Fast jede zweite Minute: Kinder verbringen bei Großeltern den halben Tag vor dem Bildschirm

Eine Studie zeigt: Wenn Kinder von ihren Großeltern betreut werden, verbringen sie fast die Hälfte der Zeit vor dem Bildschirm – meist ohne Begleitung oder Erklärung.

Kinder bei den Großeltern: Bildschirmzeit nimmt überhand

Kinder sitzen bei der Betreuung durch Großeltern häufig vor Fernseher, Tablet oder Spielkonsole – im Schnitt rund 3,5 Stunden täglich. © Pexels

Wenn die Großeltern einspringen, ist das für viele Familien ein Segen. Sie holen ab, passen auf, helfen im Alltag. Doch wie sieht diese gemeinsame Zeit wirklich aus? Eine neue Studie der University of Arizona zeigt: In fast der Hälfte der Zeit, die Kinder bei ihren Großeltern verbringen, geht es um Bildschirmzeit – oft unbeaufsichtigt, ohne Gespräch, ohne Einordnung. Im Schnitt sind es 3,5 Stunden täglich bei rund sieben Stunden Betreuung.

Großeltern schränken Bildschirmzeit der Kinder eher ein, als dass sie erklären

Die Studie hat untersucht, wie Großeltern in den USA mit der Mediennutzung ihrer Enkel zwischen zwei und zehn Jahren umgehen. Insgesamt nahmen 350 Großeltern teil – zu gleichen Teilen Männer und Frauen.

Das Ergebnis: Oma und Opa setzen meist auf Kontrolle – etwa durch Zeitlimits oder feste Regeln. Nur wenige erklären, was im Fernsehen passiert oder schauen gemeinsam mit. Vieles läuft einfach im Hintergrund.

Technik-Know-how entscheidet über die Medienerziehung

Spannend ist, dass die technische Erfahrung der Großeltern den Unterschied macht. Wer sich mit digitalen Geräten auskennt, setzt deutlich häufiger auf aktive Medienbegleitung: „Die technischen Fähigkeiten der Großeltern sind ein entscheidender Prädiktor für ihre Mediationsstrategien“, sagt Studienleiterin Cecilia Sada Garibay.

Das heißt: Großeltern, die verstehen, wie Tablets, Apps oder Streamingdienste funktionieren, können erklären, einschätzen und begleiten. Wer sich überfordert fühlt, greift schneller zum Verbot – oder lässt den Bildschirm einfach laufen.

Großeltern steuern die Bildschirmzeit der Kinder unterschiedlich

Großmütter kümmern sich intensiver um das Medienverhalten der Enkelkinder. Sie schalten häufiger ein, aber auch öfter aus. Großväter zeigen insgesamt weniger Interesse an Regeln oder Inhalten – es sei denn, sie bringen technisches Wissen mit. Dann steigt auch bei ihnen die Bereitschaft, genauer hinzusehen.

Sada Garibay berichtet aus eigener Erfahrung: „Meine Mutter hat mir immer bei der Betreuung geholfen. Ich habe beobachtet, dass meine Kinder Medien anders nutzten, wenn sie bei ihr waren.“

Wenn Mediennutzung zum Zankapfel wird

Ein weiteres Ergebnis betrifft die Beziehung zwischen den Generationen. Großeltern mit klar negativer Haltung gegenüber Medien geraten häufiger mit den Eltern der Kinder aneinander. Die Folge: mehr Streit, weniger Vertrauen.

Gerade in Familien, in denen Großeltern regelmäßig einspringen, kann das zu echtem Druck führen – für beide Seiten. Dabei wünschen sich viele nur das Beste für die Kinder, fühlen sich aber beim Thema Medien überfordert.

Medien begleiten – statt nur zu begrenzen

Die zentrale Botschaft der Studie: Kinder brauchen keine Kontrolle, sie brauchen Orientierung. Das bedeutet:

  • Gemeinsam schauen, nicht nur beaufsichtigen
  • Inhalte besprechen, nicht nur Zeitlimits setzen
  • Interesse zeigen, nicht nur Technik meiden

Und genau da wird es schwierig: Wer als Großelternteil wenig Berührung mit digitalen Medien hatte, hat oft keinen Zugang. Viele wissen schlicht nicht, wie YouTube funktioniert oder was TikTok überhaupt ist.

Familien brauchen Unterstützung – auch bei Technikfragen

Deshalb fordern die Forscher: Großeltern sollten Schulungsangebote bekommen. Sie brauchen einfache und praxisnahe Hilfe, um im Alltag mit digitalen Geräten sicherer zu werden. Nur dann können sie ihre Enkel besser begleiten – und Konflikte mit den Eltern vermeiden. Denn das Ziel ist klar: eine gesunde Balance für die Bildschirmzeit der Kinder.

Die Studie zeigt zudem, wie wichtig Großväter für die Medienerziehung sind. Lange standen vor allem Großmütter im Mittelpunkt. Jetzt zeigen die Zahlen: Auch Opas spielen eine wichtige Rolle – wenn man sie mit dem nötigen Wissen ausstattet.

Bildschirmzeit außer Kontrolle: Wenn Kinder zu viel am Handy hängen

Neben den familiären Herausforderungen bringt eine intensive Mediennutzung auch gesundheitliche Risiken mit sich. Das belegen aktuelle Daten der DAK-Suchtstudie. Sie zeigen, dass Kinder und Jugendliche auch außerhalb der Betreuung durch die Großeltern massiv von digitalen Medien geprägt sind. Fast zweieinhalb Stunden täglich verbringen 10- bis 17-Jährige in sozialen Netzwerken. Mehr als ein Viertel von ihnen zeigt bereits problematische Nutzungsmuster – mit psychischen Folgen wie Einsamkeit, Stress und Depression.

Nicht nur Großeltern, auch viele Eltern sind mit der Kontrolle über die Bildschirmzeit ihrer Kinder überfordert. Fachleute fordern daher verbindliche Prävention, mehr Medienkompetenz in Schulen und ein systematisches Mediensuchtscreening. Damit Kinder gesund aufwachsen können, braucht es nicht nur klare Regeln, sondern vor allem Begleitung, Verständnis – und die richtigen Werkzeuge im Alltag.

Kurz zusammengefasst:

  • Kinder verbringen fast die Hälfte der Betreuungszeit bei ihren Großeltern vor Bildschirmen – durchschnittlich etwa 3,5 Stunden pro Tag.
  • Entscheidend für die Medienerziehung ist das Technikverständnis der Großeltern: Wer digitale Geräte sicher nutzt, begleitet aktiver und erklärt mehr.
  • Zu viel Bildschirmzeit kann die psychische Gesundheit von Kindern belasten und suchtähnliches Verhalten fördern.

Übrigens: Nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Teenagern zeigt sich ein klarer Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und psychischer Belastung. Besonders Mädchen entwickeln durch abendliche Mediennutzung häufiger depressive Symptome – mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Pexels

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