Wer seine Kinder vom Bildschirm weglocken will, braucht grüne Alternativen
Eine Studie zeigt: Fehlen Parks, häufen Kinder mehr Bildschirmzeit an – und Programme zur Reduktion bleiben dann so gut wie wirkungslos.
Kinder verbringen weniger Zeit vor Bildschirmen, wenn sie Zugang zu grünen Freiflächen haben: Das zeigt eine Studie der University of Michigan, die sich mit den Erfolgschancen von Programmen zur Reduktion der Bildschirmzeit beschäftigt hat. Die Nähe zu Grünflächen wie Wäldern, offenen Wiesen oder Parks spielt dabei eine entscheidende Rolle, erklärt der leitende Autor der Studie, Ian-Marshall Lang. In Vierteln mit begrenztem Zugang zu solchen Freiflächen bleiben ähnliche Maßnahmen, die Kinder von Bildschirmen weglocken sollen, oft wirkungslos.
Die Studie verknüpfte Daten aus der Healthy Communities Study mit Informationen über die Wohnumgebungen der Kinder. Ziel war es, Unterschiede in der Wirksamkeit von Programmen zur Bildschirmzeit-Reduktion zu erklären – auch im Hinblick auf Ungleichheiten beim Zugang zu Grünflächen nach ethnischer Zugehörigkeit.
Ungleiche Verteilung belastet Kinder
Die Analyse zeigt, dass in Vierteln mit höherem Anteil an hispanischen oder schwarzen Bewohnern weniger Grünflächen verfügbar sind. Kinder aus diesen Gegenden überschreiten häufiger die empfohlenen zwei Stunden tägliche Bildschirmzeit. Diese Unterschiede könnten erklären, warum Maßnahmen in solchen Nachbarschaften oft weniger erfolgreich sind.
Lang erklärt: „Um Ungleichheiten bei der Bildschirmzeit zu beseitigen, brauchen wir Lösungen, die ein faires, gerechtes und gesundes Umfeld für alle Gemeinschaften schaffen.“ Programme zur Reduktion der Bildschirmzeit sind nur dann effektiv, wenn die Umgebung Alternativen wie Parks bietet. Intensive Kampagnen ohne unterstützende Infrastruktur erreichen in betroffenen Vierteln oft nicht das gewünschte Ziel.
Parks als Schlüssel für Verhaltensänderungen
Lang zufolge ziehen Grünflächen Kinder nach draußen und bieten ihnen Möglichkeiten, sich aktiv zu beschäftigen. Fehlt diese Umgebung, bleiben Kinder häufiger in ihren Häusern und vor Bildschirmen. Gemeinden mit mehr als 30 Prozent schwarzen oder hispanischen Bewohnern haben oft weniger Grünflächen. Programme sind in solchen Gebieten weniger erfolgreich, selbst wenn sie intensiver gestaltet werden.
„Wir wissen, dass es in den USA ethnische Ungleichheiten beim Zugang zu Grünflächen gibt und dass diese Ungleichheiten mit den gesundheitlichen Ergebnissen der Bevölkerung zusammenhängen“, so Lang. Die Studie ergänzt diese Erkenntnisse um den Aspekt, dass fehlende Grünflächen auch die Wirksamkeit von Bildungs- und Bewegungsprogrammen einschränken.
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Empfehlungen für Städte und Gemeinden
Die Autoren rufen Organisationen und lokale Verwaltungen dazu auf, mehr in Grünflächen zu investieren. Projekte wie das „10-Minute Walk Program“, das einen Parkzugang in maximal zehn Gehminuten vorsieht, können langfristig helfen, Ungleichheiten zu verringern. Die Ergebnisse der Studie liefern Lang zufolge wissenschaftliche Argumente für solche Initiativen.
Die Untersuchung zeigt zwar keine direkte Ursache-Wirkung-Beziehung, doch sie verdeutlicht, dass Verhaltensänderungen in benachteiligten Umgebungen ohne geeignete Infrastruktur schwer zu erreichen sind. Städte sollten daher darauf hinarbeiten, allen Kindern gleichberechtigten Zugang zu Grünflächen zu ermöglichen, um ihre Gesundheit nachhaltig zu fördern.
Was du dir merken solltest:
- Programme zur Reduktion der Bildschirmzeit funktionieren nur mit ausreichend Grünflächen in Wohngebieten.
- In Vierteln mit wenig Parks sitzen Kinder oft länger vor Bildschirmen, war besonders in benachteiligten Gemeinden häufiger der Fall ist.
- Ungleichheiten beim Zugang zu Grünflächen schränken Programme zur Gesundheitsförderung stark ein.
Übrigens: In Städten mit vielen Grünflächen sind Menschen glücklicher, wie eine Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung ergeben hat. Mehr dazu findest du in unserem Artikel.
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