Jüngere fordern Nachhaltigkeit, Ältere leben sie häufiger – ein Faktor ist dabei entscheidend
Jüngere Menschen fordern häufiger lautstark, nachhaltiger zu leben, während ältere dies häufiger in die Tat umsetzen.
Jüngere Menschen setzen sich durch Bewegungen wie „Fridays for Future“ lautstark für eine nachhaltigere Lebensweise ein. Laut Ingo Balderjahn sind es allerdings häufiger ältere Menschen, die bewusster einkaufen – das sagte der emeritierte Professor für nachhaltigen Konsum gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zwischen den Angaben über umweltfreundliches Verhalten und dem tatsächlichen Handeln bestehe häufig eine Diskrepanz, unabhängig vom Alter.
Lucia Reisch, Professorin an der Universität Cambridge, stimmt ihrem Kollegen zu: Jüngere Menschen fordern zwar mehr Nachhaltigkeit, setzen diese jedoch weniger konsequent um. Ältere Menschen wiederum können sich nicht nur mehr leisten, sondern verfügen auch über ein größeres Bewusstsein für umweltfreundliches Verhalten.
Der Konsum Jüngerer fällt ambivalent aus
Auf den ersten Blick zeigt sich bei Jüngeren ein scheinbar nachhaltigeres Verhalten. Sie ernähren sich öfter vegetarisch oder vegan und nutzen häufiger öffentliche Verkehrsmittel. Gleichzeitig verzeichnet der Flughafenverband ADV jedoch einen deutlichen Anstieg von Flugreisen bei unter 30-Jährigen. Der Anteil junger Flugreisender ist zwischen 2008 und 2022 von 21 auf 29 Prozent gestiegen.
Viele Jüngere sind zudem materiell schlechter gestellt, was die finanzielle Möglichkeit einschränkt, nachhaltige Produkte zu erwerben. Gleichzeitig können sie wegen ihrer geringeren Kaufkraft weniger konsumieren, was die Gesamtökobilanz beeinflusst.
Das Einkommen spielt eine entscheidende Rolle
Nachhaltigkeit scheint vielmehr eine Frage des Einkommens als des Alters zu sein. Laut Nachhaltigkeitsforscherin Petra Süptitz sind es besonders Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 4.000 Euro oder mehr, die bereit sind, größere Ausgaben unter Ökologieaspekten zu tätigen. Wohlhabendere Menschen können sich etwa Elektroautos oder energieeffiziente Geräte leisten, was ärmeren Haushalten oft verwehrt bleibt.
Ein höheres Einkommen geht allerdings häufig mit einem insgesamt höheren Konsumniveau einher – insbesondere bei Superreichen. Dadurch verschlechtert sich die ökologische Bilanz wohlhabender Haushalte.
Krisen beeinflussen das Verhalten
Die Corona-Pandemie, steigende Inflationsraten und internationale Konflikte haben die Bereitschaft zu nachhaltigem Konsum bei vielen Menschen gesenkt. Laut einer GfK-Studie wächst der Anteil der Menschen, die Nachhaltigkeit als finanziell nicht tragbar empfinden, von einem Drittel im Jahr 2019 auf knapp die Hälfte der Befragten im Jahr 2023. Betroffen sind besonders Single-Haushalte, Frauen und Menschen mit niedrigem Einkommen.
Zusätzlich sind 50 Prozent der Befragten überzeugt, dass ihr individuelles Verhalten keinen großen Einfluss auf den Klimaschutz hat, wenn andere nicht mitziehen. Unternehmen spielen Süptitz zufolge eine zentrale Rolle, um Konsumenten zu umweltfreundlichem Verhalten zu motivieren.
„Green inDeed“: Wer handelt wirklich nachhaltig?
Laut GfK lassen sich Konsumenten in fünf Gruppen einteilen. Die Gruppe „Green inDeed“ umfasst Menschen, die nach eigenen Angaben tatsächlich nachhaltig handeln. Diese Gruppe ist bei den 45- bis 78-Jährigen am größten vertreten. Jüngere Menschen scheinen in den Studien weniger zu dieser Gruppe zu zählen, was auf eine geringere Konsistenz zwischen Bewusstsein und Verhalten hindeutet.
Die Daten müssen jedoch vorsichtig interpretiert werden, da sie auf Selbstauskünften basieren. Studien des Umweltbundesamtes, die objektive Kriterien wie CO2-Emissionen berücksichtigen, zeigen andere Ergebnisse. So weisen Menschen zwischen 50 und 65 Jahren die höchsten Treibhausgasemissionen auf. Rentner hingegen hinterlassen den kleinsten ökologischen Fußabdruck.
Generationenübergreifende Ansätze notwendig
Michael Bilharz vom Umweltbundesamt betont laut FAZ, dass nachhaltiger Konsum von Generation zu Generation unterschiedlich gelebt wird. Er sieht keinen Sinn darin, eine Trennlinie zwischen den Altersgruppen zu ziehen. Die Transformation hin zu einem umweltfreundlicheren Konsum erfordere sowohl individuelles Verhalten als auch die Schaffung politischer Rahmenbedingungen.
Was ist entscheidend für den Wandel hin zu nachhaltigen Konsumweisen? Sind es die Leute, die entsprechende Produkte kaufen? Oder sind es die Leute, die für entsprechende Rahmenbedingungen auf die Straße gehen? Es braucht natürlich beides.
Michael Bilharz
Was du dir merken solltest:
- Nachhaltiger Konsum hängt weniger vom Alter als vom Einkommen ab, sagen Studien.
- Jüngere fordern oft grüne Veränderungen, handeln aber ambivalent – etwa durch mehr Flugreisen.
- Ältere kaufen bewusster, was jedoch durch höhere Gesamtemissionen relativiert wird.
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