Rechtspopulistische Regierungen kürzen Forschungsgelder in Europa – Droht der „Brain Drain“?

Rechtspopulistische Parteien in Europa planen massive Kürzungen in der Forschung. Wissenschaftler bangen jetzt um wichtige Fördergelder und sehen Perspektiven schwinden.

Geert Wilders gehört zur rechtspopulistischen Partei für die Freiheit (PVV), die massive Kürzungen der Forschungsgelder anstrebt (Archivbild). © Wikimedia

Rechtsgerichtete Regierungen in Europa greifen massiv in die Forschungsbudgets ein. In Ländern wie den Niederlanden und Italien führen neue Koalitionen unter Beteiligung rechtspopulistischer Parteien dazu, dass Milliardenbeträge aus der Wissenschaft abgezogen werden. Ziel sind Einsparungen, die in andere politische Felder umgeleitet werden sollen, doch die Folgen für die Forschung sind dramatisch: Fördergelder für junge Wissenschaftler und internationale Zusammenarbeit stehen auf dem Spiel. Hochschulen verlieren damit nicht nur wichtige Mittel, sondern riskieren einen „Brain Drain“ – den Abzug hochqualifizierter Fachkräfte ins Ausland.

In den Niederlanden trat im Juli 2024 die rechtspopulistische Partei für die Freiheit (PVV) unter dem islamkritischen Politiker Geert Wilders einer Koalitionsregierung bei. Nun stehen Wissenschaftler in diesem international angesehenen Forschungsstandort vor jährlichen Kürzungen von bis zu einer Milliarde Euro. Zum Vergleich: Dieses Budget entspricht fast den Kosten einer großen Universität – und in den Niederlanden gibt es nur 14 Hochschulen dieser Art. Die neue Regierung plant, vor allem bei Förderungen für Nachwuchsforscher und offene Wissenschaftsprojekte zu sparen. Gelder für „Starter“- und „Stimulus“-Zuschüsse, die jungen Akademikern eine erste Finanzierung für ihre Forschung ermöglichen sollten, werden komplett gestrichen. Diese Programme waren erst 2022 eingeführt worden, um innovative Projekte zu fördern und den Arbeitsdruck für junge Forscher zu verringern. Nun sind viele Wissenschaftler besorgt, dass sie in Zukunft verstärkt auf private Finanzierung durch die Industrie angewiesen sein werden, um ihre Forschung fortzusetzen.

Eddie Brummelman, Vorsitzender der Young Academy in Amsterdam, sieht dadurch den akademischen Nachwuchs bedroht. Er sagte gegenüber Nature:

Ohne diese Förderungen sind junge Akademiker nun auf stark nachgefragte, wettbewerbsorientierte Forschungsstipendien angewiesen.

Eddie Brummelman

Auch der niederländische Forschungsrat (NWO) muss laut dem Nature-Bericht Sparmaßnahmen hinnehmen: Insgesamt 30 Millionen Euro pro Jahr fallen weg, was vor allem Projekte in der Forschungsinfrastruktur betrifft. Die Unterstützung für sogenannte „Open Science“-Projekte, die den freien Zugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen ermöglichen sollen, wird sogar um die Hälfte gekürzt.

„Brain Drain“: Abwanderung hochqualifizierter Wissenschaftler droht

Zusätzlich plant die niederländische Regierung, die Zahl internationaler Studierender zu senken. Ein neues Gesetz zur „ausgewogenen Internationalisierung“ soll künftig verhindern, dass zu viele Studiengänge auf Englisch angeboten werden. Damit soll die Zahl der ausländischen Studierenden begrenzt werden, die bisher aufgrund der englischsprachigen Angebote in die Niederlande kamen. Künftig müssten alle Bachelor-Programme eine Genehmigung einholen, um auf Englisch unterrichten zu dürfen. Diese Maßnahmen könnten dazu führen, dass internationale Fachkräfte das Land verlassen, befürchtet Caspar van den Berg, Präsident des Dachverbands der niederländischen Universitäten. Wenn das Gesetz umgesetzt wird, könnte dies zur Abwanderung (auch „Brain Drain“ genannt) von hochqualifizierten Forschern und Akademikern führen.

Die niederländische Regierung verteidigt die Kürzungen und erklärt, dass sie notwendig seien, um mehr Gelder in andere wichtige Bereiche wie Gesundheit und Sicherheit zu leiten. Eine Sprecherin des Bildungsministeriums betonte laut Nature, dass „der finanzielle Spielraum für solche Prioritäten geschaffen werden muss“, auch wenn das „Einsparungen in der Wissenschaft und Bildung“ erfordert.

Wissenschaft als Ziel politischer Sparmaßnahmen

Auch in Italien und Frankreich werden die Budgets für die Wissenschaft unter den neuen Regierungen eingeschränkt. Die italienische Regierung unter Premierministerin Giorgia Meloni, die seit 2022 regiert, hat ebenfalls Kürzungen im Universitätsbudget vorgenommen. Rund 500 Millionen Euro wurden dem Bildungsbereich entzogen, was nach Angaben italienischer Universitätsvertreter einer Budgetreduktion um etwa 5 Prozent entspricht. Wissenschaftler kritisieren die Maßnahmen und befürchten eine Schwächung des Forschungsstandorts Italien.

Auch in Frankreich unter der neuen Mitte-Rechts-Regierung wird am Forschungsbudget gespart. Die angekündigten Kürzungen treffen vor allem langfristige Förderungen, die bislang gesichert waren. Der Fokus dieser Regierungen liegt oft auf der Einschränkung von Einwanderung. Deshalb wird die Unterstützung der Wissenschaft zurückgefahren, erklärte der Politikwissenschaftler Robert-Jan Smits von der Technischen Universität Eindhoven. Er bezeichnete viele dieser Parteien als „Ein-Themen-Parteien“, die wenig Interesse an langfristigen Innovationen hätten und eher kurzfristige politische Ziele verfolgten.

Was du dir merken solltest:

  • In Europa führen rechtsgerichtete Regierungen massive Kürzungen im Wissenschaftsbereich durch. Es werden Milliardenbeträge aus der Forschung gestrichen und in andere politische Bereiche umgeleitet.
  • Besonders stark betroffen sind die Niederlande, wo Fördergelder für junge Forscher und internationale Projekte gekürzt werden. Wissenschaftler stehen vor jährlichen Einschnitten von bis zu einer Milliarde Euro. Das erhöht das Risiko eines „Brain Drains“ – die Abwanderung hochqualifizierter Fachkräfte.
  • In Italien und Frankreich sind ähnliche Sparmaßnahmen geplant. Populistische Parteien sind oft auf die Reduzierung der Einwanderung fokussiert und stellen wissenschaftliche Förderung zurück. Das schwächt langfristig die Innovationskraft.

Bild: © European Union 2015 – Source EP via Wikimedia unter CC BY 4.0

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