Kita-Fachkräfte brechen weg: In zehn Bundesländern sinkt der Anteil – Bayern Schlusslicht

Der Anteil qualifizierter Kita-Fachkräfte ist in zehn Bundesländern zurückgegangen. Thüringen ist am besten aufgestellt, Bayern verzeichnet die niedrigste Quote.

Kita-Fachkräfte brechen weg: In zehn Bundesländern sinkt der Anteil – Bayern Schlusslicht

Vielerorts fehlen Kita-Fachkräfte, Bayern landet auf dem letzten Platz. © Pexels

Eltern suchen verzweifelt nach einem Kita-Platz für ihr Kind, Kommunen kämpfen mit knappen Kassen, und Träger müssen Personal einstellen, das oft nicht die klassische Ausbildung mitbringt. Der Alltag in deutschen Kitas wird schwieriger – nicht nur wegen der vielen Kinder mit Betreuungsbedarf, sondern vor allem wegen der sinkenden Zahl an qualifiziertem Personal.

Neue Daten der Bertelsmann Stiftung zeigen nun, dass sich die Situation weiter zuspitzt: In zehn Bundesländern ist der Anteil der Kitas mit einem hohen Anteil an einschlägig ausgebildeten Fachkräften von 2023 auf 2024 gesunken. Am stärksten betroffen sind Bremen, das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern. Lediglich in Sachsen konnte die Quote spürbar steigen. Für Eltern, die auf eine gute Betreuung und Förderung hoffen, sind das ernüchternde Zahlen.

Osten erreicht Spitzenwerte, Bayern landet auf dem letzten Platz

Die Unterschiede zwischen den Regionen sind gewaltig. Alle zehn Landkreise und Städte mit den besten Quoten liegen im Osten. Thüringen sticht besonders hervor: Im Landkreis Sömmerda verfügen 94,3 Prozent der Kita-Teams über eine hohe Fachkraft-Quote. Damit liegt er bundesweit an der Spitze.

Ganz anders Bayern: Dort finden sich die zehn Landkreise und Städte mit den niedrigsten Quoten. Im Landkreis Augsburg schaffen es nur 2,3 Prozent der Kitas, eine hohe Fachkraft-Quote zu erreichen. Zum Vergleich: In Hessen beträgt der Unterschied zwischen dem besten und schlechtesten Kreis stolze 57 Prozentpunkte – von 66,2 Prozent in Hersfeld-Rotenburg bis zu 9,1 Prozent in Offenbach.

Grafik zeigt: In zehn Bundesländern sinkt der Anteil qualifizierter Kita-Fachkräfte – Bayern landet ganz hinten, Thüringen vorn. © Bertelsmann Stiftung
Grafik zeigt: In zehn Bundesländern sinkt der Anteil qualifizierter Kita-Fachkräfte – Bayern landet ganz hinten, Thüringen vorn. © Bertelsmann Stiftung

Immer mehr Quereinsteiger: Kita-Qualität leidet

Die Ursachen liegen vor allem in den rechtlichen Regelungen. Immer mehr Bundesländer erlauben inzwischen, auch Quereinsteiger aus völlig anderen Berufen als Fachkräfte einzusetzen. Das können etwa Physiotherapeuten oder Geburtshelfer sein. Sie bringen zwar Berufserfahrung mit, verfügen aber nicht über eine pädagogische Ausbildung.

Die Bertelsmann Stiftung sieht diese Entwicklung kritisch. „Neue Berufsgruppen für die Kitas zu gewinnen, ist grundsätzlich gut. Aber darunter darf die Professionalität nicht leiden“, mahnt Anette Stein, Expertin für frühkindliche Bildung. Stein erklärt:

Um das Aufwachsen, Lernen und die Entwicklung der Kinder individuell zu fördern, braucht es die nötige pädagogische Qualifikation.

Billigeres Personal ersetzt Fachkräfte

Der Hintergrund ist oft finanzieller Natur. Fachkräfte mit anerkannter Ausbildung kosten mehr. Deshalb greifen Träger – ob kommunal oder frei – gerne auf Beschäftigte zurück, die weniger verdienen. Stein warnt: „Angesichts knapper Kassen ist die Versuchung groß, an der Kita-Qualität zu sparen – ohne Rücksicht auf die langfristigen Folgen.“

Damit droht eine zentrale Stärke des deutschen Systems verloren zu gehen. Im internationalen Vergleich liegen die Fachkraft-Quoten in Deutschland traditionell über dem EU-Durchschnitt. Sinkt dieser Standard, leidet die Qualität – und das in einer Phase, in der die frühkindliche Förderung als entscheidend für den Bildungserfolg gilt.

Einheitliche Standards sollen Qualität sichern

Die Stiftung fordert deshalb, dass die Bundesländer den Status der Fachkräfte klar und einheitlich definieren. Unterschiede zwischen einzelnen Ländern führen heute zu einer unübersichtlichen Lage. Zudem müsse es verpflichtende Weiterbildungen geben, damit Quereinsteiger berufsbegleitend die nötigen Kenntnisse erwerben können.

Ein weiteres Problem ist die Personalplanung. In vielen ostdeutschen Regionen sinkt die Zahl der Kinder, während im Westen der Bedarf steigt. Hier sollten die Länder vorausschauend handeln und ihre Personalverordnungen anpassen. Dort, wo weniger Kinder betreut werden müssen, wäre es möglich, die Standards hochzuhalten, ohne Druck auf die Träger auszuüben.

Neben klaren Regeln braucht es auch mehr Geld. Viele Städte und Gemeinden kämpfen mit hohen Defiziten. Ohne Unterstützung von Bund und Ländern können sie den Bedarf an guter frühkindlicher Bildung kaum finanzieren.

Initiative will Thema stärker in die Öffentlichkeit bringen

„Wenn wir gute Kitas für alle Kinder wollen, müssen Bund und Länder konsequent in die Qualität investieren und die professionellen Standards erhalten“, fordert Stein. Mit der Initiative „Es geht um jedes Kind!“ will die Stiftung das Thema stärker in die öffentliche Debatte tragen.

Für die Analyse wurden Daten der Kinder- und Jugendhilfestatistik zum Stichtag 1. März 2024 ausgewertet. Eine hohe Fachkraft-Quote bedeutet, dass mindestens 82,5 Prozent der Beschäftigten einen einschlägigen Fachschulabschluss besitzen. Dazu zählen Abschlüsse als Erzieher, Kindheitspädagogen, Heilpädagogen oder Sozialpädagogen.

Spannweite bleibt enorm

Das Beispiel zeigt, wie groß die Unterschiede sind. In Nordrhein-Westfalen reicht die Spanne von 62 Prozent im Kreis Höxter bis zu 9 Prozent in Mönchengladbach. Damit entscheidet oft der Wohnort der Familie über die Chancen eines Kindes auf eine qualifizierte Betreuung.

Für Eltern, Kommunen und Politik bleibt die Frage: Wie lässt sich Qualität sichern, ohne dass die Kosten explodieren? Die aktuellen Zahlen liefern darauf noch keine endgültige Antwort – sie zeigen aber, wie dringend das Thema angegangen werden muss.

Kurz zusammengefasst:

  • In zehn Bundesländern ist der Anteil von Kitas mit vielen qualifizierten Fachkräften gesunken, Bayern liegt bundesweit am Ende.
  • Ostdeutsche Kreise erreichen Spitzenwerte, etwa Sömmerda in Thüringen mit über 94 Prozent Fachkraft-Quote.
  • Kostendruck führt dazu, dass Quereinsteiger häufiger eingesetzt werden – Experten fordern einheitliche Standards und mehr Finanzierung durch Bund und Länder.

Übrigens: Während eine Untersuchung sinkende Kita-Fachkräfte belegt, zeigt eine andere, dass 14 Prozent der Familien trotz Rechtsanspruch keinen Krippenplatz finden. Besonders im Westen fehlen Angebote – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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