Ehrlich währt am längsten – auch in Beziehungen: Warum gut gemeinte Notlügen mehr schaden als nutzen

Offene Worte oder Schonung durch Lügen? Studien belegen, dass Ehrlichkeit Vertrauen stärkt und langfristig glücklicher macht.

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Ehrlichkeit festigt die Liebe und vertieft das gegenseitige Vertrauen. © Pexels

Ehrlichkeit kann in einer Beziehung für Streit sorgen – aber auch Vertrauen und Nähe stärken. Sagt man die Wahrheit, auch wenn sie unangenehm ist? Oder greift man lieber zu einer kleinen Notlüge, um den anderen nicht zu verletzen? Eine neue Studie zeigt, dass ehrliche Worte langfristig glücklicher machen, selbst wenn sie im ersten Moment wehtun.

Ehrlichkeit macht glücklicher – auch wenn sie schmerzt

Forscher haben untersucht, wie Ehrlichkeit in Beziehungen wirkt. Dafür wurden 214 Paare befragt, die über mehrere Monate hinweg ihre Erfahrungen teilten. Das Ergebnis: Wer offen über seine Wünsche und Bedürfnisse spricht, fühlt sich in der Beziehung wohler. Auch der Partner, der die ehrliche Aussage hört, profitiert langfristig davon.

Zwar kann eine unangenehme Wahrheit im ersten Moment verletzend sein. Doch auf lange Sicht verbessert sie das Vertrauen und die Zufriedenheit in der Partnerschaft. Ein Beispiel aus der Studie: Ein Partner wünscht sich, dass der andere mehr im Haushalt hilft oder weniger Zeit am Handy verbringt. Eine direkte, ehrliche Kommunikation darüber führte dazu, dass sich die angesprochene Person eher bereit erklärte, etwas zu ändern.

Laut mdr stärkt Ehrlichkeit nicht nur die Beziehung als Ganzes, sondern auch das Wohlbefinden beider Partner.

Wann Menschen eher zur Lüge greifen

Trotz der positiven Wirkung von Ehrlichkeit greifen viele Menschen in bestimmten Situationen zur Lüge. Eine Untersuchung, an der unter anderem die Universität Kiel beteiligt war, zeigt: Menschen lügen häufiger, wenn sie ihr Gegenüber nicht mögen oder ihm misstrauen.

In der Studie wurden Berufsfischer getestet. Sie sollten vier Mal eine Münze werfen und die Ergebnisse in einer anonymen Umfrage melden. Für jede gemeldete Zahlseite bekamen sie eine finanzielle Belohnung. Doch es gab eine Besonderheit: Die Einladung zur Umfrage war in unterschiedlichen Varianten gestaltet. Manche Fischer erhielten einen Brief mit den Logos von Universitäten, andere einen Brief, auf dem zusätzlich das Logo der Europäischen Union zu sehen war.

Das Ergebnis war überraschend: Stand das EU-Logo im Briefkopf, logen etwa 30 Prozent der Teilnehmer. Fehlte das EU-Logo, gaben dagegen vier von fünf Fischern ehrliche Antworten. Laut mdr zeigt das, dass Menschen Institutionen, denen sie skeptisch gegenüberstehen, häufiger belügen.

Wie Forscher Lügen erkennen

Aber woher wussten die Wissenschaftler, dass die Fischer nicht immer die Wahrheit sagten? Sie nutzten mehrere Methoden, um die Ehrlichkeit zu überprüfen. Eine davon war ein zweiter Test: Die Fischer mussten Schnipsel aus einem Papierbogen reißen und konnten dabei angeben, ob sie lieber fünf Cent pro Schnipsel oder 15 Cent pro Schnipsel erhalten wollten. Die Bedingung für den höheren Betrag: Ihre Menge musste größer sein als die eines zufällig gewählten Vergleichspartners.

Hier zeigte sich, dass einige Fischer schummelten, indem sie fremdes Papier beilegten, um mehr Schnipsel vorzutäuschen. Genau diese Teilnehmer hatten auch beim Münzwurf auffällig oft „Zahl“ gemeldet. So konnten die Forscher Rückschlüsse auf unehrliche Angaben ziehen.

Warum wir lügen – und wann Ehrlichkeit besser ist

Lügen haben viele Gründe. Manche sind harmlos, wie die Märchen vom Osterhasen oder Weihnachtsmann, die Kindern erzählt werden. Andere Lügen sind absichtlich schädlich, zum Beispiel, um sich selbst Vorteile zu verschaffen.

Die Hallenser Psychologin Annegret Wolf erklärte im Gespräch mit dem mdr, dass Menschen oft Kosten und Nutzen einer Lüge abwägen: „Die Wahrheit tut manchmal einfach weh.“ Doch gerade in Beziehungen sei Ehrlichkeit wichtig, weil sie Vertrauen schafft. Wer seinem Partner eine unangenehme Wahrheit mitteilen muss, kann dies durch eine einfühlsame Formulierung abschwächen. Zum Beispiel mit dem Satz: „Ich möchte dich nicht verletzen, aber …“.

Kurz zusammengefasst:

  • Wer offen kommuniziert, stärkt zwischenmenschliche Beziehungen, auch wenn die Wahrheit zunächst unangenehm sein kann.
  • Menschen sind eher unehrlich, wenn sie einer Person oder Institution skeptisch gegenüberstehen.
  • Wer offen über Wünsche und Erwartungen spricht, erhöht die Bereitschaft des Gegenübers, sich anzupassen oder zu verändern.

Bild: © Pexels

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