Klimaschutz aus der Fritteuse? – Wie China jetzt mit Hähnchen und Hightech seine Ernährung umbaut
China verknüpft Klimapolitik und Ernährung: Mehr Huhn statt Schwein, weniger Emissionen, Hightech und neue Proteine für mehr Effizienz.
Streetfood-Markt in China – an den Ständen brutzeln Fleischspieße und Chicken Wings, Zeichen eines Ernährungswandels. © Pexels
Während China seine Landwirtschaft auf Klimakurs bringt, verändert sich auch der Fleischkonsum in Asien: In vielen Ländern der Region – allen voran China – erlebt Hähnchenfleisch einen rasanten Aufschwung. Laut einer Analyse der Chinesischen Akademie der Agrarwissenschaften (CAAS) könnte Chinas wachsender Appetit auf Huhn große Mengen CO₂-Emissionen vermeiden – ohne dass jemand auf Fleisch verzichten müsste.
Die Modellrechnung zeigt: Wenn Chinas Bevölkerung weniger Schwein und stattdessen doppelt so viel Huhn isst, ließen sich bis 2035 über 100 Millionen Tonnen Treibhausgase pro Jahr einsparen. Der Klimaschutz käme also buchstäblich aus der Küche.
Hightech und Huhn: Chinas neue Klimaformel
Diese Erkenntnis bleibt nicht ohne Wirkung. Kürzlich stellte China seine „Greater Food Strategy“ vor – ein zentrales Programm der nationalen Klimapolitik, das genau an diesen Ansatz anknüpft. Damit will das Land Ernährungssicherheit, technologische Innovation und Klimaschutz in einem System vereinen.
Vorgesehen sind Investitionen in pflanzenbasierte und kultivierte Proteine, Maßnahmen zur Verringerung von Lebensmittelverlusten – und eine stärkere Ausrichtung auf CO₂-ärmere Tierhaltungsformen wie Geflügel.
Zu dieser Strategie gehört auch der Einsatz von Hightech – von digitaler Landwirtschaft über automatisierte Stallsysteme bis hin zur Entwicklung kultivierter Fleischalternativen. Damit erhält ein Trend, der längst auf den Straßen sichtbar ist, politischen Rückenwind.
Hühner statt Schweine: Der Wandel beginnt auf dem Teller
Seit Jahrzehnten gilt Schweinefleisch als Nationalspeise – doch das ändert sich. Die CAAS-Studie geht davon aus, dass der Pro-Kopf-Verbrauch von Hähnchenfleisch bis 2035 etwa doppelt so hoch sein wird wie 2020, während der Konsum von Schweinefleisch weiter zurückgeht.
Hinter dieser Entwicklung stehen mehrere Faktoren:
- Preis: Huhn ist günstiger und braucht weniger Ressourcen.
- Effizienz: Geflügel verwertet Futter besser, wächst schneller und benötigt weniger Platz.
- Gesundheit: Weißes Fleisch enthält weniger gesättigte Fettsäuren und gilt als bekömmlicher.
Die Forscher simulierten verschiedene Szenarien mit dem China Agricultural Sectoral Model (CASM). Schon eine Verdopplung des Hühnerkonsums könnte den Futterbedarf um 50 Millionen Tonnen Getreide senken – bei gleichbleibender Eiweißversorgung der Bevölkerung.
Warum Hühner das Klima weniger belasten
Schweinehaltung verursacht in der Regel höhere Mengen an Methan, Ammoniak und Gülle als Geflügelhaltung. Der Hauptgrund liegt im größeren Futterbedarf und in der Lagerung flüssiger Gülle, bei der mehr Emissionen entstehen. Hühner stoßen insgesamt weniger Treibhausgase pro Kilogramm Fleisch aus und verwerten ihr Futter effizienter zu Eiweiß.
Dadurch fällt ihre Klimabilanz – bezogen auf die produzierte Fleischmenge – meist deutlich günstiger aus als bei Schweinen. Die CAAS-Modellrechnung beziffert den Effekt:
- Ohne Umstellung würde die Landwirtschaft Chinas im Jahr 2035 rund 1,09 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalente verursachen.
- Bei höherem Geflügelanteil sinken diese Emissionen um 82 bis 103 Millionen Tonnen – etwa so viel, wie ganz Belgien jährlich ausstößt.
Die Ernährung bliebe dabei gleich nährstoffreich. Es geht nicht um Verzicht, sondern um die Wahl der Fleischsorte.
Fleischkonsum in Asien: Wenn Essen zur Klimapolitik wird
Chinas Regierung hat die Ernährungswende längst zu einem Teil ihrer Klimapolitik gemacht. Das Weltwirtschaftsforum (WEF) beschreibt diesen Wandel als „climate-smart food system“ – also eine Landwirtschaft, die gleichzeitig Wachstum, Ernährungssicherheit und Klimaschutz ermöglicht.
Ein Wechsel von Schwein zu Huhn senkt nicht nur den Ausstoß, sondern auch Wasser- und Flächenbedarf. Zugleich reduziert weniger Schweinehaltung den Soja-Importbedarf. Da China der größte Abnehmer südamerikanischen Sojas ist, entlastet das indirekt Regenwälder in Brasilien und anderen Exportländern.
Pop-Kultur und Fast-Food als unerwartete Klimatreiber
Dieser Wandel bleibt nicht abstrakt. Was in Modellen und Handelsbilanzen sichtbar wird, zeigt sich längst auch auf den Straßen der Städte. In Chinas Metropolen prägen KFC-Filialen, koreanische Fried-Chicken-Bars und Marken wie Jollibee zunehmend das Stadtbild.
Laut Branchenanalysen wächst der Markt für frittiertes Hähnchen in Asien jedes Jahr um mehrere Prozent – schneller als jeder andere Fast-Food-Sektor. Allein KFC betreibt auf dem chinesischen Festland inzwischen mehr als 12.000 Restaurants, und lokale Ketten holen auf.
Chinas neue Ernährungsgewohnheiten zeigen, wie eng Alltag und Klimawandel inzwischen verbunden sind – selbst ein frittiertes Huhn wird zum Teil dieser globalen Veränderung.
Kurz zusammengefasst:
- China verändert seine Ernährung grundlegend: Statt Schwein kommt zunehmend Huhn auf den Teller – das spart laut Berechnungen bis zu 100 Millionen Tonnen CO₂ im Jahr.
- Die Regierung stützt diesen Wandel mit ihrer „Greater Food Strategy“, die Ernährungssicherheit, Hightech und Klimaschutz zusammenführt.
- Der Boom von KFC & Co. macht den Trend sichtbar: Selbst ein Stück frittiertes Huhn steht heute für Chinas Beitrag zur globalen Klimawende.
Übrigens: Nicht nur China verändert mit seinem Speiseplan das Klima. Eine neue Studie zeigt, dass schon eine vegane Ernährung den persönlichen CO₂-Ausstoß um mehr als die Hälfte senken kann – und das in nur wenigen Wochen. Mehr dazu in unserem Artikel.
Bild: © Pexels
