Für Familien mit zwei Kindern sind es zwischen 3.880 Euro und 7.280 Euro monatlich. Diese Zahlen basieren auf dem sogenannten Median, also dem Einkommen, das genau in der Mitte aller Gehälter liegt: 50 Prozent verdienen mehr, 50 Prozent weniger. Die Einkommensspannen von 80 bis 150 Prozent des Medians zeigen, wo die mittlere Einkommensklasse beginnt und endet.

Ein wichtiger Begriff in dieser Diskussion ist die „Bedarfsgewichtung“. Dieses Konzept berücksichtigt, dass die Lebenshaltungskosten nicht linear mit der Anzahl der Haushaltsmitglieder steigen. Zum Beispiel brauchen Kinder finanziell weniger als Erwachsene und das Zusammenleben mehrerer Personen kann kosteneffizienter sein als das Leben als Single. Ob ein Haushalt zur Mittelschicht gehört, hängt demnach stark von seiner Größe und Zusammensetzung ab.
Wer sind die wirklich Reichen?
Die Einkommensreichen, oft auch als obere Einkommensklasse bezeichnet, beginnen nach IW-Standard bei einem Singleeinkommen von über 5.780 Euro netto pro Monat. Das sind die Top vier Prozent der Einkommensbezieher, die deutlich mehr verdienen als der Durchschnitt. Obwohl tatsächlich nur vier Prozent der Deutschen als „reich“ gelten, vermuten viele Menschen, dass ein deutlich größerer Teil der Bevölkerung reich ist. In Umfragen schätzen die Befragten, dass etwa 25 Prozent der Bevölkerung zu den Einkommensreichen zählen.
Reich sind in der eigenen Wahrnehmung zumeist die anderen.
Autorin der Studie zur Oberschicht des IW Kölns, Judith Niehues
„Dass man als Paar ohne Kinder mit einem gemeinsamen Einkommen von über 8.670 Euro zu den einkommensreichsten vier Prozent der Bevölkerung zählt, überrascht viele“, erklärt Niehues.
Politische Bedeutung der Mittelschicht
Politiker aller Parteien betonen gerne, wie sehr ihre Politik der Mittelschicht zugutekommt. Der Grund: Viele Wähler identifizieren sich mit dieser Gruppe, egal ob sie statistisch dazu zählen oder nicht. Daher wird die Mittelschicht oft als Zielgruppe für politische Programme und Versprechungen herangezogen.
Realität versus Wahrnehmung
Es ist faszinierend zu sehen, dass trotz klarer statistischer Definitionen viele Menschen ihre eigene wirtschaftliche Lage anders einschätzen, als es die Zahlen nahelegen. Laut dem IW Köln zählt nur eine Minderheit in Deutschland tatsächlich zu den Hochverdienern, obwohl viele das Gefühl haben, sie würden dazu gehören.
Diese präzisen Definitionen und Abgrenzungen sind mehr als nur Zahlen. Sie helfen uns, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Landschaft Deutschlands besser zu verstehen und zeigen, wie wichtig es ist, Einkommensdaten sorgfältig zu analysieren und zu interpretieren.
Kurz zusammengefasst:
- Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln definiert die Mittelschicht in Deutschland mit klaren Einkommensgrenzen: Einzelne gehören mit einem Nettoeinkommen zwischen 1.850 und 3.470 Euro dazu, Familien mit zwei Kindern zwischen 3.880 und 7.280 Euro.
- Die oberen vier Prozent der Einkommensbezieher, die mehr als 5.780 Euro netto pro Monat verdienen, gelten als „einkommensreich“, obwohl viele Deutsche einen höheren Anteil Reicher vermuten.
- Die politische Bedeutung der Mittelschicht ist hoch, da viele Wähler sich mit ihr identifizieren, was Parteien nutzen, um gezielt Stimmen zu gewinnen.
Bild: © Pexels
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