Heizen, Ernährung, Arbeit: Warum Frauen beim Klimawandel doppelt zahlen
Frauen sind vom Klimawandel besonders betroffen. Sie zahlen höhere Heizkosten, mehr für Lebensmittel und tragen größere Belastungen im Job.
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Frauen spüren die Folgen des Klimawandels stärker: Sie arbeiten häufiger in schlecht bezahlten, umweltbelastenden Berufen und tragen höhere Kosten für Heizung und Ernährung. © Pexels
Steigende Temperaturen, extreme Wetterereignisse, immer höhere Energiepreise – der Klimawandel ist längst Realität. Doch er trifft nicht alle Menschen gleich. Frauen, Alleinerziehende und einkommensschwache Haushalte leiden besonders unter seinen Folgen. Das zeigt ein Gutachten der Bundesstiftung Gleichstellung im Rahmen des Vierten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung.
Während in der politischen Debatte oft über CO2-Bepreisung, Elektroautos und Wasserstoff gesprochen wird, geraten soziale Folgen in den Hintergrund. Wer wenig verdient, hat weniger Spielraum, sich an den Klimawandel anzupassen. Besonders Frauen spüren das jeden Tag – sei es bei der Care-Arbeit, im Job oder im eigenen Haushalt.
Technikzentrierte Klimapolitik vernachlässigt Frauen
Die Klimapolitik in Deutschland setzt stark auf technische Lösungen. Förderprogramme, Subventionen und Investitionen konzentrieren sich auf energieintensive Industrien oder den Schutz von Arbeitsplätzen in emissionsstarken Branchen – Bereiche, in denen Männer überwiegen. Doch was ist mit den frauendominierten Berufen in Bildung, Gesundheit und sozialer Arbeit? Diese Sektoren sind ebenfalls vom Klimawandel betroffen, aber Maßnahmen, die sie unterstützen, fehlen weitgehend.
„Die Gleichstellung der Geschlechter gehört auf die politische Agenda – auch im Rahmen der dringend notwendigen sozial-ökologischen Transformation“, betont Silke Bothfeld, Vorsitzende der Sachverständigenkommission des Gleichstellungsberichts. Die Klimapolitik dürfe nicht an der Lebensrealität von Frauen vorbeigehen. Notwendige, aber oft übersehene Berufe in Pflege, Bildung und sozialer Arbeit müssten stärker in den Fokus rücken.
Ein Beispiel: Wer in einer Pflegeeinrichtung arbeitet, ist an heißen Sommertagen extremer Belastung ausgesetzt. Klimaanlagen oder Hitzeschutzmaßnahmen sind selten. Auch Lehrkräfte und Erzieherinnen in Schulen und Kitas müssen mit steigenden Temperaturen umgehen – ohne zusätzliche Unterstützung.
Klimawandel mit Folgen: Frauen haben weniger Alternativen
Energie wird teurer – und damit das Leben. Doch nicht alle können sich umweltfreundliche Alternativen leisten. Wer genug verdient, kann in eine Wärmepumpe investieren, eine neue Dämmung einbauen oder Solarpaneele aufs Dach setzen. Doch für viele Alleinerziehende oder alleinlebende Frauen ist das finanziell unmöglich.
Laut Gutachten haben Alleinerziehende fast doppelt so häufig Probleme, ihre Wohnung ausreichend zu heizen wie der Durchschnitt der Bevölkerung. Ein hoher CO2-Preis trifft sie härter, weil sie weniger Einkommen haben – eine Wahlmöglichkeit gibt es oft nicht.
Frauen stemmen die Ernährungsarbeit
Ernährung ist ein Bereich, in dem Klimaschutz konkret wird – doch auch hier lastet die Verantwortung auf Frauen. Sie übernehmen doppelt so viel Ernährungsarbeit wie Männer: Sie planen, kaufen ein, kochen und achten auf nachhaltige Lebensmittel. Der mentale Druck ist enorm.
Eine pflanzenbasierte Ernährung kann helfen, den sogenannten Nutritional Footprint zu senken. Doch gesunde, umweltfreundliche Lebensmittel sind oft teurer als hochverarbeitete Produkte. Deshalb fordern die Sachverständigen eine Senkung der Mehrwertsteuer auf pflanzliche Grundnahrungsmittel auf maximal fünf Prozent.
Klimapolitik muss sozial gerechter werden
„Eine soziale und geschlechtergerechte Transformation ist nicht nur politisch erstrebenswert, sondern auch rechtlich verpflichtend“, heißt es im Gutachten. Der Staat hat also eine Verantwortung, Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden.
Das bedeutet: Klimapolitik darf nicht nur CO2-Emissionen senken, sondern muss auch die wirtschaftlichen und sozialen Ursachen des Klimawandels berücksichtigen. Wer wenig verdient, darf nicht überproportional belastet werden – gerade Frauen nicht.
Die Sachverständigen empfehlen konkrete Schritte für eine gerechtere Klimapolitik:
- Agrarsubventionen umstellen: Statt Großbetriebe pauschal zu fördern, sollten existenzsichernde Modelle unterstützt werden – insbesondere in der pflanzlichen Produktion.
- Städte lebensfreundlicher machen: Mehr Grünflächen, bessere Hitzeschutzmaßnahmen und Konzepte wie „Caring Cities“, die Wohnortnähe und soziale Infrastruktur stärken.
- Verkehrspolitik anpassen: Fuß- und Radverkehr sowie der öffentliche Nahverkehr müssen stärker gefördert werden, damit klimafreundliche Mobilität nicht zur Kostenfalle wird.
- Soziale Energiepolitik: Wer wenig verdient, sollte gezielt entlastet werden – etwa durch eine höhere Förderung für energetische Sanierungen oder Direktzuschüsse.
- Steuern auf Lebensmittel überdenken: Pflanzliche Produkte sollten günstiger werden, um nachhaltige Ernährung für alle erschwinglich zu machen.
Kurz zusammengefasst:
- Frauen sind vom Klimawandel besonders betroffen, da sie häufiger in schlecht bezahlten, klimabelasteten Berufen arbeiten und höhere Heiz- sowie Ernährungskosten tragen.
- Die Klimapolitik setzt vor allem auf technische Lösungen, die männerdominierte Industrien entlasten, während frauendominierte Sektoren wie Pflege, Bildung und soziale Arbeit kaum berücksichtigt werden.
- Eine gerechtere Klimapolitik müsste gezielt soziale Maßnahmen umsetzen, etwa günstigere pflanzliche Lebensmittel, stärkere Unterstützung für energiearme Haushalte und bessere Arbeitsbedingungen in klimabelasteten Berufen.
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