Vom Wolf zum besten Freund: Wie Hunde durch Züchtung immer freundlicher werden

Die Domestizierung geht weiter: Hunde werden immer mehr in Hinblick auf Freundlichkeit und Anpassungsfähigkeit gezüchtet.

Immer mehr Menschen schätzen Eigenschaften an ihren Hunden, die bislang vor allem bei Assistenzhunden vorzufinden sind. © Vecteezy

Die Domestizierung von Hunden begann vor Tausenden von Jahren, abgeschlossen ist sie allerdings noch lange nicht: Denn die Rolle, die Hunde im Leben ihrer Besitzer einnehmen, hat sich stark verändert – und damit auch die Vierbeiner selbst. 

Früher wurden Hunde als Arbeitstiere gehalten. Lange Zeit dienten sie als Alarmanlagen, schützten Viehherden oder begleiteten ihre Besitzer auf der Jagd. Seitdem hat sich der Lebensalltag vieler Menschen jedoch rasant gewandelt und Hunde wurden immer mehr zum Familienmitglied. Brian Hare und Vanessa Woods vom Duke Canine Cognition Center in Durham, USA, erklären gegen dem Atlantic, wie sich das auf Hunde auswirkt. Hare ist Professor für evolutionäre Anthropologie, Woods ist Autorin und leitet den „Duke Puppy Kindergarten“. 

Die Entwicklung zur Haustiergesellschaft

Hunde haben sich über die Jahrtausende an ihre menschlichen Gefährten angepasst. Die rapide Urbanisierung und neue Erwartungen an das Verhalten von Hunden stellen sie jedoch vor eine „neue Welle der Domestizierung“.

Die Domestizierung des Hundes lässt sich in mehreren Phasen einteilen: Phase eins begann vor etwa 40.000 Jahren, als Wölfe durch die Nähe zum Menschen Nahrung fanden und dabei immer weniger Scheu zeigten. Über die Generationen entwickelte sich aus dem Wolf ein Haustier, das den Menschen begleitete und ihm half. Während Phase zwei wurden Hunde vermehrt zu Statussymbolen. Die begann vor rund 200 Jahren und führte zur Entstehung der heutigen Hunderassen. Die Tiere wurden nach Aussehen gezüchtet und nicht, um spezifische Aufgaben zu erledigen. In der heutigen dritten Phase gewinnen soziale und kommunikative Fähigkeiten an Bedeutung.

Urbanisierung verändert das Leben der Hunde

Mit der zunehmenden Urbanisierung sind offene Räume rar geworden. Orte, an denen Hunde früher ungehindert laufen und ihren natürlichen Instinkten folgen konnten, weichen städtischer Dichte. Stattdessen müssen sich Hunde oft in kleinen Apartments zurechtfinden und an den ruhigen Alltag ihrer Besitzer anpassen. Heute werden Hunde vermehrt dazu erzogen, ruhig zu sein und nicht bei jedem Geräusch Alarm zu schlagen – ein großer Unterschied zu früheren Generationen, wo Wachsamkeit und Schutztrieb geschätzt wurden.

Hunde, die sich diesen neuen Ansprüchen anpassen, ähneln in ihrer Rolle vermehrt Assistenzhunden. Der „Duke Puppy Kindergarten“ bietet ein anschauliches Beispiel: Dort werden Hunde speziell trainiert, um den Anforderungen des modernen Lebens gerecht zu werden. Laut Hare und Woods passen sich Assistenzhunde besonders gut an menschliche Bedürfnisse an. Diese Hunde sind durch ihr Training in der Lage, ruhig und freundlich in stressigen Umgebungen zu agieren. Sie bewältigen Aufgaben wie Türen öffnen oder Lichter anschalten und interagieren sanft mit Kindern und anderen Tieren.

Züchtung von Hunden mit sozialer Bindung

Mit dem Wandel in der Hundehaltung und den veränderten Erwartungen an Haustiere steigt auch die Nachfrage nach „sozial kompatiblen“ Hunden. Laut Hare und Woods sollten Hunde, die sich durch Freundlichkeit und Anpassungsfähigkeit auszeichnen, künftig stärker gezüchtet werden – ähnlich, wie es bei Assistenzhunden der Fall ist. Diese Hunde besitzen durch natürliche Selektion höhere Oxytocin-Werte, ein Hormon, das soziale Bindungen fördert und das bereits in der ersten Domestikationswelle eine Rolle spielte. So könnten sich Hunde durch gezielte Auswahl für Freundlichkeit weiter an das Leben in menschlicher Gesellschaft anpassen.

Forschungsergebnisse zeigen, dass die Züchtung für Freundlichkeit nicht nur das Verhalten der Hunde, sondern auch deren Biologie beeinflusst. Experimente zur Zähmung von Füchsen in Russland zeigen, dass sich durch gezielte Auswahl soziale Eigenschaften wie Vertrauen und Anhänglichkeit entwickeln lassen. Ähnlich könnten Hunde durch selektive Züchtung in wenigen Jahrzehnten sozialer und menschenbezogener werden. Diese Annahme stützt sich auf Erkenntnisse über die genetische Vererbung sozialer Merkmale.

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Praktische Tipps für das heutige Hundetraining

Zucht ist aber nicht alles, betonen Hare und Woods. Auch das Training ist entscheidend, um den Hund fit für den Alltag zu machen. Hundebesitzer können dabei Methoden anwenden, die auch in der Ausbildung von Assistenzhunden genutzt werden: Frühzeitige Sozialisierung, Gewöhnung an Alleinsein und Belohnung positiven Verhaltens sind wichtige Bausteine, um Hunde an das städtische Leben anzupassen. Auch regelmäßige Spaziergänge und kurze Trainingseinheiten helfen dabei, den Hund auszulasten und gleichzeitig an soziale Situationen zu gewöhnen.

Nicht jeder Hund wird die Ruhe eines Assistenzhundes erreichen, doch gezielte Trainingstechniken können helfen, Problemverhalten zu mindern. Wer keinen Welpen möchte, kann sich auch für einen erwachsenen Hund entscheiden, dessen Persönlichkeit bereits ausgeprägt ist. So können zukünftige Besitzer besser abschätzen, ob der Hund zum eigenen Lebensstil passt.

Was du dir merken solltest:

  • Die Domestizierung der Hunde begann vor Jahrtausenden und verlief in mehreren Phasen, wobei Hunde sich an den menschlichen Lebensstil anpassten.
  • Mit zunehmender Urbanisierung und veränderten Erwartungen sind Hunde heute oft Begleiter im häuslichen Alltag statt Arbeitstiere, was ihr Verhalten und ihre Zucht beeinflusst.
  • Zukünftig sollen Hunde vermehrt auf soziale Eigenschaften wie Freundlichkeit gezüchtet werden, um besser mit Menschen zusammenleben zu können.

Bild: © Vecteezy

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