Sorgen, Einsamkeit, Angst: Warum globale Konflikte die Lebensqualität von Kindern zerstören
Kriege und Klimawandel belasten Kinder massiv. 72 Prozent der Jugendlichen fühlen sich psychisch bedrängt.
Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bleibt auch Jahre nach der Corona-Pandemie angespannt. Die COPSY-Studie (COrona und PSYche) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hat in ihrer sechsten und siebten Befragungsrunde alarmierende Entwicklungen festgestellt. Obwohl sich das Wohlbefinden nach dem Ende der Pandemie zunächst verbessert hatte, zeigte sich im Herbst 2024 eine Stagnation. Fünf Prozent mehr junge Menschen als vor der Pandemie berichteten von anhaltenden psychischen Problemen. Besonders belastend wirken globale Krisen wie Kriege, wirtschaftliche Unsicherheiten und der Klimawandel.
Die COPSY-Studie basiert auf den Antworten von 2.865 Familien. Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 22 Jahren wurden von Mai 2020 bis Oktober 2024 regelmäßig befragt. Jüngere Kinder beantworteten die Fragen über ihre Eltern, ältere füllten die Fragebögen selbst aus. Die Ergebnisse geben nicht nur Einblicke in die Folgen der Pandemie, sondern beleuchten auch den wachsenden Einfluss globaler Krisen auf die seelische Gesundheit junger Menschen.
„Unsere COPSY-Studie zeigt eine signifikante Verschlechterung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu Beginn der Pandemie und eine langsame Verbesserung in den Folgejahren“, erläutert Studienleiterin Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer. Diese Entwicklung habe jedoch nicht angehalten:
Jetzt beeinflussen Ängste, insbesondere im Zusammenhang mit globalen Konflikten und der Klimakrise, die Lebensqualität und das Wohlbefinden.
Kinder kämpfen weiter mit seelischen Nachwirkungen der Pandemie
Die Lebensqualität junger Menschen war während der Pandemie massiv eingeschränkt. Besonders der zweite bundesweite Lockdown im Winter 2020/21 führte dazu, dass fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen (48 Prozent) eine geminderte Lebensqualität angab. In den Folgejahren verbesserte sich die Situation, doch die Werte aus der Zeit vor 2020 bleiben unerreicht. Im Herbst 2024 berichteten 21 Prozent der Befragten weiterhin von einer eingeschränkten Lebensqualität – ein Wert, der etwa fünf Prozent über den Prä-Pandemie-Werten liegt.
Ähnlich verhält es sich mit psychischen Auffälligkeiten. Während der Pandemie stiegen diese auf 30 Prozent, gingen in den Jahren 2022 und 2023 jedoch zurück. Dennoch leidet ein Fünftel (22 Prozent) der jungen Menschen weiterhin unter psychischen Problemen. „Ein weiteres zentrales Thema ist die Einsamkeit bei Kindern und Jugendlichen“, ergänzt Dr. Anne Kaman, stellvertretende Leiterin der Forschungssektion. Im Herbst 2024 gaben 21 Prozent an, sich einsam zu fühlen. Vor der Pandemie lag dieser Wert bei nur 14 Prozent.
Kriege, Klimakrise und Unsicherheit treiben Ängste in die Höhe
Die Ängste junger Menschen haben sich in den letzten Jahren verlagert. Während im Herbst 2024 nur noch 15 Prozent angaben, sich vor der Corona-Pandemie zu fürchten, stiegen die Sorgen über andere Themen deutlich an. 72 Prozent sorgen sich wegen globaler Konflikte wie Kriege und Terrorismus. Die wirtschaftliche Unsicherheit bereitet 62 Prozent der jungen Menschen Unbehagen, während 57 Prozent die Klimakrise beunruhigt. Diese Ängste stehen in engem Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für psychische Belastungen, wie die COPSY-Studie zeigt.
Familienzusammenhalt als Schutzschild gegen psychische Belastungen
Kinder und Jugendliche, die auf ein starkes soziales Netzwerk zählen können, sind weniger anfällig für psychische Probleme. „Kinder und Jugendliche, die optimistisch und zuversichtlich in die Zukunft schauen und sich von ihrem sozialen Umfeld gut unterstützt fühlen, sind besser geschützt“, erklärt Ravens-Sieberer. Dagegen seien junge Menschen aus sozioökonomisch benachteiligten Familien stärker gefährdet. Geringer Bildungsstand der Eltern, beengte Wohnverhältnisse oder psychische Belastungen der Eltern erhöhen das Risiko für psychische Probleme erheblich.
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Social Media: Ein Drittel leidet unter belastenden Inhalten
Ein Drittel der Kinder und Jugendlichen wird laut der Studie regelmäßig in sozialen Medien mit belastenden Inhalten konfrontiert. Ungefilterte Nachrichten über Krisen verstärken die Ängste. Darüber hinaus berichtet ein Fünftel von zusätzlichen Belastungen durch Ausgrenzung und Abwertung auf digitalen Plattformen. Diese negativen Erfahrungen tragen ebenfalls zu einer verschlechterten psychischen Gesundheit bei.
Was du dir merken solltest:
- Die COPSY-Studie zeigt, dass die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen seit der Corona-Pandemie weiterhin beeinträchtigt ist – Sorgen über globale Krisen wie Kriege und Klimawandel verstärken die Belastungen.
- Etwa 22 Prozent leiden an psychischen Auffälligkeiten, 21 Prozent fühlen sich einsam, und soziale Medien tragen bei einem Drittel zusätzlich zu psychischen Problemen bei.
- Kinder aus stabilen sozialen und familiären Verhältnissen sind besser geschützt, während sozioökonomische Benachteiligung das Risiko für psychische Probleme erhöht.
Übrigens: Kinder von süchtigen Eltern haben ein erhöhtes Risiko, selbst psychische Störungen zu entwickeln. Besonders gefährdet sind sie in der frühen Kindheit. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.
Bild: © Vecteezy