Haltung zählt mehr als Talent: Forscher entwickeln einen Test, der Erfolg voraussagt

Ein positiver Blick auf die eigenen Fähigkeiten und ein unerschütterlicher Glaube an Wachstum – das ist es, was das sogenannte „Growth Mindset“ ausmacht. Forscher der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) haben in gleich zwei Studien untersucht, welche Rolle diese Haltung spielt, wenn es darum geht, persönliche Ziele zu erreichen und Hürden zu überwinden. Dabei kommen sie zu spannenden Erkenntnissen, die in verschiedenen Lebensbereichen, von Schule bis Arbeitsplatz, Anwendung finden könnten.

Was macht ein Growth Mindset aus?

Ein Growth Mindset ist von Überzeugungen geprägt, die auf Fortschritt und Veränderung abzielen. Dazu gehört etwa der Glaube, dass Fähigkeiten durch Übung und Training verbessert werden können, sowie die Bereitschaft, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Studienleiter Professor Hermundur Sigmundsson vom Institut für Psychologie an der NTNU sieht das Potenzial darin, die Art und Weise zu verändern, wie Gesellschaften Erziehung und Arbeit gestalten:

Wir können Menschen dazu bringen, sich langfristige Ziele zu setzen und sich anzustrengen, um diese zu erreichen. Das nenne ich das ‚Ich-kann-Gefühl‘.

Die Forscher betonen, dass auch äußere Einflüsse eine Rolle spielen. Schulen sollten etwa Aufgaben an das Niveau der Schüler anpassen, um Erfolgserlebnisse zu ermöglichen. Dadurch können Kinder und Jugendliche ein stärkeres Selbstbewusstsein entwickeln und langfristig motivierter sein.

Mehr als nur Motivation

Das Growth Mindset ist mehr als eine Frage der Motivation – es beeinflusst, wie wir Herausforderungen begegnen und welche Möglichkeiten wir in Problemen erkennen. Sigmundsson beschreibt es als grundlegenden Bestandteil des persönlichen und gesellschaftlichen Fortschritts: „Unsere Ergebnisse können uns helfen, die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Faktoren besser zu verstehen. Diese stehen wiederum in Beziehung dazu, wie zufrieden Menschen mit ihrem Leben sind, was sie erreicht haben und wie sie sich fühlen.“

Wie Einstellung und Erfolg zusammenhängen

Menschen mit einem Growth Mindset verfügen oft über mehr Leidenschaft und Willenskraft.

Menschen, die an ihren Erfolg glauben, sind weit leidenschaftlicher und willensstärker als jene, die diesen Glauben nicht haben.

Professor Hermundur Sigmundsson

Gemeinsam mit seiner Kollegin, Professorin Monika Haga von der Abteilung für Lehrerbildung, untersuchte er die psychologischen Faktoren, die Erfolg begünstigen. In einer großangelegten Studie mit 1.548 Teilnehmern zwischen 13 und 77 Jahren analysierten sie die Verbindung zwischen Leidenschaft, Entschlossenheit und der Überzeugung, eigene Ziele zu erreichen.

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Die Ergebnisse sind eindeutig: Wer eine positive Einstellung hat, zeigt im Durchschnitt deutlich mehr Einsatzbereitschaft. Sigmundsson erläutert: „Wir finden große Unterschiede in Leidenschaft und Entschlossenheit, wenn wir die fünf Prozent der Menschen mit der positivsten Einstellung mit den fünf Prozent vergleichen, die am negativsten denken.“ Positive Einstellungen scheinen dabei ein Schlüssel zu sein, um sich langfristige Ziele zu setzen und diese auch zu verfolgen.

Ein Werkzeug, um das Mindset zu messen

Neben der Erkenntnis, dass das Growth Mindset entscheidend für den Erfolg ist, haben Sigmundsson und Haga ein neues Werkzeug entwickelt, um die Einstellung von Menschen zu messen. Ihr Test bewertet, ob jemand die richtige Haltung mitbringt, um sich kontinuierlich zu verbessern. „Es gab viele Diskussionen über die gängigen Tests. Wir glauben, dass unser neuer Test das Growth Mindset besser misst“, sagte Sigmundsson.

Für die Studie analysierten sie die Antworten von 723 Teilnehmern im Alter von 16 bis 85 Jahren. Die Teilnehmer mussten eine Reihe von Aussagen bewerten, darunter: „Ich weiß, dass ich durch Anstrengung meine Fähigkeiten und mein Wissen verbessern kann“ und „Ich sehe Herausforderungen als Chancen für das Lernen.“ Der Test zielt darauf ab, Faktoren wie Flow und Leidenschaft zu messen, also die Zustände, in denen Menschen so vertieft in ihre Tätigkeiten sind, dass die Zeit wie im Flug vergeht.

So sieht der Test aus – Die Teilnehmer mussten überlegen, ob sie den folgenden Aussagen zustimmen:

• Ich weiß, dass ich mit Anstrengung meine Fähigkeiten und Kenntnisse verbessern kann.
• Ich kann meine Entwicklung im Allgemeinen beeinflussen und verändern.
• Ich kann meine Fähigkeiten und Kenntnisse durch Übung verändern.
• Ich nehme gerne Herausforderungen an und probiere neue Dinge aus.
• Ich sehe Lernen als mein Ziel.
• Anstrengung macht mich stärker.
• Ich möchte mehr Zeit aufwenden und mich intensiver mit einem Bereich/Thema/Fachgebiet befassen, um meine Fähigkeiten und Kenntnisse auszubauen.
• Ich habe Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten und meine Möglichkeiten.

Herausforderungen als Chance sehen

Menschen mit einem Growth Mindset betrachten Herausforderungen als Gelegenheiten, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Diese Haltung ist nicht nur in der Schule oder im Beruf relevant, sondern in allen Lebensbereichen, erklärt Sigmundsson: „Der Glaube an Wachstum ist wichtig für große Teile unserer Gesellschaft. Das gilt für die Schule, den Sport, die Arbeit und das Familienleben.“ Der Test hat zudem gezeigt, dass die Methode verlässlich und altersunabhängig ist. Dies eröffnet Möglichkeiten, die Einstellung bei unterschiedlichen Gruppen zu messen und gezielt Maßnahmen zu entwickeln, die Menschen helfen können, an ihren Erfolg zu glauben.

Was du dir merken solltest:

• Ein Growth Mindset zeichnet sich durch die Überzeugung aus, dass Fähigkeiten und Wissen durch Übung und Training verbessert werden können. Das fördert Leidenschaft und Willenskraft. 
• Forscher der Norwegian University of Science and Technology haben einen Test entwickelt, der die Einstellung eines Menschen misst und dabei hilft, Potenziale zu erkennen und zu fördern. 
• Menschen mit einer positiven Einstellung betrachten Herausforderungen als Chancen, lernen effektiver und zeigen mehr Einsatzbereitschaft – ein Vorteil in Schule, Beruf und Alltag. 

Übrigens: Anhand einer neuen Studie zeigt sich ebenfalls deutlich, wie entscheidend die Einstellung in Bezug auf Erfolg ist. So schneiden deutsche Jungen in Mathematik besser ab als Mädchen – schuld sind Stereotype und Matheangst. Mehr dazu in unserem Artikel.

Bild: © Vecteezy