Optimismus verlängert das Leben – und schenkt mehr gesunde Jahre
Optimistische Menschen leben im Schnitt 11 bis 15 Prozent länger und erreichen häufiger das 85. Lebensjahr – unabhängig von Lebensstil und Status.

Wer sein Leben ins Gleichgewicht bringt und optimistisch bleibt, sorgt für mehr gesunde Jahre. © Pexels
Der Blick nach vorn, das Vertrauen, dass die Dinge gut ausgehen – diese Haltung kann das Leben spürbar verlängern. Schon 2019 zeigte eine groß angelegte Untersuchung der Boston University School of Medicine: Optimismus verlängert das Leben – und zwar um durchschnittlich 11 bis 15 Prozent. Menschen mit einer optimistischen Grundhaltung hatten außerdem deutlich bessere Chancen, mindestens 85 Jahre alt zu werden.
Auch wenn die Studie bereits einige Jahre zurückliegt, bleibt ihr Befund aktuell. Sie gilt bis heute als eine der wichtigsten Untersuchungen, die den Einfluss von Optimismus auf Gesundheit und Lebensdauer nachweisen.
Frauen und Männer profitieren gleichermaßen
Die Daten stammen aus zwei traditionsreichen Langzeitstudien. In der Nurses’ Health Study wurden 69.744 Frauen über zehn Jahre hinweg begleitet. Ihr Durchschnittsalter lag bei 70 Jahren. Frauen im obersten Viertel der Optimismus-Skala lebten im Schnitt 14,9 Prozent länger als jene im niedrigsten. Nach Abgleich mit Gesundheits- und Verhaltensdaten betrug der Vorteil noch immer 8,7 Prozent.
Bei den Männern untersuchte die Veterans Affairs Normative Aging Study 1.429 Teilnehmer, im Schnitt 62 Jahre alt, über einen Zeitraum von 30 Jahren. Männer mit den höchsten Optimismuswerten lebten rund 10,9 Prozent länger, selbst nach vollständiger Bereinigung blieb ein Vorteil von 9,8 Prozent.
Wer optimistisch ist, erreicht öfter das 85. Lebensjahr
Besonders eindrucksvoll sind die Zahlen zur außergewöhnlichen Langlebigkeit, also dem Erreichen von mindestens 85 Jahren. Frauen mit hoher Zuversicht hatten eine 1,5-fach höhere Chance, dieses Alter zu erleben. Männer mit einer positiven Lebenseinstellung sogar eine 1,7-fach höhere.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Optimismus mit einer um 11 bis 15 Prozent längeren durchschnittlichen Lebensspanne und größeren Chancen für außergewöhnliche Langlebigkeit verbunden ist“, heißt es in der Studie.
Optimismus beeinflusst Gesundheit auf mehreren Ebenen
Optimistische Menschen neigen dazu, gesünder zu leben. Sie rauchen weniger, bewegen sich mehr, achten stärker auf ihre Ernährung und haben seltener Übergewicht. Auch Depressionen oder Diabetes treten bei ihnen seltener auf. Doch selbst wenn all diese Faktoren herausgerechnet werden, bleibt ein messbarer Vorteil.
„Optimismus könnte eine wichtige psychosoziale Ressource sein, die dazu beiträgt, die Lebensdauer im höheren Alter zu verlängern“, schreiben die Studienautoren. Damit wird Optimismus zu einem psychischen Schutzfaktor, der ähnlich bedeutsam sein kann wie klassische Risikofaktoren in der Medizin.
Positiv denken hilft, Stress besser zu bewältigen
Ein Teil der Erklärung liegt im Umgang mit Stress. Optimistische Menschen reagieren weniger heftig auf Belastungen und erholen sich schneller. Sie betrachten Probleme eher als Herausforderung, nicht als Bedrohung. Das macht sie widerstandsfähiger in schwierigen Situationen.
Hinzu kommen messbare biologische Effekte: Untersuchungen zeigen, dass optimistische Menschen gesündere Werte im Herz-Kreislauf-System, beim Stoffwechsel, im Immunsystem und in der Lungenfunktion aufweisen.
Optimismus ist trainierbar
Ein wichtiger Punkt: Optimismus ist nicht festgeschrieben. Rund 25 Prozent sind genetisch bedingt, der Rest wird durch Erfahrungen und das soziale Umfeld geprägt. „Es gibt Hinweise, dass Optimismus veränderbar ist, daher könnten Interventionen zur Steigerung von Optimismus ein vielversprechender Weg sein, um Langlebigkeit zu fördern“, so die Forscher.
Schon kurze Übungen können helfen, die Grundhaltung zu verbessern – zum Beispiel:
- Schreibübungen: Wer regelmäßig positive Erfahrungen notiert, lenkt den Blick stärker auf das Gelungene
- Meditation und Achtsamkeit: Sie fördern den bewussten Umgang mit Gedanken und Gefühlen
- Kognitive Verhaltenstechniken: Sie helfen, pessimistische Denkmuster zu hinterfragen und durch konstruktivere zu ersetzen
In klinischen Programmen für Herzpatienten zeigte sich, dass schon acht Wochen Training die optimistische Haltung deutlich steigern können.
Einschränkungen bleiben bestehen
Die Ergebnisse gelten vor allem für die untersuchten Gruppen – überwiegend weiße, sozial privilegierte Teilnehmer. Ob die Effekte in anderen Bevölkerungsgruppen genauso stark sind, ist noch unklar. Auch lässt sich nie vollständig ausschließen, dass schlechtere Gesundheit am Anfang zu weniger Optimismus geführt hat.
Um diesen Effekt zu mindern, schlossen die Forscher Personen mit schweren Erkrankungen zu Beginn aus. Auch in den Sensitivitätsanalysen blieb der Zusammenhang zwischen Optimismus und längerer Lebenszeit bestehen.
Kurz zusammengefasst:
- Menschen mit optimistischer Haltung leben im Schnitt 11 bis 15 Prozent länger – Optimismus verlängert somit das Leben und erhöht die Chance auf das Erreichen von 85 Jahren.
- Dieser Effekt bleibt auch bestehen, wenn Lebensstil, Bildung, Krankheiten oder Depressionen berücksichtigt werden.
- Optimismus wirkt wie ein eigenständiger Schutzfaktor, er ist teilweise erlernbar und fördert gesündere Körperwerte sowie bessere Stressbewältigung.
Übrigens: Edward Thorp, legendärer Mathematiker und 93 Jahre alt, sieht Gesundheit als Wahrscheinlichkeits-Spiel – und lebt danach. Welche Regeln ihm in Bezug auf Bewegung, Ernährung und kluge Vorsorge zu einem langen Leben verhelfen, mehr dazu in unserem Artikel.
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