„Wenn du nicht brav bist, bringt der Weihnachtsmann keine Geschenke“ – Experten warnen vor leeren Drohungen

Drohungen, Bestechungen und Frust: Eltern kämpfen täglich mit Trotz und Ungehorsam. Experten zeigen, was wirklich hilft.

Ein Viertel der Eltern droht mit „Kein Weihnachtsmann“. Doch leere Versprechen können das Vertrauen der Kinder zerstören. © Midjourney

Ein Viertel der Eltern droht mit „Kein Weihnachtsmann“. Doch leere Versprechen können das Vertrauen der Kinder zerstören. © Midjourney

Wie diszipliniert man kleine Kinder richtig? Eine Umfrage der University of Michigan hat 725 Eltern mit Kindern im Alter von ein bis fünf Jahren befragt. Die Ergebnisse zeigen: Eltern nutzen eine Vielzahl von Strategien, stoßen dabei aber oft an ihre Grenzen. Während viele Methoden sinnvoll erscheinen, warnen Experten vor schädlichen Ansätzen wie leeren Drohungen oder körperlicher Bestrafung.

Eltern setzen auf unterschiedliche Methoden

Die meisten Eltern stimmen sich über Disziplinierungsmaßnahmen mit dem anderen Elternteil ab. Laut der Umfrage besprechen 63 Prozent der Befragten ihre Strategien. Andere holen sich Rat bei Freunden und Familie (36 Prozent) oder suchen Informationen in Büchern, Artikeln und sozialen Medien. 17 Prozent sprechen mit Kinderärzten, während 13 Prozent angeben, gar nicht über Disziplinierungsstrategien nachzudenken.

Häufig greifen Eltern zu bewährten Methoden wie Warnungen (53 Prozent oft, 42 Prozent manchmal) oder einem festen Tonfall (49 Prozent oft, 48 Prozent manchmal). Auch das Umlenken der Aufmerksamkeit und Time-outs gehören zu den Standardmethoden. Eltern von Kleinkindern zwischen einem und zwei Jahren setzen häufiger auf Ablenkung, während Eltern älterer Kinder eher auf Warnungen oder Auszeiten zurückgreifen.

Leere Drohungen und Bestechungen: Experten raten ab

Die Umfrage zeigt jedoch, dass viele Eltern auf fragwürdige Methoden setzen. So geben 24 Prozent der Eltern von Kindern zwischen drei und fünf Jahren zu, mit „kein Weihnachtsmann, keine Geschenke“ zu drohen. Noch häufiger werden Spielzeug- oder Nachtisch-Entzug angedroht, obwohl Experten wie Dr. Susan Woolford davor warnen:

Leere Drohungen untergraben die Glaubwürdigkeit der Eltern und sind meist ineffektiv.

Stattdessen sollten Konsequenzen unmittelbar und logisch sein, um die Verbindung zum Fehlverhalten klarzumachen, rät Woolford laut Pressemitteilung. Wenn ein Kind beispielsweise aus Wut ein Getränk verschüttet, wäre eine angemessene Strafe, es die Sauerei aufwischen zu lassen, während eine nicht damit zusammenhängende Strafe weniger effektiv ist.

Auch Bestechungen sind weit verbreitet. Fast die Hälfte der Eltern nutzt sie, um Wutanfälle zu vermeiden. Ein Beispiel aus dem Alltag ist, ein tobendes Kind mit Süßigkeiten beruhigen zu wollen: „Wenn du jetzt aufhörst zu schreien, bekommst du ein Eis.“ Die Expertin sehen das jedoch kritisch: „Kinder lernen, dass sie durch ein Verhalten wie Wutanfälle belohnt werden können“, erklärt Woolford. Besonders in der Öffentlichkeit sei es jedoch verständlich, wenn Eltern versuchen, Stresssituationen zu entschärfen.

Körperliche Bestrafung schadet langfristig

Obwohl die Mehrheit der Eltern sie ablehnt, geben immer noch zwei von fünf an, gelegentlich zu körperlicher Bestrafung wie den Hintern versohlen zu greifen. Studien zeigen jedoch, dass solche Methoden langfristig schädlich sein können. „Körperliche Strafen wie den Hintern zu versohlen sind völlig unangemessen. Sie führen außerdem häufiger zu Trotz und Aggression bei Kindern“, betont Woolford. Stattdessen empfiehlt sie Time-outs, bei denen Kinder eine Pause machen und ihre Emotionen regulieren können.

Übrigens: Auch die Methode der Time-outs ist pädagogisch umstritten. Besonders Kleinkinder können ihre Gefühle noch nicht selbstständig regulieren und sind auf Co-Regulierung der Eltern angewiesen.

Laut der Umfrage fühlen sich viele Eltern inkonsequent. Gründe dafür sind unter anderem Müdigkeit, Frust oder die Schwierigkeit, Strategien konsequent anzuwenden. „Es ist wichtig, dass Eltern ihre Ansätze im Vorfeld planen“, so Woolford. Eine gemeinsame Linie hift dabei, klare Erwartungen zu setzen und widersprüchliche Signale zu vermeiden.

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Disziplin an das Alter anpassen

Disziplinierungsmethoden sollten immer dem Alter des Kindes angepasst werden. Für ein- bis zweijährige Kinder, die ihre Umwelt gerade erst erkunden, seien Ablenkung und Umlenkung die besten Methoden. „Willentliche Regelverstöße sind in diesem Alter selten“, erklärt Woolford.

Bei älteren Kindern ab drei Jahren, die Ursache und Wirkung bereits verstehen, sollten Eltern logische Konsequenzen anwenden. Ein Beispiel: Malt ein Kind absichtlich die Wände an, kann es dazu angehalten werden, den Schaden wieder zu beseitigen. Verzögerte oder unzusammenhängende Strafen hingegen wie ein Fernsehverbot sind oft weniger wirksam.

Flexibilität und positive Verstärkung

Woolford betont, dass es keine universelle Methode gibt, um Kinder zu disziplinieren. „Jedes Kind ist einzigartig und reagiert unterschiedlich auf bestimmte Ansätze“, erklärt sie. Eltern sollten daher flexibel bleiben und ihre Strategien anpassen. Neben der Korrektur von Fehlverhalten spielt auch positive Verstärkung eine wichtige Rolle. Lob und kleine Belohnungen stärken das Selbstbewusstsein des Kindes und zeigen, dass es aus Fehlern lernen kann.

Die Umfrage verdeutlicht, dass es für viele Eltern eine Herausforderung darstellt, Kinder wirkungsvoll zu disziplinieren. Doch mit klaren Regeln, altersgerechten Ansätzen und einer gesunden Portion Geduld kann Erziehung in diesem Bereich gelingen – ganz ohne leere Drohungen und Bestechungen.

Was du dir merken solltest:

  • Konsistenz ist entscheidend: Klare Regeln und altersgerechte Methoden wie Ablenkung, Time-outs oder logische Konsequenzen fördern gutes Verhalten.
  • Leere Drohungen und körperliche Strafen vermeiden: Diese untergraben Vertrauen und fördern langfristig Trotz oder Aggression.
  • Positive Verstärkung wirkt nachhaltig: Lob und kleine Belohnungen stärken das Selbstbewusstsein und helfen Kindern, aus Fehlern zu lernen.

Übrigens: Ein häufig unterschätzter Grund für Erschöpfung und Stress bei Eltern ist Perfektionismus – er erzeugt einen Druck, der sich auch auf die Kinder überträgt. Mehr dazu erfährst du in unserem Artikel.

Bild: © Midjourney

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