Gen Z kehrt Alkohol den Rücken, doch nicht nur aus reiner Vernunft
Die Gen Z trinkt seltener Alkohol als frühere Generationen. Prävention, Lifestyle und veränderte soziale Gewohnheiten verändern den Konsum.

Die Gen Z verzichtet immer öfter auf Alkohol: Sie setzt mehr Wert auf Gesundheit, lebt aber auch isolierter. © Unsplash
Ein Treffen mit Freunden bedeutete früher oft: Kiosk, Flasche, Feierabend. Doch das ändert sich. Die Generation Z greift nämlich immer seltener zu Alkohol – und das weltweit.
In den USA zeigt sich der Wandel besonders deutlich. Seit den frühen 2000er-Jahren ist der Alkoholkonsum bei unter 35-Jährigen spürbar gesunken. Das geht aus einem Bericht des National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism (NIAAA) hervor.
Die Gen Z verzichtet auf Alkohol – auch in Deutschland
Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup bestätigt diesen Trend: Im Jahr 2023 gaben nur noch 62 Prozent der jungen Erwachsenen in den USA an, regelmäßig zu trinken – 2003 waren es hingegen noch 72 Prozent.
Ähnlich sieht es in Deutschland aus. Auch hier sagen junge Menschen, geboren zwischen Mitte der 1990er und den frühen 2010er-Jahren, immer öfter Nein zu Bier, Wein und anderen Sorten alkoholischer Getränke.
- Der Konsum von Bier ist bei der Gen Z im Vergleich zu den Millennials um 9 Prozent gesunken, im Vergleich zu Babyboomern sogar um 14 Prozent
- Wein trinkt die Gen Z ebenfalls deutlich weniger als andere Generationen, eine Ausnahme hierbei bildet Schaumwein
- Spirituosen sind bei der Gen Z weniger beliebt als bei den Millennials, aber im Vergleich zu Gen X und Babyboomern gleich, beziehungsweise nicht viel weniger beliebt

Aufklärung zeigt Wirkung – doch nicht nur das
Dr. Peter Heepe, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, sieht einen wichtigen Grund für den Wandel in der intensiven Präventionsarbeit. Gegenüber ZDFheute erwähnt er Projekte wie die „Aktionswoche Alkohol“, die mit klaren Botschaften für maßvollen Konsum werben. Auch Schulen und Jugendzentren spielen seiner Meinung nach eine Rolle. Dort werde bereits früh informiert und Alkoholkonsum hinterfragt.
Gleichzeitig beobachtet Heepe eine Verlagerung. So habe der Konsum von Cannabis laut dem Facharzt bei vielen 18- bis 25-Jährigen zugenommen. Ein Verzicht auf Alkohol bedeutet also nicht immer einen Verzicht auf Rausch.
Das Image bröckelt – Alkohol verliert an Glanz
Nicht nur das Trinkverhalten, auch die Haltung gegenüber Alkohol hat sich bei der Gen Z verändert. George F. Koob, Direktor des NIAAA, erklärt laut Time-Magazin: „Es ergibt Sinn, dass ältere Trinkende mehr trinken, da die Babyboomer-Generation in einer ausgeprägteren Trinkkultur aufgewachsen ist.“
Die Babyboomer wuchsen in einer Welt auf, in der Trinken zum Erwachsenwerden gehörte – oft sogar als Beweis für Reife. Heute wirkt das überholt. Ärztin Sybil Marsh, spezialisiert auf Familienmedizin und Suchterkrankungen, bringt es wie folgt auf den Punkt:
Alkoholkonsum galt lange als Zeichen von Anspruch. Inzwischen ist er nur noch eine Möglichkeit von vielen, um runterzukommen.
Freunde treffen sich seltener – das verändert auch den Konsum
Der gesunkene Alkoholkonsum der Gen Z könnte aber noch einen weiteren Grund haben. Die Zahl der Stunden, die junge Leute in Gesellschaft verbringen, hat nämlich ebenfalls abgenommen. Das US-Gesundheitsministerium fand heraus: 2003 verbrachten junge Menschen im Schnitt noch 30 Stunden pro Monat mit Freunden. 2020 waren es nur noch zehn.
Weniger gemeinsame Zeit bedeutet auch: weniger Runden, weniger Rausch. Die Gründe dafür sind vielfältig – von stressigen Studienplänen bis hin zum vermehrten Rückzug ins Digitale.
Alkohol ist tendenziell eine soziale Droge, selbst für junge Menschen, daher könnte ein Teil des Rückgangs beim Alkoholkonsum Minderjähriger damit zusammenhängen, dass weniger persönliche soziale Kontakte stattfinden.
George F. Koob
Gesundheit wird zum neuen Statussymbol
Zudem achtet die Generation Z mehr auf ihre Gesundheit: Sie kocht lieber selbst, geht joggen, meditiert. Auch bei Alkohol zeigt sich das neue Ideal. Produkte werden nicht mehr als Eintrittskarte zum Spaß beworben, sondern als Teil eines durchgestylten Alltags.
Sybil Marsh beobachtet diesen Wandel auch in der Werbung: „Wenn man sich die Alkoholwerbung anschaut, hört sie gewissermaßen kurz davor auf zu sagen, dass es gesund ist, etwas zu trinken – aber sie vermittelt, dass Trinken Teil eines gesunden Lebensstils sein kann. Im Gegensatz zur Werbung für die Generation X, die eher nach dem Motto ‚Feier hart‘ funktionierte.“
Kurz zusammengefasst:
- Die Generation Z trinkt deutlich weniger Alkohol als frühere Generationen – sowohl in den USA als auch in Deutschland.
- Gründe dafür sind unter anderem mehr Aufklärung, ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein und veränderte Freizeitgewohnheiten.
- Statt Alkohol stehen heute Achtsamkeit, Selbstkontrolle und alternative Konsumformen wie Cannabis im Vordergrund.
Übrigens: Der soziale Aspekt von Alkohol ist so stark, dass er vermutlich sogar beim Aufbau komplexer Gesellschaften und dem Erhalt politischer Strukturen relevant war. Mehr dazu in unserem Artikel.
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